Am 6. September 2001 haben Fränzi Holzer SP und Rolf Furrer FDP und Mitunterzeichner/-innen der SP Fraktion beim Gemeindeparlament folgende Motion eingereicht:
Motion: Erweiterung Baureglement
Der Stadtrat wird beauftragt, dem Gemeindeparlament einen Entwurf von zusätzlichen Artikeln im Baureglement vorzulegen.
Die Artikel sollen:
- Einen Fachausschuss Bau- und Aussenraumgestaltung definieren.
- Sowie in den Bauzonen Planungspflichten festhalten.
Begründung:
Der Stadt Olten steht in den nächsten Jahren, durch freigegebene Landflächen, eine erhöhte Bautätigkeit bevor. Die Gestaltung unserer Stadt ist zu einem grossen Thema geworden. Mit einem zusätzlichen Artikel wie zum Beispiel der Stadt Thun mit folgendem Inhalt, gibt der Stadt die Möglichkeit ein Bauobjekt positiv zu begleiten. Die Qualität der Bauobjekte kann sich somit verbessern.
Fachausschuss Bau- und Aussenraumgestaltung
a) Der Stadtrat ernennt einen Fachausschuss Bau- und Aussenraumgestaltung, welcher die Bauwilligen und die Baubewilligungsbehörde in Baugesuchsfragen berät. Er besteht aus mindestens 3 – 5 unabhängigen, in Gestaltungsfragen ausgewiesenen Fachleuten, wobei neben der Architektur auch die Fachrichtung Landschaftsarchitektur und Planung sowie Raumplanung und Städtebau angemessen vertreten sind.
b) Bauvoranfragen und Baugesuche werden in der Regel dem Fachausschuss zur Beurteilung vorgelegt, wenn sie für das Strassen-, Ort- und Landschaftsbild von Bedeutung sind oder spezielle baugestalterische Fragen aufwerfen.
c) Der Stadtrat regelt die Details in einer Verordnung
Wie es zum Beispiel, Burgdorf im Baureglement verankert hat.
a) Als Grundlage für die Ausarbeitung einer Überbauungsordnung ist ein Verfahren zu wählen, das eine qualitativ hochstehende Planung, Projektierung und Ausführung gewährleistet und die ausgewogene Berücksichtigung aller Interessen sicherstellt (beispielsweise ein Ideen- oder Projektwettbewerb nach den Regeln der SIA oder ein Studienauftrag an mehrere qualifizierte Büros). Der Stadtrat kann verzichten, sofern ein Projekt von hoher Qualität vorgelegt wird. Für die Beurteilung des Projektes werden mindestens zwei unabhängige Experten beigezogen. Kommt der Gemeinderat zum Schluss, dass die verlangte Qualität nicht erreicht wird, muss ein Wettbewerb nach den Regel der SIA oder ein Studienauftrag durchgeführt werden.
b) Im Zonenplan sind die Zonen mit Planungspflicht eingetragen.
Stadträtin Silvia Forster beantwortet im Namen des Stadtrates die Motion wie folgt:
Die Meinungen über Städtebau und Architektur gehen sowohl in Fachkreisen wie auch in der Bevölkerung verständlicherweise auseinander, spielt doch das subjektive Empfinden eine wesentliche Rolle. Auch im Städtebau und in der Architektur gibt es gewisse Regeln und Beurteilungskriterien, obwohl es sich dabei nicht um genaue Wissenschaften handelt wie dies beispielsweise die Mathematik darstellt. Der Entwurf und die Realisierung eines Bauobjektes leben in erster Linie von der Inspiration und Kreativität des/der Verfasser/-in. Ein wichtiger Grundsatz besteht darin, dass ein Projekt aus der speziell vorhandenen städtebaulichen Situation heraus entwickelt wird und somit den Charakter und die Unverwechselbarkeit des Ortes unterstützt oder neu definiert. Das „Urteilen“ über die Gestaltungsqualität eines Bauvorhabens durch ein Fachgremium ist mit Ausnahme auf Grund eines vom jeweiligen Bauherrn selbstgewählten Wettbewerbsverfahren äusserst problematisch. Die Volksmeinung geht im übrigen, des öftern nicht einig mit der intellektuellen Beurteilung von Fachgremien. Vielleicht gerade aus diesem Grund werden die Mitglieder der Bewilligungsbehörden nicht a priori nur aus Fachkreisen rekrutiert, um damit eine breitere Abstützung der Volksmeinung zu repräsentieren.
