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Weniger, aber gesündere Stadttauben in Olten!
Einfach Futter hinzuschmeissen und dann gehen, ohne zu wissen, was mit den Tieren passiert – ist verantwortungslos
Der Hauptgrund für die Überpopulation liegt bei der systematischen Fütterung der Tauben. Dabei würden die Vögel auch ohne massive Zufütterung unseren Städten erhalten bleiben. Die herumliegenden Essensreste und das natürliche Nahrungsangebot würden vollkommen ausreichen, um einen gesunden Bestand aufrechtzuerhalten. Bei systematischen Ausbringen von Futter, wie es auch in Olten von gut meinenden „Taubenfreunden“ praktiziert wird, kann eine Taube innerhalb weniger Minuten ihren Tagesbedarf an Nahrung von 20 bis 50 Gramm aufnehmen und sich dann ausschliesslich der Fortpflanzung widmen – und dies fast das ganze Jahr hindurch, eine Brut nach der andern. Obwohl ein Gelege nur aus zwei Eiern besteht, zieht ein Taubenpaar so jährlich bis zu zwölf Junge gross.
Durch das schlaraffenähnliche Nahrungsangebot in den Städten steigt also die Taubenpopulation an. Gleichzeitig nehmen aber geeignete Nistplätze wie offene Dachböden ab. Die Stadttauben werden so in eine eigentliche „Slumsituation“ gedrängt. Sie brüten in Verkehrsampeln, unter Dachgiebeln oder Leuchtschriften, auf ungeschützten Mauervorsprüngen und auf Bäumen. Taube drängt sich an Taube, eine Stresssituation, welche die Ausbreitung von Krankheiten (Ornithose) und Parasiten (Flöhe, Milben und Zecken) beschleunigt, die zudem auch für den Menschen und seine Haustiere bei engem Zusammenleben und häufigen Kontakten ein gesundheitliches Risiko darstellen können. Im Zusammenhang mit der Vogelgrippe hält aber das Bundesamt für Veterinärwesen fest, dass Tauben kaum von der Vogelgrippe befallen werden und sie das Virus auch nicht weitergeben. Das Strassentaubenproblem ist vor allem ein Problem für die Tauben. Wer Tauben füttert, ohne ihnen eine brauchbare Nistgelegenheit anzubieten, bringt die Tiere in eine Notsituation.
Die Liste der gescheiterten Dezimierungsmassnahmen ist lang
Wenn eine Tierart dem Menschen schadet oder lästig wird, versucht er meistens, einfach möglichst viele Individuen zu töten. Die Erfahrung hat aber gezeigt, dass es nicht möglich ist, einen Taubebestand durch eine Erhöhung der Mortalität nachhaltig zu reduzieren, wenn nicht gleichzeitig die Nahrungsgrundlage gesenkt wird. Reine Tötungsaktionen durch Abschuss, Fang oder Vergiftung waren erfolglos. Auch die Taubenpille erwies sich ebenfalls als sehr problematisch. Die behandelten Tauben starben grösstenteils an Vergiftungen und die nicht behandelten Tiere pflanzen sich umso erfolgreicher fort. Es ist auch unverantwortlich, giftige Substanzen unkontrolliert in die Umwelt zu bringen, da man nie sicher weiss, was mit ihnen passiert. Das Stadttaubenproblem muss also tierschützerisch als auch ökologisch optimal gelöst werden. Pionierarbeit leistete der Basler Ökologe Dr. Daniel Haag. Durch intensive Aufklärungsarbeit konnte die Taubenpopulation in Basel innerhalb von vier Jahren um die Hälfte gesenkt werden. Auch in Olten soll der Hauptadressat der Bemühungen die Be-völkerung sein, das heisst vor allem die Taubenfreunde.
Das Problem an der Wurzel anpacken – Aufklärung mit Plakataktion
In wenigen Tagen wird die Umweltfachstelle eine Informationskampagne anlässlich des Wildblumenmarktes vom 3. und 5. Mai (Wochenmärkte) starten. An verschiedenen Orten der Stadt stehen Plakate, in den die Bevölkerung aufgerufen wird, die Tauben nicht mehr zu füttern. Ausserdem erfährt der Leser Näheres über Tauben und deren Lebensgewohnheiten. Die Plakate stehen an Orten, an welchen sich die Leute viel aufhalten: Alte Holzbrücke, Stadtkirche, Platz der Begegnung, Bahnhofplatz. Die Plakate werden in den kommenden Sommermonaten immer wieder verstellt. Die Aktion wird durch den Schweizer Tierschutz STS, den Tierschutzverein Olten und Umgebung und den Ornithologischen Verein Olten unterstützt. Zudem wird mittels Flyer und Gesprächen den Passanten erklärt, welche Auswirkungen das Taubenfüttern hat und welche Massnahmen die Stadt Olten unternimmt, um die Lebensbedingungen der Tauben zu verbessern. Um den Leuten eine Alternative für ihr Altbrot zu bieten, wird der Werkhof als Versuch bei der Alten Brücke einen Brotkasten aufstellen. Das Brot kommt den Tieren im Wildtierpark Mühlitäli zu Gute.
Fang und Abschuss als Einzelmassnahme bringen keinen Erfolg. Fangaktionen sollen daher kein Ziel sein. Aber wenn eine Reduktion der Nahrungsmenge erreicht wird, garantieren flankierende Fangaktionen, dass keine Tiere verhungern oder nicht durch Nahrungsmangel geschwächt leichter Opfer von Krankheiten und Parasiten werden. Durch diese Massnahme kann die Taubenpopulation schneller der verringerten Nahrungsgrundlage angepasst wer-den. Diese jährlichen Fänge sollen weniger als 20% der Tauben betreffen.
Vorbildliche Tierhaltung durch betreute Taubenschläge
Die Umweltfachstelle plant die Errichtung von mindestens drei Taubenschlägen in öffentlichen Gebäuden. So will sie zeigen, dass es nicht ihre Absicht ist, die Strassentauben auszurotten, sondern einen kleinen und gesunden Bestand anzustreben. Diese kontrollierten Schläge sollen wöchentlich durch eine Taubenwart gereinigt und überwacht werden. Wenn die einzelnen Schwärme zu stark anwachsen, werden als Regulationsmassnahme befruchtete Eier aus den Nestern genommen und durch abgestorbene ersetzt. Die kontrollierten Bedingungen im Schlag führen zu einem verbesserten Gesundheitszustand der Tiere. Es besteht die Möglichkeit, auf Parasiten- und Krankheitsbefall zu reagieren. Da die Tauben einen grossen Teil ihres Kots im Schlag abgeben, werden Gebäude und Denkmäler weniger verschmutzt. Durch das Angebot der Brutplätze im Schlag wird unerwünschtes Nisten an Häusern und in Estrichen verringert. Durch diese vorbildliche Tierhaltung wird demonstriert, dass es nicht genügt, den Tauben einfach nur Futter hinzuwerfen und den Rest der Allgemeinheit zu überlassen. Eine Taubenhaltung beinhaltet auch die Beherbergung und die veterinärmedizinische Versorgung der Tiere.