1. Ausgangslage
a) Das Gemeindeparlament beschloss am 15. Mai 2003 die Totalrevision des städtischen Polizeireglements. Im Abschnitt betreffend Nutzung öffentlichen Grundes wurde dabei zur Strassenprostitution folgendes normiert:
„Es ist untersagt, sich in der erkennbaren Absicht zur Prostitution aufzuhalten:
a) Auf Strassen und Plätzen, an denen Wohnhäuser stehen
b) An Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel
c) In und bei Parkanlagen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind
d) In der Nähe von Kirchen, Schulen und Spitälern
Der Stadtrat kann ergänzende Richtlinien erlassen.“
In der Folge hat der Stadtrat am 25. Oktober 2004 in einem Grundsatzentscheid die vor-malige örtliche Zuweisung der Strassenprostitution im Gebiet Industriestrasse / Dampfhammer vollumfänglich aufgehoben. Eine entsprechende Richtlinie aus dem Jahr 1992 wurde ersatzlos ausser Kraft gesetzt.
Aufgrund der Überführung der ehemaligen Stadtpolizei zur Polizei Kanton Solothurn wurde am 29. September 2016 die erneute Totalrevision des städtischen Polizeireglements beschlossen. Im Abschnitt betreffend Nutzung öffentlichen Grundes wurde dabei in Art. 10 folgendes norminiert:
„Es ist untersagt, sich in der erkennbaren Absicht zur Prostitution aufzuhalten:
a) Auf Strassen und Plätzen, an denen Wohnhäuser stehen;
b) an Haltestellen öffentlicher Verkehrsmittel;
c) in und bei Parkanlagen, die der Öffentlichkeit zugänglich sind;
d) in der Nähe von Kirchen, Schulen und Spitälern.
Der Stadtrat kann ergänzende Richtlinien erlassen.“
b) Die Strassenprostitution ist nicht nur saisonal starken Schwankungen unterworfen. Wird in anderen Städten behördlich restriktiver auf die Strassenprostitution reagiert, so ist oftmals eine Verlagerung der dortigen Sexarbeiterinnen hin zum Milieu in Olten zu verzeichnen. Damit einhergehend steigen die unerwünschten Auswirkungen der Strassenprostitution markant an. Solcherlei ist leider auch in letzter Zeit an der Haslistrasse zu verzeichnen. Die Ausschlussgründe gemäss besagtem Art. 14 des Polizeireglements sind namentlich an der Haslistrasse wenig tauglich, um die herrschende Situation (Littering, hohes Strassenverkehrsaufkommen, wildes Parken) wieder auf ein gemeinhin verträgliches Mass zu bringen.
c) Im Jahr 2011 wurden diesbezüglich seitens der städtischen Behörden diverse Strassenverkehrsmassnahmen zur Beruhigung der Situation beschlossen und umgesetzt. An den Wendekreiseln Ost und West wurden stationäre Schranken installiert. Diese Schranken sind während der Zeit von 20.00 Uhr – 05.00 Uhr geschlossen und unterbrechen dadurch die „Endlosschlaufe“ des motorisierten Individualverkehrs der Freier und Gaffer. Zudem wurde die Tannwaldstrasse analog der Industriestrasse mit einem Nachtfahrverbot zwischen 20.00 Uhr – 05.00 Uhr belegt.
d) Diese Massnahmen hatten am Anfang und für kurze Zeit die gewünschte Wirkung. Jedoch wurde die Wandlungs- respektive die Anpassungsfähigkeit des Milieus unterschätzt. Im Sommer 2012 wurde durch die damalige Stadtpolizei Olten beobachtet, dass sich das Milieu mit den neuen Gegebenheiten abgefunden hatte und die verkehrstechnischen Restriktionen durch längere Präsenzzeiten der Frauen auf dem Strich kompensiert wurden. Konkret hiess das, dass sich Sexarbeiterinnen bereits ab 14.00 Uhr (bis zu 15 Prostituierte) auf der Haslistrasse anboten.
e) Aufgrund dieser Vorfälle beschloss der Stadtrat am 11. März 2013 in Ergänzung von Art. 14 des damaligen Polizeireglements (Art. 10 des aktuellen Reglements über die gemeindepolizeilichen Aufgaben der Stadt Olten) ein Verbot der Strassenprostitution von morgens 5.00 Uhr bis abends 20.00 Uhr im Bereich des Industriegebiets. Diese befristete Massnahme trat am 1. April 2013 in Kraft und dauerte bis zum 31. März 2014. Mit der zeitlichen Begrenzung der Massnahme auf ein Jahr wurde letztlich auch dem Grundsatz der Verhältnismässigkeit nachgelebt. Die Strassenprostitution als gewerbliche Tätigkeit wurde nicht gänzlich oder unzumutbar eingeschränkt, sondern vielmehr auf die Nachzeiten verschoben, wenn deren negative Auswirkungen auf andere Nutzer des öffentlichen Raums eher vernachlässigbar sind.
