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Wildpferd-Knochen aus der letzten Eiszeit gefunden
Die gigantischen Kiesmengen bei uns, im Mittelland, sind Relikte der Eiszeit. Die Gletscher brachten sie als Geschiebe aus den Alpen mit, das Schmelzwasser transportierte die Schotter weiter und verteilte sie in den Niederungen. Im Kies finden sich auch Überreste von eiszeitlichen Tieren, die auf den eisfreien Flächen lebten. Solche Funde sind gemäss Fossilienverordnung des Kantons Solothurn dem Amt für Umwelt zu melden. Je nach Fundort werden für die Bergung und die weiteren Schritte das Naturmuseen Olten oder Solothurn beigezogen, die im Rahmen einer Leistungsvereinbarung diese Aufgaben wahrnehmen. In einer solchen Mission rückten Pia Geiger und Peter Flückiger vom Naturmuseum Olten also Anfang Mai nach Härkingen aus.
Mitten in der Kiesgrube Untere Allmend in Härkingen blickten die beiden zusammen mit André Wirz an eine mehrere meterhohe Kieswand. Hier schürft dieser und fünf weitere Angestellte der Firma «Wyss Kies und Beton AG» mit 35 Tonnen schweren Pneuladern Wandkies ab. Täglich sind es 700 Tonnen Kies, die in der Unteren Allmend abgebaut werden. Ganz selten steckt im Kies ein uraltes Knochenstück. Ein solcher Fund ist – in Anbetracht der gewaltigen Baumaschinen, die zum Einsatz kommen und der Umsatzmengen des Umgebungsgesteins – ein ungeheuerliches Glück.
Nach der Dokumentation der Fundstelle durch das Naturmuseum Olten koordinierte dieses die weiteren Untersuchungen des raren Fundes. Das Knochenstück gelangte ins Geowissenschaftliche Atelier von Thomas Imhof in Trimbach, der für die Universität Bern ein beachtliches Stück an der dicksten Stelle herausfräste. Diese Probe für die Altersdatierung wurde Mitte Mai verschickt. Vorher wurde selbstverständlich ein Abdruck davon genommen, für die Rekonstruktion des fehlenden Stücks. Zeitgleich bekamen zwei Paläontologen hochaufgelöste Fotos des Knochenfundes mit einer Bestimmungsanfrage. Durch eingehende Vermassung und Knochenvergleiche vor Ort, im Naturmuseum gelangten schliesslich beide unabhängig voneinander zur Beurteilung, es sei das distale Gelenk eines Oberarmknochens von einem Wildpferd Equus sp.
Die Altersdatierung mit der 14C-Methode ist ein aufwendiges Verfahren. Schliesslich ergibt die Bestimmung des Verhältnisses von gewöhnlichem zu radioaktivem Kohlenstoff (C14) aus dem Knochenkollagen, wann der Zerfall begann, also wann das Lebewesen starb und wie alt ein Fundstück demnach ist. Nach wochenlangen Analysen erhielt das Naturmuseum Olten in diesen Tagen das Ergebnis. Gemäss Prof. Dr. Söndke Szidat, Universität Bern, lebte das Wildpferd vor rund 19'460 bis 19'000 v. Chr. Es stammt also aus der letzten Eiszeit, genauso wie der letzte Fund aus der Kiesgrube Härkingen. Im Herbst 2013 wurde bereits an praktischer derselben Stelle, ebenfalls von André Wirz, ein Oberarmknochen eines Wollhaarnashorns Coelodonta antiquitatis entdeckt. Die Datierung dieses Fundes ergab damals ein Alter von 18'250 bis 17'960 v. Chr.
Das Naturmuseum Olten freut passend zu diesem Fund auf die nächste Sonderausstellung «Eiszeit» (11. November 2022 bis 16. April 2023) hinzuweisen.