Die Fraktion der SP / Jungen SP haben am 22. März 2018 eine Interpellation mit folgendem Wortlaut eingereicht:
«Kürzlich hat der Stadtrat informiert, dass er plant, das neue Kunstmuseum am Standort des Hübelischulhauses zu planen. Noch im Bericht und Antrag zum Haus der Museen hat der Stadtrat im März 2016 die Idee vorgestellt, das Kunstmuseum im zu erweiternden Gebäude des jetzigen Naturmuseums zu realisieren. Diese Meinungsänderung und andere in der entsprechenden Medienmitteilung der Stadt angeschnittenen Punkte geben Anlass zur Frage, auch grundsätzlicher Art. Liegenschaften, die sich im Besitz der Stadt befinden, sind nicht nur ein finanzielles, sondern mit Bezug auf die Stadtplanung und Stadtentwicklung auch ein strategisches Kapital. Dies gilt es zu berücksichtigen, wenn über die Nutzung, den Kauf oder die Veräusserung städtischer Liegenschaften entschieden wird. Umnutzungen, Zu- und Verkäufe sind langfristig, transparent und nachhaltig zu planen. Ein aktuelles Beispiel ist die Freispielung des Hübelischulhauses, mit der Annahme der Schulraumplanung durch das Gemeindeparlament im Januar 2018. Unmittelbar nach der Freiwerdung des Gebäudes hat der Stadtrat beschlossen, nun dort, im Hübeli das Kunstmuseum unterzubringen. Bei den übrigen freiwerdenden Museumsgebäuden an der Kirchgasse hingegen, scheint er eine städtische Nutzung auszuschliessen. Bei allen diesen Liegenschaften handelt es sich um zentrale historische Gebäude, die für die Zukunft der Innenstadt von entscheidender Bedeutung sind. Angesichts des Bedeutungsverlustes der Stadtzentren wegen dem weiter wachsenden Gewicht des Online-Shoppings lohnt es sich, der künftigen Nutzung dieser Liegenschaften grosse Aufmerksamkeit zu schenken. Der Prozess der Umnutzung ist transparent und mit Einbezug breiter Kreise zu gestalten. Die Fraktion SP / Junge SP stellt dem Stadtrat deshalb die folgenden Fragen:
1. Aus welchen Gründen hat der Stadtrat das Projekt Kunstmuseum im Naturmuseum plötzlich fallen gelassen?
2. a) Welche Bedeutung misst der Stadtrat den städtischen Liegenschaften an der Kirchgasse in Bezug auf die Entwicklung der Innenstadt zu?
b) Welche Nutzungen öffentlicher Natur wurden für die frei werdenden Gebäude an der Kirchgasse geprüft?
c) Warum steht eine Nutzung durch Private im Vordergrund? Führt der Stadtrat bereits Verhandlungen mit Interessierten?
3. Wie wird sichergestellt, dass Bevölkerung, Parteien, Organisationen usw. Gelegenheit haben, bei der Neu- und Umnutzungen städtischer Liegenschaften in der Innenstadt ihre Idee einzubringen?
4. Nach welchen Kriterien entscheidet der Stadtrat über An- und Verkäufe von Liegenschaften?»
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Stadtrat Thomas Marbet beantwortet die Interpellation im Namen des Stadtrates wie folgt:
Zur Beantwortung der einzelnen Fragen:
Zu Frage 1:
Aus welchen Gründen hat der Stadtrat das Projekt Kunstmuseum im Naturmuseum plötzlich fallen gelassen?
Das Gemeindeparlament hat am Donnerstag, 25. Januar 2018, mit 32 zu 4 Stimmen, das Kleinholz als Standort für das neue Primarschulhaus bestimmt und sich gegen eine Variante mit einem Doppelstandort Hübeli und Kleinholz entschieden. Dieser Beschluss eröffnete bei der Museumsplanung eine neue Perspektive, welche zuvor nicht offenstand, aber im Schulraumplanungs-Bericht bereits mehrmals erwähnt wurde – nämlich die Möglichkeit, das Kunstmuseum in das Hübeli zu verlegen. Beim Hübeli ist im Vergleich zur Naturmuseums-Liegenschaft ein allfälliger Anbau einfacher realisierbar und werden weniger andere Interessen (Kinderspielplatz, Bäume, Parkplätze) tangiert. Ausserdem gibt es im bestehenden Gebäude mehr Platz. Mit der freiwerdenden Naturmuseums-Liegenschaft und der Kunstmuseums-Liegenschaft würden zudem gleich zwei städtische Liegenschaften an repräsentativer Innenstadtlage an der Kirchgasse für neue und zugkräftige Nutzungen frei.