f) Nachdem die Polizei Kanton Solothurn bei Kontrollen im Industriegebiet vermehrt wieder festgestellt hat, dass sich die Sexarbeiterinnen wiederum vor 20.00 Uhr anbieten, ist die definitive Einführung des Verbots der Strassenprostitution von morgens 05.00 Uhr bis abends 20.00 Uhr angezeigt.
Auch wenn die Haslistrasse im Industriegebiet liegt, ist es dennoch so, dass es sich hierbei um eine öffentliche Strasse handelt, welche zu Tagzeiten auch von Personen befahren und begangen wird, welche in keinem Zusammenhang mit der Strassenprostitution stehen und die leicht- oder aufreizend bekleideten Frauen als störend empfinden. Im Weiteren ist hervorzuheben, dass entlang der Haslistrasse ein Radweg verläuft, welcher auch von Familien und Kindern (insbesondere Schülern) rege benutzt wird. Ein weiterer Aspekt ist die Wirkung, welche die sich bereits nachmittags anbietenden Frauen auf die Kunden und Lieferanten der dort ansässigen Gewerbetreibenden hat. Klagen über den möglichen schlechten Ruf des Industriegebietes sind seitens der Unternehmen immer wieder zu vernehmen.
2. Erwägungen
a) Prostitution ist grundsätzlich legal und steht unter dem verfassungsmässigen Schutz der Wirtschaftsfreiheit (Art. 27 Bundesverfassung). Ein vollumfängliches Verbot der Strassenprostitution wäre deshalb mit dem übergeordneten Recht nicht vereinbar. Nichts desto trotz kann die Strassenprostitution – wie im Übrigen jede andere wirtschaftliche Tätigkeit auch – gewissen Einschränkungen unterworfen werden, etwa zum Schutz der öffentlichen Ordnung.
Einschränkungen der Wirtschaftsfreiheit sind – wie alle Grundrechtseingriffe – nach Massgabe der üblichen Voraussetzungen (Bestehen einer gesetzlichen Grundlage, überwiegendes öffentliches Interesse an der Massnahme, Wahrung der Verhältnismässigkeit) zulässig. Einschränkungen der Wirtschaftsfreiheit im Bereich der Prostitution ergeben sich namentlich durch den Anspruch auf Wahrung der Polizeigüter, wie insbesondere der Sicherheit im öffentlichen Raum.
b) Wie eingangs erwähnt, hat sich die Strassenprostitution durch die bisherigen Restriktionen mehr und mehr zeitlich vorverschoben. Um dieser veränderten, unbefriedigenden Situation effizient entgegenwirken zu können, ist es aus Sicht der Direktion Öffentliche Sicherheit wichtig und notwendig, weitere Massnahmen zur Einschränkung zu beschliessen. Dazu gehört als wirksames Mittel eine zeitliche Definition der Strassenprostitution, die die Präsenzzeiten der Sexarbeiterinnen etwa an der Haslistrasse einschränkt. Gemäss § 33 Abs. 2 des Wirtschafts- und Arbeitsgesetzes (WAG) können die Einwohnergemeinden die Ausübung der Strassensexarbeit in örtlicher und zeitlicher Hinsicht einschränken, wenn dadurch die öffentliche Ruhe, Ordnung oder Sicherheit gestört wird.
c) In Ergänzung zu Art. 10 des Reglements über die gemeindepolizeilichen Aufgaben der Stadt Olten beantragt die Direktion Öffentliche Sicherheit dem Stadtrat, das Verbot der Strassenprostitution im Industriegebiet von morgens 05.00 Uhr bis abends 20.00 Uhr definitiv einzuführen.
Beschluss:
1. Der Stadtrat beschliesst in Ergänzung von Art. 10 des Reglements über die gemeindepolizeilichen Aufgaben der Stadt Olten ein Verbot der Strassenprostitution von morgens 05.00 Uhr bis abends 20.00 Uhr im Bereich der Haslistrasse.
2. Die Direktion Öffentliche Sicherheit wird mit dem Vollzug beauftragt.