Am 9. September 2008 haben Christian Werner und Mitunterzeichnende zuhanden des Stadtrates folgendes Postulat eingereicht:
„Bettelverbot endlich wirksam und konsequent umsetzen
Der Stadtrat wird aufgefordert, das Bettelverbot (Art. 20 Abs. 1 Polizeireglement) endlich wirksam und konsequent umzusetzen und dafür zu sorgen, dass bestraft wird, wer in Olten bettelt oder wer Personen und insbesondere von ihm oder ihr abhängige Kinder zu betteln schickt.
Begründung:
Seit Jahren gehören Bettler an verschiedenen Orten in Olten zum Strassenbild. Besonders gravierend ist die Situation um den Bahnhof herum, wo Passanten von Bettlern (vor allem Punks und anderen Randständigen) teilweise massiv bedrängt oder sogar angepöbelt werden. Auch in der Innenstadt und anderswo wird bisweilen aggressiv gebettelt, was zu einer Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit führt. Zudem hinterlassen die Bettelnden oftmals eine grosse Unordnung.
Der Umstand, dass Gäste und insbesondere mit dem Zug Anreisende in Olten durch Bettler „begrüsst“ werden, schadet dem Image unserer Stadt als einer attraktiven Wohnstadt.
In Olten ist die Bettelei durch Art. 20 des Polizeireglements vom 15. Mai 2003 verboten. Allerdings wird dieses Verbot in der Praxis nicht wirklich umgesetzt.
Es besteht in Olten für niemanden die Notwendigkeit zu betteln. Die Sozialhilfe unterstützt Menschen in Not und sorgt dafür, dass für alle ein menschenwürdiges Dasein möglich ist. Es gibt keine Begründung, welche in unserem Sozialstaat die Bettelei rechtfertigt.
Ein generelles und gemeindeweites Bettelverbot ist nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung zulässig und auch sinnvoll. Die Bundesrichter haben in ihrem Leitentscheid vom 9. Mai 2008 (Urteil 6C-1/2008) die öffentliche Sicherheit und Ordnung höher gewichtet als das individuelle Recht zu betteln. Eine allfällige Befürchtung, ein stadtweites Bettelverbot sei unverhältnismässig und verletze unrechtmässig elementare Grundrechte, ist somit unbegründet. Dementsprechend gibt es nun definitiv keinen Grund mehr, das Bettelverbot nicht umzusetzen.
Deshalb fordern wir den Stadtrat auf, seine Aufgabe endlich wahrzunehmen und das Bettelverbot rasch, wirksam und konsequent umzusetzen.“
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Doris Rauber beantwortet im Namen des Stadtrates das Postulat wie folgt:
Der Stadtrat ist sich dieser Problematik durchaus bewusst und setzt sich auch dafür ein, dass bettelnde Personen in Olten wenn möglich erst gar nicht aktiv werden. Es gehört deshalb seit jeher zu den Aufgaben der Stadtpolizei, diesem Problem die nötige Aufmerksamkeit zu widmen und entsprechend zu handeln. Bettelnde Personen werden einer Personenkontrolle unterzogen und, wenn weiter nichts gegen sie vorliegt, in der Regel formlos vertrieben. Solche Massnahmen sind nicht in Zahlen bezifferbar, weil darüber keine Statistik geführt wird. Seit Januar 2008 werden Bettelnde gestützt auf § 37 des Gesetzes über die Kantonspolizei mit einer schriftlichen Wegweisungs- oder Fernhalteverfügung weggewiesen. Gemäss Angaben der Stadtpolizei sind in den ersten drei Monaten des laufenden Jahres zwei Bettelnde
umgehend des Platzes verwiesen und vier Personen wegen Bettelns mit einer schriftlichen Wegweisung verwarnt worden. In den Statistiken sind keine Strafanzeigen wegen unerlaubten Bettelns aufgeführt.