Zu Frage 2 a:
Welche Bedeutung misst der Stadtrat den städtischen Liegenschaften an der Kirchgasse in Bezug auf die Entwicklung der Innenstadt zu?
Der Stadtrat war und ist sich des Stellenwerts nicht nur dieser beiden städtischen Liegenschaften, sondern der ganzen Häuserzeile sehr bewusst. Im proaktiven Bestreben, eine weitere Attraktivierung der Kirchgasse herbeizuführen, hatte er deshalb die Absicht, für die Liegenschaften Kirchgasse 4 (ehemals Vögele Shoes), Kirchgasse 8 (Kunstmuseum) und Kirchgasse 10 (Naturmuseum) eine Testplanung über die Nutzungsoptionen anzugehen. Potenzielle Nutzer, wie etwa die Migros, hatten ihr Interesse signalisiert. Auch die Stadt selbst bekundete gegenüber dem Eigentümer Kaufinteresse an der Liegenschaft Kirchgasse 4. Der Besitzer der Liegenschaft, in der nun ein sicherlich auch attraktives Food-Court einziehen wird, verfolgte aber aus wirtschaftlichen Überlegungen andere Ziele.
Zu Frage 2 b:
Welche Nutzungen öffentlicher Natur wurden für die frei werdenden Gebäude an der Kirchgasse geprüft?
Aufgrund einer aktuellen Erhebung und Analyse kommt der Stadtrat zum Schluss, dass nach einem Auszug des Naturmuseums und des Kunstmuseums weder die Liegenschaft Kirchgasse 10 noch die Liegenschaft Kirchgasse 8 für die Erfüllung öffentlicher Aufgaben benötigt werden.
Zu Frage 2 c:
Warum steht eine Nutzung durch Private im Vordergrund? Führt der Stadtrat bereits Verhandlungen mit Interessierten?
Nachdem seitens der öffentlichen Hand kein Nutzungsbedarf im Vordergrund steht, ist es naheliegend, dass diese Liegenschaften einer privaten Nutzung zugeführt werden können. Konkrete Verhandlungen wurden bis dato keine geführt. Es ist aber davon auszugehen, dass die zentrale Lage dieser Liegenschaften – selbst bei wachsendem Onlinehandel – auf Marktinteresse stossen dürfte. Gerade Händler, die den E-Commerce-Kanal ausgebaut haben, nutzen in jüngster Zeit im Übrigen wieder vermehrt gute Lagen, um mit den Kunden direkt in Kontakt zu treten.
Die Qualität und Stärke der Nutzungsmischung hat einen entscheidenden Einfluss auf die Ausstrahlungskraft und Leistungsfähigkeit einer Innenstadt. Der Stadtrat sieht die «Freigabe» der beiden Museumsliegenschaften an der Kirchgasse deshalb als eine Chance, um die Belebung der Innenstadt weiter zu fördern und den Branchenmix mit neuen Angeboten zu stärken.
In Bezug auf die historische Bedeutung ist zu erwähnen, dass sich die beiden Liegenschaften Kirchgasse 8 (Kunstmuseum) und 10 (Naturmuseum) gemäss gültigem Zonenplan der Stadt Olten in der Altstadtzone befinden. Die Liegenschaft Kirchgasse 10 wurde zudem in das amtliche Inventar der unter öffentlichem Schutz stehenden Altertümer des Kantons Solothurn aufgenommen (Altertümerschutz ist im Grundbuch angemerkt). Allfällige Bauprojekte werden deshalb hinsichtlich Ortsbild- und Objektschutz stets und unabhängig von der Eigentümerschaft von der Altstadtkommission unter Einbezug der kantonalen Denkmalpflege geprüft. Bei der Liegenschaft Kirchgasse 10 braucht es für jede bauliche Veränderung zudem zwingend die schriftliche Zustimmung der kantonalen Denkmalpflege.
Diese Einschränkungen gelten sowohl im Falle einer Abgabe der Liegenschaften im Baurecht wie auch bei einem Verkauf.
Zu Frage 3:
Wie wird sichergestellt, dass Bevölkerung, Parteien, Organisationen usw. Gelegenheit haben, bei der Neu- und Umnutzungen städtischer Liegenschaften in der Innenstadt ihre Ideen einzubringen?