Die Förderung der Qualität im Städtebau, in der Architektur, im Interesse des Stadtbildes sowie des Wohn- und Arbeitsumfeldes ist unbestritten ein zentrales Anliegen. Die Einflussnahme von Seiten der öffentlichen Hand ist dabei begrenzt und dies aus Sicht der privaten Architekten/-innen und Investoren/-innen hinsichtlich einer adäquaten individuellen Gestaltungsfreiheit sicher auch berechtigt. Der Stadtrat, die Baukommission und die Verantwortlichen der Verwaltung bemühen sich stets um eine Optimierung der Bauprojekte im Rahmen einer kooperativen und konstruktiven Zusammenarbeit mit den jeweiligen Architekten/-innen und Investoren/-innen. Mit noch so detaillierten Bauvorschriften können „gute“ Bauprojekte nicht erzwungen, sondern höchstens offensichtlich schlechte Lösungen verhindert werden. Eine allzu enge Regelung der Bauvorschriften kann auch dazu führen, dass kreative Lösungen in den Maschen der Vorschriftenregelungen hängen bleiben. Um offensichtlich „schlechte“ Lösungen zu verhindern, braucht es nicht den Beizug von Experten. Dies würde nämlich höchstens bedeuten, dass die zuständigen Behörden und die Verwaltung im Rahmen der Verhandlungen bzw. der Zweckmässigkeitsüberprüfung nicht den Mut aufbringen, ein Projekt abzulehnen. Der Beizug von aussenstehenden Experten ist somit nur angezeigt, wenn äusserst schwierige Entscheide zu treffen sind und keine Einigung mit den jeweiligen Architekten/-innen und Bauherren/-innen zustande kommt. Der situative Beizug von Experten kann zur objektiven Entscheidungsfindung hilfreich sein.
Verschiedene Schweizer Städte haben Expertenteams eingesetzt und dies mit mehr oder weniger Erfolg. Die Befragung verschiedener Städte hat ergeben, dass die Auffassungen der Verantwortlichen der Baubehörde über die Notwendigkeit, Zweckmässigkeit und Ausgestaltung allfälliger Instrumente zur Förderung des qualitativen Bauens auseinandergehen. Einig ist man sich hingegen darüber, dass die Verantwortung und die Kompetenz über die Beurteilung der Qualität von Bauprojekten nicht einfach an Dritte abgegeben werden kann, sondern durch die örtlichen Baubehörden wahrgenommen werden müssen. In diesem Sinn kann ein „Ästhetik-Gremium“ mit externen Fachleuten die zuständigen Behörden und die Verwaltung bei ihren Entscheidungsfindungen nur unterstützen. Ein/eine Experte/-in oder ein Expertenteam sollte gezielt nur bei grösseren, das Stadtbild prägenden Bauvorhaben beigezogen werden. Ansonsten der Stellenwert eines solchen Gremiums abgeschwächt wird. Ein Expertenteam muss zudem zeitlich rasch verfügbar sein, da sonst die Verfahrensabläufe verzögert und damit die allseitig zu Recht geforderte Realisierungshilfe darunter leiden würden. Im weiteren ist auch auf Grund der Erfahrungen anderer Städte festzustellen, dass die Experten/-innen nicht lediglich Bauvorhaben kritisieren, sondern Empfehlungen abgeben sollen und müssen. Gerade aus diesem Grund ist es wichtig, dass massgebende Empfehlungen möglichst frühzeitig und nicht erst bei Vorliegen eines ausgearbeiteten Bauprojektes den Architekten/-innen und Bauherren/-innen abgegeben werden. Es stellt sich somit die berechtigte Frage, ob es nicht sinnvoller ist, für gewisse Gebiete auf Grund der städtebaulichen Analysen übergeordnete öffentliche Interessen hinsichtlich Stadtbild und Nutzung zu formulieren, welche den Bauherren/-innen und Architekten/-innen hilfreiche Angaben und Rahmenbedingungen geben.
