1. Ausgangslage
Dank ihrer Anpassungsfähigkeit ist die Stadttaube eines der wenigen Tiere, welches als Kulturfolger in grosser Zahl das auf den Menschen ausgerichtete Ökosystem der Stadt optimal nutzen kann. Die Stadt diente den Tieren bis ins 20. Jahrhundert hauptsächlich als Brutplatz. Solange Stadtbewohner gezwungen waren, mit ihren Lebensmitteln haushälterisch umzugehen, waren die herrenlosen Tauben nur durch Feldern im Umland in der Lage, den Nahrungsbedarf für sich und ihre Brut zu beschaffen. Damals waren Habicht und Wanderfalke noch weit verbreitet, welche die feldernden Tauben dezimierten. Die Brutmöglichkeit war auf die nahrungsreiche Zeit beschränkt.
Heute bilden weggeworfene Nahrungsmittel und übertriebene Fütterung durch „Taubenfreunde“ die eigentliche Nahrungsgrundlage – und dies mitten in der Stadt. Die wichtigsten Funktionen für die Bestandesregulation wie Nahrungsmangel und Jagddruck sind weggefallen. Der Taubenbestand kann sich nun entsprechend dem übermässigen Nahrungsangebot fast ungehindert entwickeln. Die eingeschränkten Nistmöglichkeiten zwingen die Tauben, auf ungünstige Standorte auszuweichen. Die Folge ist eine sogenannte Verslumung des Bestandes. Diese führt zusammen mit der erhöhten Übertragung von Krankheiten und Parasiten zu einer verminderten Widerstandskraft der Individuen und bildet somit den derzeit einzigen Begrenzungsfaktor für die Bestandesgrösse.
Die Umweltfachstelle hat in einer Koordinationskonferenz die Baudirektion eingehend über die Stadttaubenproblematik in Olten informiert. Die Taubenplage in Olten hat bereits im Jahre 1990 ein enormes Ausmass angenommen und Massnahmen waren notwendig. Damals wurde eine Arbeitsgruppe gebildet, die vom damaligen Stadtrat den Auftrag erhalten hat, das Problem in den Griff zu bekommen. Lösungen wurden aufgezeigt, leider aber nicht umgesetzt. Aufklärungsaktionen wurden erst im Jahre 2002 vorgenommen, nachdem im Jahre 2000 ein Postulat eingereicht wurde. Im Februar 2006 wurde unter der Leitung der Umweltfachstelle eine Taubenzählung durchgeführt, welche Aufschluss über den Taubenbestand in Olten gab. Die Zählung zeigte, dass der Stadttaubenbestand zwischen den Jahren 1991 und 2006 nicht etwa abgenommen, sondern zugenommen hat. Zum Vergleich 1991: 2400 – 3600 Tauben; 2006: 3100 – 4600 Tauben. Dieser massive Überstand hat für die Stadt, aber vor allem für die Tauben negative Auswirkungen. Deshalb müssen zwingend Massnahmen getroffen werden.
Durch verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass ausschliesslich die zur Verfügung stehende Nahrungsmenge die Grösse der Taubenpopulation begrenzt. So soll auch in erster Priorität die Öffentlichkeitsarbeit stehen. Der Bevölkerung soll erklärt werden, dass das Taubenfüttern den Tieren schadet und eine indirekte Form der Tierquälerei ist. So lancierte im Mai 2007 die Umweltfachstelle Olten mit Unterstützung des Schweizer Tierschutzes, des Ornithologischen Vereins Olten und des Tierschutzvereines Olten und Umgebung eine Plakataktion. An den Hauptfütterungsorten der Stadt Olten stehen Informationstafeln, mit denen die Bevölkerung aufgerufen wird, die Tauben nicht mehr zu füttern. Ausserdem erfährt der Leser Näheres über die Tauben und deren Lebensgewohnheiten. Für das Jahr 2008 ist das Einrichten von zwei betreuten Taubenschlägen geplant. Drei weitere Taubenschläge sollen folgen. Die Taubenschläge sollen den Tieren gute Brutbedingungen bieten, aber auch erlauben, die Taubenpopulation durch die Entnahme von Eiern und ihren Ersatz von Gipseiern zu kontrollieren. Ausserdem gibt ein Flyer des Schweizer Tierschutzes vertiefte Informationen über die Problematik des Fütterns und zeigt die konkreten Massnahmen und Ziele der Stadt Olten auf. Die Bevölkerung wurde ausserdem aus-
führlich in der Tagespresse (OT, 3. Mai 2007) über die Plakataktion und die weiteren Massnahmen betreffend der Stadttaubenproblematik in Olten informiert.