Grundsätzlich werden alle zu einem Verkauf vorgesehenen Liegenschaften und Grundstücke öffentlich ausgeschrieben. Der Stadtrat beschliesst die mit einem Verkauf verbundenen Anforderungen. Für Veräusserungen bis zum Betrag von Fr. 1 Mio. ist im Einzelfall der Stadtrat zuständig; für solche mit höherer Preissumme das Gemeindeparlament. Bevölkerung, Parteien und Organisationen stehen für eine Einflussnahme die üblichen politischen Instrumente zur Verfügung, von der Petition über einen Vorschlag bis hin zu Vorstössen von Parlamentariern.
Zu Frage 4:
Nach welchen Kriterien entscheidet der Stadtrat über An- und Verkäufe von Liegenschaften?
Der Stadtrat orientiert sich diesbezüglich an den in der «Richtlinie für das strategische Vorgehen beim Verkauf und Kauf von Liegenschaften und Grundstücken» stipulierten Grundsätzen.
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Richtlinie für das strategische Vorgehen beim Verkauf und Kauf von Liegenschaften und Grundstücken
Der Stadtrat, gestützt auf Art. 40 der Gemeindeordnung vom 28. September 2000, beschliesst:
I. Allgemeines
Art. 1 Zweck
Mit diesen Richtlinien legt der Stadtrat seine strategischen Grundsätze für das Vorgehen bei Verkäufen und Käufen von Liegenschaften und Grundstücken fest.
Art. 2 Grundsatz
1 Es wird eine aktive, systematische und vorausschauende Liegenschaftspolitik angestrebt, welche auf die finanziellen Möglichkeiten ausgerichtet ist.
2 Es werden nur Liegenschaften und Grundstücke im Eigentum der Stadt Olten behalten oder neue erworben, welche zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben oder zur Förderung der im übergeordneten öffentlichen Interesse stehenden aktiven Stadtentwicklung dienen.
3 Zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben werden genügende Baulandreserven gesichert. Dies erfolgt primär durch die Ausscheidung von Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen im Rahmen der Ortsplanung.
II. Verkauf von Liegenschaften und Grundstücken
Art. 3 Grundsatz
1 Liegenschaften und Grundstücke, welche die unter Abs. 2 und 3 von Artikel 2 erwähnten öffentlichen Interessen nicht erfüllen, werden grundsätzlich veräussert. Dabei soll ein marktkonformer bzw. ortsüblicher Verkaufspreis erzielt werden.
2 Es ist durch geeignete Vorbehalte dafür zu sorgen, dass Bauland bzw. Liegenschaften nicht der Spekulation zugeführt, sondern nur an ernsthafte und geeignete Bewerbende veräussert wird, die sich durch ein entsprechendes Bauvorhaben ausweisen können. Dabei sind auch die städtebaulichen Qualitäten angemessen zu berücksichtigen.
Art. 4 Grundlagen zur Beurteilung eines Verkaufes
Bei jeder zur Veräusserung vorgesehenen Liegenschaft bzw. Grundstück werden insbesondere folgende Grundlagen zur Beurteilung aufgezeigt:
a Aktuelles und neutrales Verkehrswertgutachten
b Rendite
c Baulicher Zustand und damit verbundenen Kosten für die Instandstellung und Unterhalt
d Städtebaulicher Stellenwert bzw. Bedeutung für die bauliche und nutzungsmässige Entwicklung unter Einbezug der relevanten Umgebung.
Art. 5 Vorgehen vor der öffentlichen Ausschreibung
1 Die Kommission für Stadtentwicklung und die Baukommission werden bei der Erarbeitung der unter Art. 4, lit. d aufgeführten Grundlagen frühzeitig in den Prozess einbezogen. Sie geben zuhanden des Stadtrates eine Empfehlung ab.
2 Der Stadtrat beschliesst unter Abwägung aller Aspekte über einen allfälligen Verkauf einer Liegenschaft bzw. eines Grundstückes, über die Ausschreibungsart und die mit dem Verkauf verbundenen Anforderungen. Die Empfehlungen der Kommissionen werden angemessen berücksichtigt.
3 Der Stadtrat kann in begründeten Fällen einen Gestaltungsplan erlassen um die städtebauliche Qualität sicherzustellen. Dabei muss aber der Gestaltungsplan die notwendige Flexibilität zulassen um den baulichen und nutzungsmässigen Vorstellungen der Kaufinteressent/-innen gerecht werden zu können.