Die Ausscheidung von Zonen mit Planungspflicht beinhaltet einige Probleme. So wird beispielsweise die Rechtssicherheit bezüglich des Zonenplanes zumindest geschmälert. Die von den Motionären/-innen verlangten Planungsverfahren sind sowohl kosten- wie auch zeitaufwendig. Es stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage, wer die damit verbundenen Kosten übernehmen muss. Im weiteren wird dadurch den Bauherren/-innen und Grundeigentümer/-innen die freie Wahl eines/einer Architekten/-in praktisch unverantwortbar entsogen. So stellt sich beispielsweise bei einem nach SIA durchgeführten Projektwettbewerb die Frage des Urheberrechtes bezüglich der weiteren Projektierung. Bei allem Respekt für die Durchführung solcher Verfahren darf der/die Grundeigentümer/-in bzw. Investor/-in in seiner Gestaltungsfreiheit und Wahlfreiheit seines/r Architkten/-in nicht unverantwortbar eingeschränkt werden. Eine wie von den Motionären/-innen verlangten Planungszonen werden aus verständlichen Gründen bei Grundeigentümer/-innen und Investoren/-innen nicht auf Begeisterung stossen.
Auf Grund all dieser Erwägungen erscheint dem Stadtrat nachfolgend beschriebenes Vorgehen für die Förderung qualitativer Überbauungen sinnvoll:
Die im Rahmen der Ortplanungsrevision erarbeiteten städtebaulichen Analysen bilden eine gute Grundlage für die Grobbeurteilung einzelner Projekte, werden doch darin städtebauliche Entwicklungsmöglichkeiten aufgezeigt. Die Analysen zeigen in den potentiellen baulichen Entwicklungsgebieten, anhand von Beispielen, wie man auf Grund der gewachsenen Stadtstruktur mit entsprechenden Bebauungsmustern reagieren kann – im Sinne von Ergänzen, Komplettieren u. s. w. Wie bereits erwähnt, handelt es sich dabei um skizzenhafte Darstellungen von möglichen Bebauungsmustern, die im konkreten Fall einer vertieften Beurteilung und Verifizierung bedürfen. In diesem Zusammenhang ist mit allem Nachdruck zu erwähnen, dass es sich bei den, in den städtebaulichen Analysen dargestellten baulichen Überbauungskonzepten, jeweils um „eine“ mögliche Lösung im Sinne der Machbarkeit handelt, hingegen haben sie keineswegs Anspruch auf die „einzig richtige“ Lösung. Die bauliche Ergänzung oder Erweiterung unserer Stadt verlangt eine sorgfältige Analyse der bestehenden bzw. gewachsenen Stadtstruktur, muss aber unter Beachtung gewisser für den jeweiligen Ort gültigen Rahmenbedingungen eine Vielfalt von Interpretationen offen lassen. Gleiches gilt selbstverständlich auch für die architektonische Umsetzung.
Eine Vertiefung der städtebaulichen Analysen, gekoppelt mit Projektstudien für Gebiete mit zu erwartenden baulichen Veränderungen, würde ein gutes Instrument für die Förderung von qualitativen Überbauungen in unserer Stadt bieten. Damit würden die Grundlagen und Rahmenbedingungen für künftige stadtbildprägende Bauvorhaben rechtzeitig bereitgestellt. Die Stadt dokumentiert damit die im öffentlichen Interesse stehenden nutzungsmässigen und baulichen Stadtentwicklungsziele. Für Architekten/-innen, Investoren/-innen und Grundeigentümer/-innen würde damit im Sinne einer Dienstleistung eine wertvolle Grundlage zur Verfügung gestellt, die richtig angewendet, einerseits zur Förderung der nutzungsmässigen und baulichen Stadtentwicklung dient und andererseits ein gutes Instrument zur Realisierungshilfe bietet. Wie bereits erwähnt, ist es sehr wichtig von Seiten der Behörden, frühzeitig zu agieren um nicht erst beim Vorliegen konkreter Projekte handeln zu müssen, da sonst in den meisten Fällen erschwerte Verfahrensabläufe und allenfalls unnötige Fronten zwischen Behörden und Privaten entstehen.
Schlussfolgerungen
- Die städtebaulichen Analysen aus dem Jahr 1997 werden als Richtlinie für private Architekten/-innen, Investoren/-innen u. s. w. und für die zuständigen Behörden, wo notwendig, ergänzt und verfeinert. Diese Richtlinien dienen als Qualitätssicherung, sollen aber die Gestaltungsfreiheit für Architekten/-innen für kreative und qualitativ bessere Lösungen nicht beschneiden.
