Am 28. Juni 2007 wurde im Gemeindeparlament von Markus Ammann und Mitunterzeichnende der SP-Fraktion ein Postulat mit folgendem Wortlaut eingereicht:
«Der Stadtrat wird aufgefordert, eine Richtlinie zur Umsetzung des Minergie-Standards bei allen städtischen Neu- und Umbauprojekten zu erlassen.
Die Richtlinie soll klare und konkrete Kriterien enthalten, in welchem Fall die Nichteinhaltung des Standards toleriert wird (z. B. Denkmalschutz, unverhältnismässige Kosten etc.) sowie Vorgaben darüber, in welchen Fällen strengere Handhabung (Minergie ECO, Minergie-P etc.) zur Anwendung kommt.
Begründung:
Die Energienutzung von Gebäuden ist verantwortlich für rund die Hälfte des Schweizerischen Energiekonsums. Ein Drittel des gesamten Nutzenergiebedarfs eines Gebäudes wird dabei für die Raumwärme benötigt. Im Gebäudebereich liegt somit ein enormes Energiespar-Potenzial.
Der Bau-Standard «Minergie» ist heute Stand der Technik. Dank Energie-effizienzmassnahmen wie gute Wärmedämmungen, Lüftungsanlagen und thermisch gut isolierten Fenstern wird der Energieverbrauch eines Gebäudes deutlich reduziert. Das hat nicht nur ökologische Vorteile, sondern ökonomische: eine nachhaltige Senkung der Unterhaltskosten sowie eine bessere Absicherung gegen Energiepreissteigerungen. Gerade bei Gebäuden mit einer hohen Lebensdauer macht sich Minergie in relativ kurzer Zeit auch finanziell bezahlt.
Energieeffizienzmassnahmen stiften den Bewohner/-innen zudem zusätzlichen Nutzen in Form von Behaglichkeit und Wohnkomfort: ausgeglichene Raumtemperaturen und höhere Oberflächentemperaturen, angenehmes Raumklima, bessere Raumluftqualität oder Lärmschutz durch dichtere Gebäudehüllen. Dass für solche Faktoren sowohl bei Hauseigentümer/-innen als auch bei Mieter/-innen eine beträchtliche Zahlungsbereitschaft besteht, hat das Bundesamt für Energie unlängst einer Studie («Direkte und indirekte Zusatznutzen bei energieeffizienten Wohnbauten», BFE 2006) aufgezeigt.
Als Trägerin des Labels «Energiestadt» ist Olten dazu verpflichtet, eine Vorbildfunktion zu übernehmen und Energie effizient einzusetzen. Wenn die Stadt ihre eigenen Bauten nach Minergie baut und saniert, dies auch nach aussen klar deklariert, unterstreicht sie ihre Glaubwürdigkeit und sendet gleichzeitig ein Signal an die privaten Bauherr/-innen.»
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Stadträtin Silvia Forster beantwortet das Postulat im Namen des Stadtrates wie folgt:
Ausgangslage:
Minergie® ist ein Qualitätslabel für neue und sanierte Gebäude. Die Marke Minergie® wird von der Wirtschaft, den Kantonen und dem Bund gemeinsam getragen und ist vor Missbrauch geschützt. Im Zentrum von Minergie® steht der Wohn- und Arbeitskomfort von
Gebäudenutzern. Ermöglicht wird dieser Komfort durch eine hochwertige Bauhülle und eine systematische Lufterneuerung.
Zur Erreichung des Minergie®-Labels können verschiedene Wege eingeschlagen werden. Verbesserte Wärmedämmung und/oder der Einsatz von erneuerbaren Energieträgern dienen zur Erreichung des Ziels. Dabei sollen die Mehrkosten im Vergleich zu einer konventionellen Bauweise höchstens 10 % betragen. Primär durch die Komfortsteigerung, auch im Schallschutzbereich, die immer teurer werdenden Energieträger, die maximal zulässigen Mehrkosten, aber auch durch die Freiheitsgrade zur Erreichung des Ziels, konnte der BauStandard Minergie® erfolgreich positioniert werden.
Das Label entwickelte sich auch im Sanierungsbereich. So sind angepasste Anforderungen auch für Umbauten definiert. Zusätzlich wurde der Minergie®-Standard auch für Einzelbauteile entwickelt, welche auch bei begrenzten Eingriffen, wie zum Beispiel bei einer Flachdachsanierung zur Anwendung gelangen. Mit diesen Vorgaben werden Bauten nicht nur baulich saniert, sondern auch energietechnisch verbessert.
Bei Neubauten hat sich die Bauweisen in praktisch alle Gebäudekategorien ausgedehnt. Als Steigerung der Anforderung wurde das Minergie®-P-Label in Anlehnung an das in Deutschland entwickelte Passiv-Haus definiert. Diese Bauweise kommt im Normalbetrieb ohne Heizenergie aus und garantiert einen hohen Nutzungskomfort. Durch das Produkt Minergie-Eco® wurden auch bauökologische Anforderungen in den Labelmantel integriert. So entwickelte sich der Standard zu einem anwendbaren, allgemein anerkannten Level, welcher sich von der anfänglichen Bauphysik- und Technologielastigkeit abhebt und gut umgesetzt werden kann. Heute stehen die Produkte Minergie®, Minergie®-P, Minergie®-ECO und Minergie®- Einzelbauteile zur Verfügung.