Was den Vollzug der gesetzlichen Vorschriften anbelangt, können bettelnde Personen beim Friedensrichteramt wegen Widerhandlung gegen den Art. 20 Abs. 1 Polizeireglement - „Der Strassen- und Hausbettel ist untersagt“ - zur Anzeige gebracht werden. Solche Anzeigen gehen jedoch meist ins Leere, da die Verzeigten nur für kurze Zeit in Olten sind. Bei Personen ohne festen Wohnsitz in der Schweiz kann die urteilende Instanz die Abnahme eines Bussendepositums oder allenfalls, sofern vorhanden, die Abnahme von Wertgegenständen verfügen. Die angehaltenen Personen haben jedoch in der Regel zu wenig Geld auf sich und ein entsprechendes Bussendepositum kann nicht erhoben werden.
Im Weiteren muss festgehalten werden, dass das Polizeireglement mit dem entsprechenden Verbotsartikel lediglich auf öffentlichem Grund Gültigkeit hat. Vielfach sind jedoch bettelnde Personen vor Warenhäusern oder eben in der Umgebung Hauptbahnhof anzutreffen und können durch die Patrouillen der Stadtpolizei deshalb nicht belangt werden. Trotzdem führen sowohl die Polizei Kanton Solothurn wie auch die Stadtpolizei bei entsprechenden Feststellungen Personenkontrollen durch und vertreiben bettelnde Personen. Im Hauptbahnhof Olten gehört das Durchsetzen der Hausordnung, in welcher u.a. auch das Betteln untersagt wird, zu den Aufgaben der Bahnpolizei. Auf Privatgrund sind die jeweiligen Grundeigentümer gefordert. Sie können dazu jederzeit die Hilfe der Polizei in Anspruch nehmen. In Einkaufszentren und anderen Geschäften sind unsere Patrouillen im Rahmen ihres Sicherheitsauftrages auch auf Privatgrund präsent.
Wie erst kürzlich auf Grund einer Umfrage der Vereinigung der städtischen Polizeichefs bei elf Stadtpolizei-Korps bestätigt wurde, handelt es sich hier um ein Problem, mit dem sämtliche Städte konfrontiert sind. Bettelnde Personen gehören in praktisch allen befragten Städten zum Strassenbild. Vielfach handelt es sich um gut organisierte Banden, welche Männer, aber auch vielfach Frauen und Kinder, für eine kurze Zeit an verschiedenen Orten zum Betteln schicken und wieder abholen, um anderntags das gleiche Vorgehen in einer anderen Stadt fortzusetzen. Bettelverbote existieren in allen befragten Städten und werden in etwa gleich wie in Olten umgesetzt. Bettelnde Personen werden meist weggewiesen oder in einzelnen Fällen werden gegen sie Fernhalteverfügungen ausgesprochen. Letztere Massnahme bedeutet eine durch die Polizei schriftlich verfügte Fernhaltung von einer bestimmten Zone wie Innenstadt, Umgebung Bahnhof oder Sälipark bis zu maximal einem Monat Dauer. Da diese Personen nur eine kurze Zeit, meistens sogar nur 1 Tag, in der Stadt sind, ist die Wegweisung oder die Fernhalteverfügung nicht wirksam.
Der Stadtrat kommt deshalb zum Schluss, dass eine Einflussnahme zu einer merklichen Verbesserung der Situation nicht in gewünschtem Masse realisierbar ist. Die Stadtpolizei ist auf die Bevölkerung angewiesen, dass sie die bettelnden Personen auch meldet. Sicher wird die Stadtpolizei zu einer konsequenten Durchsetzung des Bettelverbots auf öffentlichem Grund angehalten und mit den Verantwortlichen der Bahnpolizei in dieser Angelegenheit einmal mehr das Gespräch führen.
Im Sinne der genannten Gründe empfiehlt der Stadtrat dem Gemeindeparlament das Postulat zu überweisen und abzuschreiben.