2. In Gebieten mit zu erwartenden oder erwünschten baulichen Veränderungen bzw. Entwicklungen, lässt die Stadt durch private Architekturbüros entsprechende Projektstudien erarbeiten. Diese sollen Grundstrukturen (Bebauungsmuster, Erschliessung, Aussen-raumgestaltung u. s. w. aufzeigen und so flexibel ausgestaltet sein, dass sie entsprechend den jeweiligen Bedürfnissen von Investoren/-innen und Bauherren/-innen angepasst und im Interesse einer verbesserten Qualität auch verändert werden können. Dieses Vorgehen (Gesamtkonzept mit Projektstudien) wurde vom Stadtrats-Ausschuss für Stadtentwicklung mit Unterstützung der Stadtentwicklungs- und Baukommission für die weiteren Überbauungsmöglichkeiten im Kleinholz gewählt und der erforderliche Kredit auch bereits gesprochen.
3. Für die Erteilung von Projektstudien, müssen entsprechende Kredite im Budget vorgesehen werden. Die jeweiligen Finanzkompetenzen sind zu regeln. Die Kosten für die Projektstudien sollen, soweit möglich, im Rahmen von Gestaltungsplänen bzw. Baugesuchen mit entsprechenden Gebühren weiterverrechnet werden.
4. Sollten sich Behörden oder private Archtiekten/-innen bzw. Bauherren/-innen bei konkreten Bauvorhaben nicht einigen können, so kann die Planungs- und Baubehörde (Stadtrat, Baukommission) in begründeten Fällen und bei Vorliegen übergeordneter öffentlicher Interessen, eine entsprechende Expertise in Auftrag geben. Eine solche Expertise soll allerdings nicht nur Kritik sondern für den/die privaten/e Architekten/-in bzw. Bauherren/-in hilfreiche Empfeh-lungen beinhalten.
Stellungnahme der Kommission für Stadtentwicklung:
Die Kommission für Stadtentwicklung hat an ihrer Sitzung vom 4. Juli 2002 die Forderungen der Motionärinnen und Motionäre eingehend diskutiert. Sie hält dabei insbesondere fest, dass die dabei verlangte Einsetzung eines Gremiums mit mindestens 3 bis 5 externen Fachleuten sowie die Ausscheidung von Zonen mit Planungspflicht mit erheblichen Kosten und unerwünschten zeitlichen Verzögerungen im Bewilligungsverfahren verbunden wäre. Sie hält aber gleichzeitig fest, dass die Verbesserung der städtebaulichen und architektonischen Qualität künftiger Bauprojekte insbesondere an relevanten – das Stadtbild prägenden – Orten äusserst wichtig ist. Sie begrüsst das vorgeschlagene Vorgehen des Stadtrates, welches ein situatives und vor allem „pro aktives“ Handeln ermöglicht. Sie empfiehlt deshalb dem Stadtrat, die Motion im Sinne der Erwägungen abzuweisen.
Stellungnahme der Baukommission
Die Baukommission hat an ihrer Sitzung vom 16. September 2002 die Thematik der Motion ebenfalls eingehend diskutiert. Sie unterstützt mehrheitlich die Forderung nach einem Fachausschuss für Bau- und Aussenraumgestaltung. Dabei wird ein Expertenteam (Expertenpool, aus welchem je nach Aufgaben einzelne oder mehrere Mitglieder beigezogen werden können) vorgeschlagen, welches dann über Jahre (Kontinuität) die Geschichte der Stadt Olten mitverfolgen kann. Damit könnte, wie auch in anderen Städten, eine Verbesserung der Qualität stadtbildprägender Projekte erzielt werden.
Die Ausscheidung von Bauzonen mit Planungspflichten lehnt die Baukommission ab. Dies insbesondere, weil die Abgrenzung solcher Zonen äusserst schwierig ist.
Empfehlungen des Stadtrates an das Gemeindeparlament
Der Stadtrat wird in Zusammenarbeit mit der Kommission für Stadtentwicklung und der Baukommission im Sinne der Erwägungen verwaltungsanweisende Richtlinien zur Förderung qualitativer Überbauungen erarbeiten und erlassen.
Der Stadtrat empfiehlt dem Gemeindeparlament, die Motion im Sinne der Erwägungen abzuweisen.