Ausgangslage
In der Schweiz ereignen sich im Mittel etwa 200 Erdbeben pro Jahr, wovon jedoch nur 10 % für den Menschen spürbar sind. Die letzten Erdbeben mit Schadenfolgen ereigneten sich 1946 in Sion und 1855 in Visp. 1356 zerstörte ein starkes Erdbeben grosse Teile der Stadt Basel. Die Intensität eines Bebens kann so heftig sein, dass Gebäude, Brücken oder Dämme je nach Untergrund und Bauart einstürzen können.
Gemäss der Erdbebengefährdungskarte des Schweizerischen Erdbebendienstes sind namentlich die Kantone Wallis, Basel-Stadt und Basel-Landschaft, Luzern (insbesondere Innerschweiz), Graubünden sowie das St. Galler Rheintal besonders gefährdet.
Erdbeben bilden eine ernste Bedrohung für die Bevölkerung, die Infrastrukturen und die Kulturgüter in der Schweiz, besonders in den erwähnten Regionen. Wenn man die Schutzmassnahmen vergleicht, die bei anderen Naturgefahren eingesetzt werden, dann muss festgestellt werden, dass die Erdbebenvorbeugung hierzulande ungenügend ist.
Eine Arbeitsgruppe bestehend aus Vertretern des Schweizerischen Versicherungsverbandes, der kantonalen Gebäudeversicherungsanstalten und des Bundesamtes für Privatversicherungen hat nun ein Modell entwickelt, welches die Elementarschadendeckung um das bis heute nicht versicherte Ereignis Erdbeben ausbauen soll. Diese Erdbebenversicherung soll als Obligatorium ausgestaltet werden und wird pro Katastrophenereignis eine Versicherungssumme von 10 Mia. Franken abdecken. Auf welchen Zeitpunkt diese Versicherung eingeführt wird, ist noch nicht bekannt. Der Wunschtermin 1. Januar 2009 ist nicht mehr realistisch. Neuer Zieltermin ist der 1. Januar 2010.
Derzeit bestehen der „Schweizerische Pool für Erdbebendeckung“ und der „Erdbebenfonds der Gebäudeversicherung des Kantons Zürich“. Ersterer steht für die Kantone mit Gebäudeversicherungsmonopol, zu denen auch der Kanton Solothurn gehört, zur Verfügung. Der Pool stellt im Falle eines Erdbebens 2 Mia. Franken bereit. Die Bedingungen für eine Auszahlung sind: Das Erdbeben muss mindestens eine Stärke von VII auf der MSK-Skala erreichen.
Pro Gebäude wird ein Selbstbehalt von 10 % der Versicherungssumme, mindestens Fr. 50'000.-- , in Abzug gebracht.
Übersteigt der Gesamtschaden eines solchen Erdbebens die Summe von 2 Mia. Franken, werden die Leistungen anteilmässig gekürzt. Die nicht vom Pool gedeckten Schäden sind vom Hauseigentümer zu tragen.
Ziel des Pools ist es nicht, Schäden vollständig abzudecken, sondern lediglich einen Beitrag an einen Schaden zu leisten. Den einzelnen Hauseigentümern verbleiben hohe Selbstbehalte - je stärker das Beben, umso geringer der Beitrag der Pools an die einzelnen Hauseigentümer. Laut Schätzungen und Aussagen von Bundesrat Moritz Leuenberger müsste man heute bei einer Wiederholung des Erdbebens von 1356 in Basel von einer Schadensumme von bis zu 100 Mia. Franken ausgehen. Dies zeigt, wie gering der Deckungsumfang des Pools sein könnte. Die Leistungen des Pools sind freiwillig und deshalb auch nicht einklagbar. Die Feststellung von Erdbebenschäden ist eine aufwändige Angelegenheit. Deshalb dürfte es Jahre dauern, bis der Verteilungsschlüssel des Pools ermittelt ist.
Nach einer Besprechung mit dem Versicherungsberater hat die Stadtverwaltung Solothurn diese Problematik traktandiert und die Schwesterstädte Grenchen und Olten informiert. Es ist heute in der Schweiz möglich, eine Erdbebenversicherung abzuschliessen. Die Versicherung wird durch die Firma RMS Risk Management Service, Zürich, über Lloyd’s in London platziert. Als einer der weltweit grössten Versicherer ist Lloyd’s aufgrund der globalen Risikodiversifizierung imstande, in der Schweiz Gebäude, Hausrat und Einrichtungen zum Vollwert und ohne Begrenzung der Höchstentschädigungsgrenze - so wie dies der Erdbebenpool der kantonalen Gebäudeversicherungen vorsieht - zu versichern.
Finanzielle Auswirkungen
Aufgrund einer Vollwertversicherung, welche eine Gemeinde im Kanton Aargau abgeschlossen hat, wurden die Prämien für die Liegenschaften im Eigentum der Stadt Solothurn hochgerechnet. Bei einem Gebäudeversicherungswert von rund 300 Mio. Franken und einem Prämiensatz von 90 Rappen pro 1'000 Franken Versicherungssumme sowie einem Selbstbehalt von 5 % der Schadensumme wäre für Solothurn mit einer Jahresprämie von Fr. 270'000.— zu rechnen. Als Alternative käme eine Erstrisiko-Versicherung von 50 Mio. Franken in Frage. Die Prämie betrüge dafür rund 100'000.-- Franken, bei 20 Mio. Franken Erstrisiko wären es immer noch Fr. 60'000.--. Empfohlen würde aber eine Vollwertversicherung, weil die Aufteilung des Erdbebenpools nicht zum Voraus bekannt ist. Es könnte sein, dass nach einem Beben keine Entschädigung aus dem Pool erhältlich wäre, weil die verfügbare Summe für Liegenschaften einer höheren Priorität (z.B. Spitäler) verwendet werden müsste.
Aufgrund der Abklärungen für Solothurn müsste Olten mit einer ähnlichen Kostenfolge rechnen. Das Portefeuille der Liegenschaftenverwaltung hat einen Gebäudeversicherungswert von rund 292 Millionen Franken (Angaben im Verwaltungsbericht 2006, Seite 159).
Antrag
Auch im Bewusstsein, dass solche Katastrophen jederzeit eintreten können, haben die Städte Grenchen und Solothurn auf den Abschluss einer solchen Erdbebenversicherung vorderhand verzichtet. Sie begründen ihren Entscheid mit dem ungünstigen Verhältnis der Prämie zum Risiko und der damit verbundenen Schadensdeckung. Es sind vorerst die Ergebnisse der Abklärungen bezüglich einer obligatorischen nationalen Erdbebenversicherung abzuwarten.
Beschluss:
1. Auf den Abschluss einer Erdbebenversicherung wird vorderhand verzichtet.
2. Die Direktion Finanzen und Informatik wird beauftragt, zu gegebener Zeit über die Ergebnisse der Abklärungen bezüglich einer obligatorischen nationalen Erdbebenversicherung sowie die sich daraus für die Stadt Olten ergebenden Konsequenzen zu informieren und allenfalls zusätzlich erforderliche Massnahmen zu beantragen.