Art. 6 Öffentliche Ausschreibung
1 Grundsätzlich werden alle Verkäufe von Liegenschaften und Grundstücken öffentlich ausgeschrieben.
2 In Ausnahmefällen kann auf eine öffentliche Ausschreibung verzichtet werden, sofern wichtige Gründe dafür sprechen, (z. B. soziale Aspekte, im öffentlichen Interesse stehende Nutzungen, karitative Institutionen, kleine Restflächen usw.).
3 Gestützt auf den Beschluss des Stadtrates führt die Liegenschaftenverwaltung die öffentliche Ausschreibung durch. Die Mieterinnen und Mieter sind vor der öffentlichen Ausschreibung einer Liegenschaft rechtzeitig zu informieren.
Art. 7 Verkaufsunterlagen
1 Neben den üblichen Verkaufsunterlagen wie Verkehrswertgutachten, Bauzustand, Pläne, Zonierung usw. können wo nötig auch städtebauliche, verkehrsplanerische und nutzungsmässige Rahmenbedingungen festgelegt werden.
2 Bei Liegenschaften oder Grundstücken, welche im städtebaulichen Kontext einen wichtigen Stellenwert einnehmen, werden von den Kaufinteressenten/innen neben dem Kaufangebot auch Überbauungsvorschläge verlangt.
Art. 8 Zuschlag
1 Sofern die städtebaulichen und nutzungsmässigen Aspekte eine untergeordnete Rolle spielen, erhält grundsätzlich der/diejenige Anbieter/in mit dem höchsten Preisangebot den Zuschlag.
2 In den Fällen, wo mit den Verkaufunterlagen auch städtebauliche, verkehrsplanerische und nutzungsmässige Rahmenbedingungen festgelegt werden und/oder Überbauungsvorschläge verlangt werden, erhält der/die Anbieter/in den Zuschlag, welcher/welche das für die Stadtentwicklung erfolgsversprechendste Angebot bzw. Überbauungsvorschlag inkl. Nutzung einreicht.
3 Auf Grund der eingegangenen Angebote entscheidet der Stadtrat oder das Gemeindeparlament über den Zuschlag.
Art. 9 Kompetenzen
Gemäss dem Gemeindebeschluss betr. Erwerb und Veräusserung von Grundstücken zur Förderung der Stadtentwicklung vom 4. Dezember 1988 ist für Veräusserungen bis zum Betrag von Fr. 1 Mio. im Einzelfall der Stadtrat zuständig, für solche mit höherer Preissumme das Gemeindeparlament.
III. Kauf von Liegenschaften und Grundstücken
Art. 10 Grundsatz
1 Zur Erfüllung der öffentlichen Aufgaben sind genügende Baulandreserven sicherzustellen. Dies geschieht insbesondere durch die Ausscheidung von Zonen für öffentliche Bauten und Anlagen im Rahmen der Ortsplanung.
2 Es werden grundsätzlich nur Liegenschaften und Grundstücke erworben, wenn:
a diese für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben notwendig und geeignet sind.
b damit übergeordnete öffentliche Interessen der Stadtentwicklung verfolgt werden,
z. B. zur Ansiedlung von attraktiven Wohn- und Arbeitsplätzen.
c damit stadteigene Grundstücke sinnvoll arrondiert werden und damit bessere Überbauungsmöglichkeiten und später auch höhere Verkaufspreise erzielt werden können.
d es sich um einen vertretbaren Kaufpreis handelt
Art. 11 Vorgehen
1 Zum Kauf angebotene Liegenschaften und Grundstücke werden nach den in Art. 10 aufgeführten Kriterien beurteilt. Bei Bedarf wird ein neutrales Verkehrsgutachten erstellt.
2 Im Falle eines Kaufwillens führt der Stadtrat die Verhandlungen. Im Falle eines Kaufwillens führt eine vom Stadtrat bestimmte Delegation die Verhandlungen.
3 Auf Grund der durchgeführten Verkaufsverhandlungen entscheidet der Stadtrat oder das Gemeindeparlament über den Kauf.
Art. 12 Kompetenzen
Gemäss dem Gemeindebeschuss betr. Erwerb und Veräusserung von Grundstücken zur Förderung der Stadtentwicklung vom 4. Dezember 1988 ist für den Erwerb bis zum Betrage von Fr. 2.5 Mio. im Einzelfall der Stadtrat zuständig, für solche mit höherer Preissumme das Gemeindeparlament.
IV. Übergangs- und Schlussbestimmungen
Art. 13 Inkrafttreten
Diese Richtlinie tritt mit Beschluss des Stadtrates in Kraft.