Am 27. März 2003 hat Rolf Sommer im Gemeindeparlament eine Interpellation mit folgen-dem Wortlaut eingereicht:
„Der Stadtrat von Olten wählte am 3. März 1997 (Stadtratsprotokoll) aus vielen Bewerbern Peter Hänggi zum Polizeikommandanten der Stadt Olten. Im weiteren steht im Protokoll, Zitat aus Beschluss: „2. Herr Peter Hänggi hat innert einem Jahr ab Stellenantritt Wohnsitz in Olten zu nehmen, ansonsten das Arbeitverhältnis aufgelöst wird.“ Peter Hänggi war damit einverstanden. Meine Recherchen ergaben, dass er seit dem Stellenantritt, am 1. August 1997, nie in Olten wohnte, sondern immer in Starrkirch-Wil. Das ist nur eine der Ungereimtheiten im Zusammenhang mit unserem heutigen Polizeikommandanten.
Die Wahl von Peter Hänggi gab zu einigen öffentlichen Diskussionen und Fragen Anlass. „Wieso und warum ausgerechnet Peter Hänggi?“ Er ist in Olten kein Unbekannter, man kennt seine persönlichen Stärken und Schwächen.
Vermutlich hat der Stadtrat den Punkt im Anforderungsprofil der Ausschreibung, „gute Kenntnisse von Olten und Umgebung sind von Vorteil“, sehr hoch gewichtet. Welche Kenntnisse gefordert sind, ist nicht definiert. Es könnten die geographischen, die politischen oder sogar der „Filz“, der bekanntlich warm gibt (Aussage einer FDP-Nationalrätin) von Olten und Umgebung gemeint sein.
Zu den vielen Ungereimtheiten, die sich rund um unseren Polizeikommandanten ranken, stelle ich folgende Fragen:
1. Wie hoch wurden die einzelnen Anforderungsprofile bei der Wahl des Polizeikommandanten gewichtet, insbesondere „Gute Kenntnisse von Olten und Umgebung sind von Vorteil“?
2. Warum wurde Punkt 2 des Beschlusses nicht vollzogen oder durchgesetzt und das Arbeitsverhältnis gekündigt? Wer trägt die Verantwortung und übernimmt die Konsequenzen?
3. Was kostet der Stadt Olten die nachträgliche „fachliche“ Ausbildung des Polizeikommandanten (detaillierte Angaben der Kurse und der Kosten) und wie hoch sind die jährlichen Steuerausfälle, die der Stadt entstehen, weil er seinen Wohnsitz nicht in Olten hat und kann dies der Stadtrat verantworten?
4. Welchen Einfluss hat der Präsident des Städtischen Polizeibeamtenverbandes, Mario Walser, Stichwort „Wilerweg 22“, im Besonderen auf die Polizeikommandantenwahl und im Allgemeinen auf die Polizeibeförderungen aus?
5. Ist es wahr, dass der Stadtrat und der Polizeikommandant dulden, dass diensthabende Korpsangehörige Botengänge (Einkäufe erledigen) für Mario Walser ausführen?
6. Bestehen zwischen dem Polizeikommandanten und seinem direkten Vorgesetzten, dem Chefbeamten Sicherheit, Franco Giori, Friktionen und aus welchen Gründen?
7. Die Kompensationen von sogenannten Überstunden des Polizeikommandanten geben nicht nur polizeiintern, sondern auch verwaltungsintern zu regen Diskussionen Anlass. Wurden seine Stundenrapportierungen auf ihre Ordnungsmässigkeit überprüft und von wem? Von welchen Fachpersonen wird Peter Hänggi betreffend seiner Führung und seinen fachlichen Aufgaben, Handlungen und Tätigkeiten überprüft (Qualitätssicherung und –management)?