2. Problemstellung
Fang und Abschuss als Einzelmassnahme bringt keinen Erfolg. Abschüsse sollen daher kein Ziel sein. Aber wenn eine Reduktion der Nahrungsmenge erreicht wird, dies ist durch die Plakataktion und die fortlaufende Öffentlichkeitsarbeit möglich, sollte die Populationsgrösse der Stadttauben dem verringerten Nahrungsangebot angepasst werden. Diese Massnahme verhindert, dass Tiere verhungern oder durch Nahrungsmangel geschwächt leichter Opfer von Krankheiten und Parasiten werden. Durch die Überpopulation in Olten sind auch sehr viele Tauben krank, haben verkrüppelte Füsse. Diese Tauben können durch die Fangaktionen entfernt und ausgemerzt werden.
Mögliche Fangmethoden von Stadttauben:
· Das Abschiessen der Tauben mit Kleinkalibergewehren.
Diese Methode birgt immer eine gewisse Unfallgefahr in sich und es gelingt auch einem guten Schützen kaum, jedes Tier sofort zu töten. Angeschossene Tiere fliehen und sind meist nicht mehr auffindbar. Die Akzeptanz in der Bevölkerung ist auch aus anderen Gründen sehr gering.
· Schlafmittel (Alpha-Chloralose) wirken langsam und bei erhöhter Dosis tödlich.
Die betäubten Tiere können sich beim Schlafsturz verletzen und laufen in der Stadt Gefahr, von Autos angefahren zu werden. Das Mittel wirkt zudem nicht artspezifisch. Für die Stadt Olten kommt ein Einsatz von Narkotika nicht in Frage.
· Beizfalken werden in Ungarn zur Jagd auf Stadttauben eingesetzt.
Obwohl diese Methode durch die Erhöhung des Jagddruckes eine ökologisch interessante Variante darstellt, steht die Anzahl ausgemerzter Tiere in keinem Verhältnis zum Aufwand.
· Zum Fang werden unterschiedlichste Methoden angewendet. Grundsätzlich werden die Tiere mit Futter angelockt und dann in Kastenfallen, Drahtgitterfallen oder mit Netzen gefangen.
Kastenfallen sind recht verbreitet. Die Tiere können sich aber beim panischen Fluchtversuch am Drahtgitter verletzten. Wurf- oder Zugnetze sind bezüglich der Bedienung anspruchsvoller, können aber sehr flexibel und effizient eingesetzt werden. (verschiedene Produkte siehe Beilage 1).
3. Lösung
Für die Umweltfachstelle kommt daher nur die Fangvariante für eine Anpassung der Populationsgrösse der Oltner Stadttauben in Frage.
Im Folgenden sind verschiedene Fangmethoden beschrieben, wie sie in der Stadt Bern und Aarau durchgeführt werden.
Fangaktionen in der Stadt Bern
In der Stadt Bern werden sporadisch Fangaktionen durchgeführt. Je nach Beobachtungen oder Reklamationen werden die Stadttauben an den jeweiligen Orten eingefangen an denen sie stören und in übergrosser Zahl vorkommen (meistens sind dies auch Fütterungsorte). Die Fangaktionen werden vom Taubenwart durchgeführt (betreut insgesamt 5 Taubenschläge in Bern). Über die Fangaktionen wird die Flurpolizei im Voraus informiert. Während der Aktion ist auch immer die Flurpolizei zur Stelle, da sehr aufgebrachte Taubenfreunde auch durch aufklärende Gespräche nicht beruhigt werden können.
„Selbstkonstruierte Gitterfalle“: Falle wird mit einer Seilkonstruktion an einem Baumast befestigt. Die Tauben werden gefüttert und die Gitterfalle über die fressenden Tauben fallen gelassen. Die gefangenen Tauben werden in Transportboxen überführt und in den Werkhof gebracht. Dort werden sie tierschutzgerecht getötet.
Fangaktionen in der Stadt Aarau
Fangaktionen in Aarau werden ebenfalls sporadisch (ca. 3 Mal pro Jahr) durchgeführt. Die Tauben werden angefüttert und mit einer Fangnetzapparatur gefangen. Der kantonale Jagdaufseher organisiert und koordiniert diese Fangaktionen. Ein Mitarbeiter des Werkhofs unterstützt ihn bei den Aktionen. Der kantonale Jagdaufseher betreut ebenfalls den einzig bestehenden Taubenschlag in Aarau (Graben 9), wobei die Reinigung durch den Werkhof getätigt wird. Manchmal seien auch zusätzliche Fangaktionen nötig, die nach Reklamationen meistens innerhalb privater Hausliegenschaften durchgeführt werden müssen. Hier kommen dann Fänge mit der Gitterfalle zum Einsatz. Die Bevölkerung wird über die Fangaktionen nicht im Voraus informiert, hingegen findet eine enge Zusammenarbeit mit dem kantonalen Veterinäramt statt. Während der Durchführung hat sich das Gespräch mit aufgebrachten Taubenfreunden am besten bewährt. Um eine grosse Aufruhr der Passanten zu vermeiden, werden die Fangaktionen sehr früh am Montagmorgen durchgeführt.
