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„Integrationsarbeit soll gelebter Alltag sein“
Donata Mikosch: Ich spüre das hier auf der Fachstelle derzeit nicht eins zu eins, denn die Integrationsarbeit erfolgt vorab präventiv mit Fokus auf Bildung und Sprache. Das bedeutet, die Leute kommen vielfach, weil sie sagen, sie haben generell wegen mangelnder Sprachkenntnisse Probleme bei der Stellensuche, nicht nur in der Krise.
Wie ist der Stand der Dinge beim Aufbau der Integrationsstelle?
Zu Beginn ging es darum, aufzulisten, welche integrationsfördernde Angebote es überhaupt gibt, und zwar von der Stadt als auch von anderen Stellen. Das ist abgeschlossen. Ich habe mit vielen wichtigen Gruppen und Schlüsselpersonen in der ausländischen Bevölkerung Kontakte knüpfen können. Das ist wichtig, damit diese überhaupt wissen, dass es die Integrationsstelle gibt und dieses Wissen weitergeben können. Teile der ausländischen Bevölkerung erreicht man nicht über klassische Kommunikationskanäle. Ich arbeite laufend daran, alle relevanten Akteure, die bei der Integration helfen können, mit der ausländischen Bevölkerung zusammen zu bringen. Einige Projekte sind schon realisiert.
Und wie sind die Reaktionen?
Im Durchschnitt kommen pro Woche vier bis sechs Personen zu mir ins Büro, ich erhalte einige E-Mails. Nach meinem Eindruck ist ein Grossteil der Ausländerinnen und Ausländer sehr interessiert daran, sich zu integrieren. Die Informationsveranstaltungen und Deutschkurse sind gut bis sehr gut besucht.
Die Nachfrage nach Mutter-Kind-Deutschkursen im Sommer war sogar so gross, dass das Budget für das laufende Jahr aufgestockt wurde.
Ja, die Nachfrage ist sehr erfreulich. Wir werden die Kurse nächstes Jahr wieder anbieten.
Die Sprachkurse „Deutsch im Park“ sind Ihr „Kind“. Man braucht sich nicht anmelden, jeder kann sich einfach dazusetzen. Wie ist Ihr Fazit?
Der Bericht dazu ist in Kürze fertig. Ich weiss aber schon, dass die Kurse sehr gut besucht waren. Übrigens nicht nur von Frauen und Kindern, sondern auch von Männern. Eine Reihe von Teilnehmenden hat sich später in reguläre Sprachkurse eingeschrieben. Diese Brückenfunktion der Kurse ist wertvoll. Das Angebot wird es nächstes Jahr wieder geben.
Nach Ihrer bisherigen Erfahrung: Wo drückt in der Integrationsarbeit in Olten am meisten der Schuh?
Bei der Präventionsarbeit im Sprach- und Bildungsbereich im Vorschulalter. Wir haben zunächst analysiert, wo wir die Kinder am besten erreichen können. Da dies in Spielgruppen und Kinderkrippen am ehesten der Fall ist, wird es ab Frühling Weiterbildungsangebote für die Sprachvermittlung für Gruppenleiterinnen durch die IG Spielgruppe Schweiz geben. Das Ziel ist, bis in fünf Jahren ein flächendeckendes Angebot an Frühförderungsmassnahmen im Sprachbereich aufgebaut zu haben. Wichtig ist auch, dass Angebote, die Integration ermöglichen und fördern, besser bei der ausländischen Bevölkerung bekannt gemacht werden. Zum Beispiel Spielgruppen, Kinderkrippen oder Vereine.
Die Stelle der Integrationsbeauftragten ist mit einem Pensum von 50 Prozent ausgestattet. Reicht das aus?
Das ist eine schwierige Frage, denn man kann natürlich immer noch mehr machen. Aber meine Aufgabe ist ja vor allem, den Bedarf aufzunehmen, ihn an die bereits bestehenden städtischen Stellen und an Organisationen weiterzuleiten und bei der Umsetzung von Massnahmen zu helfen. 50 Prozent tönt vielleicht nach wenig, aber die Stelle bewirkt auch einen Multiplikatoreffekt. Zum Beispiel, indem ich mit Schlüsselpersonen in den Quartieren arbeite, welche die Informationen über unsere Angebote in ihre Bekanntenkreise weitertragen. Auch verschiedene Akteure und Gruppen zusammenzubringen und diese dann fachlich zu begleiten, gehört dazu.
Wie sieht so etwas konkret aus?
Das Projekt Family Literacy, bei dem türkischsprachige Kinder Geschichten in ihrer Muttersprache lesen, ist so entstanden. Kindern, die ihre Muttersprache beherrschen, fällt es leichter, eine Fremdsprache zu lernen. Die Initiantin kam zu mir und fragte, wie sie diese Kinder am besten erreichen könne. Mit Hilfe der Einwohnerkontrolle konnten wir die Familien dann gezielt ansprechen. Ein weiteres Beispiel: Ende November fand das erste Mal die Informationsveranstaltung „Ein Blick ins Innere der Demokratie“ im Stadthaus statt, wo sich die ausländische Bevölkerung über das hiesige politische System und die Verwaltung informierte. Die ausländischen Oltnerinnen und Oltner wurden vor allem durch persönliche Kontakte der Schlüsselpersonen auf die Veranstaltung aufmerksam gemacht, und es sind erfreulich viele gekommen.
Was entgegnen Sie denen, die meinen, Integrationsbeauftragte sei ein unnötiger Alibi-Posten, weil es schon vorher Integrationsprojekte gab?
Jetzt haben wir die Möglichkeit, eine nachhaltige, auf verschiedenste Bereiche abgestimmte Integrationsarbeit zu machen. Mit einzelnen Projekten geht das nicht. Und eine koordinierende Stelle ist wichtig, das genannte Projekt Family Literacy ist ein Beispiel. Nachhaltig heisst, dass auf Dauer in den so genannten Regelstrukturen, also Schule, Polizei, Einwohnerkontrolle oder anderen Stellen in der Verwaltung, integrationsfördernde Angebote etabliert sind. Ein Beispiel dafür ist die Sprachförderung im Vorschulalter in Krippen und Spielgruppen. Integrationsarbeit soll gelebter Alltag sein. Dann ist sie auch wirksamer.
Integration ist ein wichtiger Teil beim Quartierentwicklungsprojekt Chance Olten Ost. Gibt es hier schon konkrete Ergebnisse?
Aus Gesprächen vor allem mit Vertretern der dortigen Schulen ist ein Projekt „Empfang fremdsprachiger Eltern in Olten“ für die gesamte Stadt entstanden. Hintergrund ist das geäusserte Bedürfnis von Schulvertretern und Eltern, in einer ganz normalen, entspannten Situation aufeinander zugehen und gegenseitige Erwartungen äussern zu können. Das soll Konflikte verhindern. Bislang führt oft ein Problem in der Schule zum ersten Aufeinandertreffen. Die für das Projekt zuständige Arbeitsgruppe nimmt ihre Arbeit im Januar auf, im Sommer sollen die Empfänge starten. Am 23. Januar findet ein Workshop zur Quartierentwicklung auf dem rechten Aareufer mit der Bevölkerung statt. Hier gilt es, vor allem auch die ausländische Bevölkerung zum Mitmachen zu bewegen.
Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen. Wie fällt Ihre Bilanz für 2009 aus?
Sehr positiv. Die Arbeitsbedingungen sind sehr gut, weil wir im Stadthaus kurze Wege haben. So kann ich mit den verschiedenen Stellen hervorragend zusammenarbeiten.