8. Wie stuft der Stadtrat die Zufriedenheit der Bevölkerung mit dem städtischen Polizeikorps ein und wäre er bereit die städtische Polizei, ähnlich dem VSA-Bericht, überprüfen zu lassen?“
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Stadträtin Doris Rauber beantwortet im Namen des Stadtrates die Interpellation wie folgt:
Einleitung: Der heutige Stadtrat versteht die Aussagen des Interpellanten in Bezug auf „die geographischen, die politischen oder sogar der Filz, der bekanntlich warm gibt“ nicht. Er weist diese Äusserungen vehement von sich.
Frage 1
Die Stellenausschreibung vom 29. Oktober 1996 enthielt folgendes Anforderungsprofil:
· Führungspersönlichkeit mit rascher Auffassungsgabe, Durchsetzungsvermögen und
Entschlusskraft
· Gewandtes und sicheres Auftreten
· Verhandlungsgeschick, Organisationstalent
· Gute mündliche und schriftliche Ausdrucksformen
· Kaderausbildung und mehrjährige Führungserfahrung bei der Polizei, in der Armee oder auf beiden Gebieten ist wünschenswert
· Bereitschaft zur berufsbegleiteten Weiterbildung
· Gute Kenntnisse von Olten und Umgebung sind von Vorteil
· Wohnsitznahme in Olten
Die genaue Gewichtung der einzelnen Anforderungsprofile ist sieben Jahre nach der erfolgten Wahl nicht mehr einfach zu eruieren. Vom vorbereitenden dreiköpfigen Stadtratsausschuss ist nur noch Stadtrat René Rudolf von Rohr im Amt. Generell kann gesagt werden, dass sämtliche Anforderungsprofile eine Rolle gespielt haben, die guten Ortskenntnisse aber insofern stark gewichtet wurden, als mit dem Vorgänger des Polizeikommandanten u.a. aufgrund der fehlenden lokalen Verwurzelung gewisse Probleme entstanden sind.
Frage 2
Ziff. 2 des Beschlusses des Stadtrates vom 3. März 1997 lautete: „Herr Peter Hänggi hat innert einem Jahr ab Stellenantritt (d.h. ab 1. August 1997) Wohnsitz in Olten zu nehmen, ansonsten das Arbeitsverhältnis aufgelöst wird.“ Diese starke Gewichtung der Wohnsitzpflicht stützte sich auf den damals gültigen Art. 30 der Arbeits- und Gehaltsordnung (AGO) vom 6. Juni 1990/12. Mai 1993.
Aufgrund des Beschlusses des Gemeindeparlamentes vom 3. September 1998 (Wahl von Roland Giger zum Rektor; Akten-Nr. 18/18, Prot.-Nr. 6) wurden durch den Stadtrat der Vollzug sämtlicher Wohnsitzpflichten sistiert (Polizeikommandant, Chef Werkhof, Chef Bau II, Leiterin Zivilschutzstelle). Dies geschah im Wissen darum, dass die Regelung der Wohnsitzpflicht gemäss alter AGO bald durch eine neue Regelung ersetzt werden würde. Ein formeller Stadtratsbeschluss betreffend Sistierung der Wohnsitzpflicht existiert allerdings nicht.
In der Zwischenzeit ist die AGO durch das neue Personalreglement (PR) vom 15. November 2001 abgelöst worden. Gemäss Art. 31 PR i.V.m. Art. 26 der Verordnung wurde die Wohnsitzpflicht in der Stadt Olten weitgehend abgeschafft, weil sie als unzeitgemäss angesehen wurde und die Rekrutierung von neuem Personal z.T. stark und unnötig erschwerte.
Aufgrund dieser Erwägungen ergibt sich von selbst, dass niemand die Verantwortung zu tragen oder Konsequenzen zu übernehmen hat.
Frage 3
Peter Hänggi absolvierte verschiedene Stages in diversen Polizeikorps. Er absolvierte die berufsbegleitende 2-jährige Ausbildung zum Polizeioffizier, was aber allgemein üblich ist und auch von seinen Mitbewerbern hätte absolviert werden müssen.
Die Frage nach den jährlichen Steuerausfällen aufgrund des fehlenden Wohnsitzes erübrigt sich nach der Beantwortung von Frage 2. Eine zu enge Betrachtung in der Frage der Steuerausfälle ist zudem mit der heutigen regionalen Sichtweise nicht mehr vereinbar.