4. Fazit
4.1 Fangaktionen
Die Umweltfachstelle schlägt vor die Fangtechnik zu übernehmen, wie sie in der Stadt Aarau angewendet wird. Das Fangen mit Netzen erlaubt einen sehr flexiblen und effizienten Einsatz.
Die Durchführung solcher Fangaktionen braucht eine schriftliche Bewilligung des kantonalen Amtes, Abteilung Jagd und Fischerei. Die Umweltfachstelle wird die Bewilligung beim Kanton anfordern.
Die Fangaktionen werden durch den städtischen Jagdaufseher geleitet. Die Tauben werden in den Morgenstunden durch Futtergaben angelockt und mit Netzen gefangen. Die eingefangenen Tauben werden in dunkle Behältnisse überführt. Im Werkhof werden die Tiere anschliessend tierschutzgerecht vom städtischen Jagdaufseher ausgemerzt und der Kadaververwertung zugeführt.
Die Fangaktionen sollen nur während der Winterperiode durchgeführt werden. So kann ver-mieden werden, dass Elterntiere gefangen werden und Jungtiere verhungern müssen.
Erfahrungsgemäss stossen heimliche Tötungsaktionen auf wenig Verständnis in der Bevöl-kerung und können zu erheblichen Behinderungen und Anfeindungen führen. Die Öffentlichkeit wird daher vorgängig durch eine kurze Mitteilung in der Presse (Oltner Tagblatt) über die Art und das Ziel der Taubenfangaktion orientiert.
Pro Fangaktion müsste beim Werkhofpersonal mit einem Aufwand von 8 Mannstunden gerechnet werden. Die Umweltfachstelle ist bei Fangaktionen anwesend, um allenfalls aufgebrachten Passanten die Notwendigkeit der Aktion im Gespräch zu erklären. Ausserdem ist die Anwesenheit eines Polizisten erforderlich.
Im Jahr 2008 sind zwei Aktionen geplant (Februar/März und November).
4.2 Flankierende Massnahmen
Allen Ausmerzmethoden steht das enorme Fortpflanzungspotential der Tauben gegenüber. Bestandeslücken werden innert kurzer Zeit wieder geschlossen. Die aufgeführte Massnahme zielt auf die Folgen der grossen Reproduktionsrate der Stadttauben ab. Die eigentliche Ursache ist das übermässige Füttern. Dieses Problem sollte durch kontinuierliche Öffentlichkeitsarbeit angegangen werden. Den Stadttauben werden durch die neu entstehenden Taubenschläge (vorerst zwei), kontrollierte und hygienische Brutbedingungen geboten, ausserdem ist ein Taubenmanagement gut umsetzbar (Geburtenkontrolle).
· Öffentlichkeitsarbeit soll mittels Medien über die negativen Auswirkungen des Taubenfütterns informiert werden.
· Einrichtung von zwei Taubenschlägen im Hübeli- und Bifangschulhaus (evtl. Distelihaus) (Budget 2008 mit Fr. 40'000.- / Konto 770.361.01). Drei weitere Taubenschläge sollen folgen.
4.3 Finanzierung
Die Finanzierung der Anschaffungskosten für die Fangnetze und Transportkisten sind im Budget 2008 vorgesehen (Konto 770.361.01). Pro Fangaktion müsste beim Werkhofpersonal mit einem Aufwand von 8 Mannstunden gerechnet werden. Bei 2 Fangaktionen sind dies 16 Stunden, die zu Lasten des Kontos 770.301.05 gehen.
Beschluss:
1. Das von der Umweltfachstelle vorgeschlagene Vorgehen zur Reduktion des Stadttaubenbestandes wird gutgeheissen.
2. Die Umweltfachstelle legt den Zeitpunkt der Fangaktionen fest und wird beauftragt, diese mit der Unterstützung des Jagdaufsehers der Stadt Olten durchzuführen.
3. Pro Fangaktion unterstützen zwei Werkhofmitarbeiter den städtischen Jagdaufseher. Die Umweltfachstelle und ein Polizeibeamter sind am Fangaktionsort anwesend.
4. Die Umweltfachstelle wird beauftragt, die Öffentlichkeitsarbeit über das Ziel der Fangaktionen und die negativen Auswirkungen des Taubenfütterns zu informieren.