Am 26. November 2014 wurde im Gemeindeparlament von Beate Hasspacher und Mitunterzeichnenden der Fraktion Grüne eine Motion mit folgendem Wortlaut eingereicht:
«Konservative Liegenschaftspolitik
Der Stadtrat wird ersucht, Liegenschaften nicht mehr zu verkaufen, sondern diese allenfalls im Baurecht abzugeben, zu vermieten oder zu verpachten. Dazu ist die entsprechende Richtlinie anzupassen.
Begründung
Die «Richtlinie für das strategische Vorgehen beim Verkauf und Kauf von Liegenschaften und Grundstücken» vom 12. Juli 2004 besagt:
«Art. 3 Grundsatz 1 Liegenschaften und Grundstücke, welche nicht zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben oder zur Förderung der im übergeordneten öffentlichen Interesse stehenden aktiven Stadtentwicklung dienen, werden grundsätzlich veräussert. Dabei soll ein marktkonformer bzw. ortsüblicher Verkaufspreis erzielt werden.»
Wir sind der Meinung, dass diese Strategie heute nicht mehr zweckmässig ist. Liegenschaften sind Ressourcen und stellen Werte dar, die kurz- oder langfristig strategisch relevant werden können. Als Eigentümerin von Liegenschaften kann die Stadt Einfluss nehmen und Entwicklungen steuern (wie in letzter Zeit hinlänglich diskutiert wurde). Ausserdem sollten Räume für verschiedene öffentliche Interessen und Bedürfnisse der Bevölkerung zur Verfügung stehen, die ev. heute noch nicht bekannt sind. Dies gilt sowohl für Liegenschaften im Verwaltungsvermögen, als auch für solche im Finanzvermögen.»
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Stadtrat Thomas Marbet beantwortet die Motion wie folgt:
Formelles und Grundsätzliches: Mit einer Motion verlangt das Parlament vom Stadtrat gestützt auf Art. 60 seiner Geschäftsordnung, einen Reglements- oder Beschlussesentwurf vorzulegen. Eine Motion zielt somit generell darauf ab, von der Exekutive etwas zu fordern, was in der Kompetenz der Legislative liegt. Anders als die Motion verlangt das Postulat gemäss Art. 61 Geschäftsordnung vom Stadtrat, zu prüfen, ob ein Reglements- oder Beschlussesentwurf zu erarbeiten oder ob eine Massnahme in der Kompetenz der Exekutive liegt, zu treffen oder zu unterlassen sein. Die «Richtlinie für das strategische Vorgehen beim Verkauf und Kauf von Liegenschaften und Grundstücken» wurde gestützt auf Art. 40 der Gemeindeordnung vom 28. September 2000 (Stadtrat, Sachgeschäfte und weitere Befugnisse) vom Stadtrat erlassen. Das vorliegende Ansinnen beschlägt damit eine Materie, welche der Exekutivarbeit zugehörig ist, was der Form eines Postulats entsprechen würde.
Zum Inhaltlichen: Der Stadtrat stimmt mit den Motionären im Grundsatz darin überein, dass Liegenschaften strategisch relevant sein können und die Stadt als Eigentümerin Einfluss nehmen und Entwicklungen steuern kann. Gerade die städtebauliche / strategische Bedeutung einer Liegenschaft ist deshalb auch einer der zentralen Aspekte, welcher vom Stadtrat bei jeder potenziellen Veräusserung einer Liegenschaft oder eines Grundstücks stets sorgfältig beurteilt wird. Im Weiteren entspricht es einem wesentlichen Ziel der städtischen Liegenschaftspolitik, diejenigen Landreserven bereitzustellen, welche für die öffentliche Infrastruktur und die kommunalen Dienste benötigt werden. Im Vorstoss hingegen nicht erwähnt und deshalb für die Unterzeichnenden allenfalls nicht denkbar oder zumindest nicht wichtig, scheint der Aspekt der Wirtschaftsförderung zu sein, sprich die Möglichkeit, durch den Verkauf geeigneter Landparzellen einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung bereits ansässiger Unternehmungen bzw. zur Ansiedelung neuer Firmen leisten zu können.
Mit dem vorliegenden Vorstoss wird eine «Zementierung» des Status quo im Immobilienbestand verlangt. Ist aber gerade der heutige Immobilienbestand, welcher heterogen zusammengesetzt und teilweise aufgrund von historischen Zufälligkeiten aufgebaut ist, dazu geeignet, um künftige strategische Herausforderungen zu bewältigen respektive öffentliche Bedürfnisse abzudecken? Klar scheint zumindest, dass die Zielrichtung des Vorstosses die diesbezügliche Freiheit und Handlungsfähigkeit der Stadt unnötigerweise beschränken würde.
Im städtischen Immobilienportfolio ist nicht zwingend jedes Objekt strategisch relevant respektive kurz-, mittel- oder langfristig für die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe von Bedeutung. Wenn in solchen Fällen dann noch weitere Rahmenbedingungen, wie bspw. eine bescheidene Rendite und / oder eine Bausubstanz mit beträchtlichem Unterhaltsstau / Instandsetzungsbedarf hinzu kommen, sollte aus Sicht des Stadtrates weiterhin die Möglichkeit offen gelassen bleiben, ein entsprechendes Objekt zu einem marktkonformen / ortsüblichen Preis an Dritte veräussern zu können. Dies gilt ebenfalls für Flächenverkäufe im Zusammenhang mit Grenzbereinigungen.
Die im Vorstosstext ausserdem propagierte Abgabe von Land im Baurecht ist nicht als probates Mittel zur Erreichung von «mehr Einfluss auf und Steuerung von Entwicklungen» bei städtischen Grundstücken geeignet, werden doch Baurechtsverträge bekanntermassen auf eine lange, vertraglich festgelegte Dauer und ohne ordentliche Kündigungsmöglichkeit abgeschlossen. Das Land wird somit wieder für Jahrzehnte blockiert.
Aufgrund der vorerwähnten Erwägungen erachtet der Stadtrat, das von den Motionären verlangte faktische Verkaufsverbot als nicht praktikabel bzw. kontraproduktiv sowie die diesbezüglich geforderte Anpassung der Richtlinie als nicht opportun respektive notwendig und beantragt deshalb, die Ablehnung der Motion bzw. des Postulats ab.