Frage 4
Die Wahl des Polizeikommandanten erfolgte wie erwähnt durch den Stadtrat. Ob der Präsident des städtischen Polizeibeamtenverbandes mit einzelnen Mitgliedern des Stadtrates im Vorfeld der Wahl Kontakt hatte, kann zwar nicht ausgeschlossen werden, doch dürften diese Kontakte keinen entscheidenden Einfluss auf die Wahl gehabt haben.
Polizeibeförderungen werden aufgrund der Qualifikationen durch die Dienstchefs vorge-schlagen. Der Kommandant leitet diese weiter an die Direktionsvorsteherin z.Hd. des Stadtrates.
Frage 5
Es bestehen gemäss klarer Aussage des Polizeikommandanten keine Dienstaufträge für Botengänge für Mario Walser. Sollte es in der Vergangenheit zu solchen Botengängen gekommen sein, wäre dies nicht zu vereinbaren mit einem korrekten Dienstbetrieb. Die Fragestellung des Interpellanten basiert offenbar auf Gerüchten.
Frage 6
Bis zur Teilsuspendierung am 9. Dezember 2002 war Franco Giori direkter Vorgesetzter des Polizeikommandanten wie auch des Feuerwehrkommandanten. Es ist zutreffend, dass in dieser Zeit gewisse Friktionen wegen Kompetenzabgrenzungen zwischen Franco Giori und Peter Hänggi entstanden sind. Mit Hilfe einer externen Konfliktmoderation wurden diese Probleme jetzt aber angegangen und die Moderation steht kurz vor dem erfolgreichen Abschluss.
Frage 7
Der Polizeikommandant ist ein Kadermitglied der städtischen Verwaltung. Sein Arbeitseinsatz ist auf Vertrauensbasis geregelt.
Die Polizeiarbeit ist insofern speziell, da es sich um einen 24-Stunden-Betrieb handelt. Alle Angehörigen der Stadtpolizei sind von der automatischen Zeiterfassung ausgenommen. Der Arbeitseinsatz richtet sich nach dem Dienstplan. Direkte Vorsteherin des Polizeikommandanten ist heute die zuständige Stadträtin.
Es ist richtig, dass Kompensationen des Polizeikommandanten stattfinden oder stattgefunden haben.
Frage 8
Die Zufriedenheit der Bevölkerung mit dem städtischen Polizeikorps scheint im Allgemeinen gut zu sein. Im Rahmen einer im laufenden Jahr geplanten Bevölkerungsbefragung soll unter anderem auch das Sicherheitsempfinden thematisiert werden. Nach bisherigen Erfahrungen wünscht die Bevölkerung unter anderem vermehrt Geschwindigkeitskontrollen in den Quartieren und wesentlich mehr Präsenz der Polizistinnen und Polizisten als Präventionsmassnahmen.
Im Tätigkeitsprogramm des Stadtrates 2003 findet sich bei der Direktion Öffentliche Sicherheit unter anderem das Projekt „Gemeinsam für Sicherheit in Olten“ mit Überprüfung der Direktion Öffentliche Sicherheit. Der Stadtrat entschied sich dann im Laufe des Jahres zuerst das Projekt „ 5 Stadtratsmitglieder sind genug“ anzugehen. Im Tätigkeitsprogramm 2004 findet sich unter anderem das Thema wieder: „Sichtbare Präsenz der Stadtpolizei in der ganzen Stadt erhöhen und Sicherheitsempfinden der Bevölkerung verbessern.“
Die Direktion Öffentliche Sicherheit hat dem Stadtrat einen Bericht und Antrag „Überprüfung: Neuausrichtung der Direktion Öffentliche Sicherheit“ vorgelegt, welcher am 16. Februar 2004 einstimmig gutgeheissen worden ist. Diese Überprüfung wie sie der Interpellant und auch der Stadtrat erwähnt, ist somit eingeleitet.