Die Anforderungen des Minergie®-Standards für drei verschiedene Gebäudearten sind in der Tabelle dargestellt:
Gebäudeart Grenzwert für die Energiekennzahl Wärme (Heizung, Warmwasser, Lüftung, Klima) Lüftungsanlage erforderlich Beleuchtung
Wohnbauten Neubau 42 kWh/m² a Ja -
Sanierung 80 kWh/m² a Ja -
Bürobauten Neubau 40 kWh/m² a Ja SIA 380/4
Sanierung 70 kWh/m² a Nein SIA 380/4
Schulbauten Neubau 40 kWh/m² a Ja SIA 380/4
Sanierung 70 kWh/m² a Nein SIA 380/4
Das Bewusstsein um die Endlichkeit der Ressourcen und um die Auswirkungen des fossilen Energieverbrauchs ist in den letzten Jahren stark gestiegen. Im globalen Mittel braucht der Mensch 17’500 Kilowattstunden pro Jahr. Dies entspricht einer kontinuierlichen Leistung von 2000 Watt. In der Schweiz sind es heute mehr als zweieinhalbmal mehr, also über 5000 Watt pro Person. Das globale Reservoir an fossilen Energien, insbesondere Erdöl, leert sich zunehmend rascher. Die Ausschöpfung dieser Reserven führt zu tatsächlichen oder vermeintlichen Verknappungen, die wiederum wirtschaftliche Probleme oder gar kriegerische Auseinandersetzungen zur Folge haben.
Damit alle Menschen einen guten Lebensstandard führen können, sind wir längerfristig verpflichtet, unser Energieverbrauch auf den Durchschnittswert abzusenken. Die Vision der 2000 Watt-Gesellschaft ermöglicht einen Ausgleich zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Durch Erhöhung der Material- und Energieeffizienz und durch Substitution fossiler durch erneuerbare Energien sollen die Ziele ohne Einbusse an Lebensqualität erreicht werden.
Der sogenannten Absenkpfad der SIA (Schweizerischer Ingenieur- und Architektenverein) hat bereits in den 90er Jahren aufgezeigt, dass im Gebäudebereich längerfristig viel bessere Dämmstandards erreicht werden müssen. Diese Verbesserungen können jedoch nur schrittweise erreicht werden. Mit der 2006 herausgegebenen Dokumentation D0216 «SIA Effizienzpfad Energie» hat der SIA die aktuellen Überlegungen verknüpft und damit ein Instrument für nachhaltiges Bauen formuliert.
Minergie®-Standard für städtische Neu- und Umbauprojekte
Der Stadtrat von Olten ist bestrebt, bei Neu- und Umbauprojekten dem Kriterium der Energieeffizienz besondere Beachtung zukommen zu lassen. So hat der Stadtrat bereits am 8. Dezember 2003 im Rahmen des Energiestadt Labelprozesses ein energiepolitisches Programm genehmigt. Als konkretes Ziel wurde im vorerwähnten Programm Folgendes festgehalten:
«Bei Neubau und energierelevanten Sanierungen sind die geltenden Verbrauchswerte nach SIA-Norm 380/1 für Wärme und 380/4 für Elektrizität um 20 % zu unterschreiten resp. sollen die Anforderungen des Minergie-Standards angestrebt werden.»
Die Abteilung Hochbau der Baudirektion ist verantwortlich für die städtischen Um- und Neubauten. Die Mitarbeiter/-innen des Hochbauamtes verfolgen seit längerer Zeit die Entwicklung der verschiedenen Baustandards. Die Aus- und Weiterbildung betreffend Nachhaltigkeit und Ökologie ist fester Bestandteil für die betroffenen Mitarbeiter/-innen. Bei Bedarf wird das Hochbauamt zudem durch die Energieberater der Umweltfachstelle unterstützt.
Bereits vor der Einführung des Minergie-Standards wurde bei den anstehenden Gesamtsanierungen grossen Wert auf Energieeffizienz gelegt. So konnte nach der Sanierung im Jahre 1998 der Energieverbrauch des Bannfeldschulhauses halbiert werden. Das Bannfeldschulhaus ist zurzeit das energieeffizienteste Schulhaus der Stadt. Alle grösseren städtischen Neu- und Umbauten werden – sofern möglich – im Minergie-Standard realisiert. Dieser war auch die Vorgabe der soeben erfolgten Sanierung der «Alten Turnhalle Bifang». Hier konnte das Minergie-Zertifikat nicht beantragt werden da Minergie lediglich gesamte Gebäude zertifiziert.
Der Stadtrat behält sich die Prüfung der Bauweise bei den einzelnen Neu- und Umbauvorhaben vor. Eine zwingende Vorgabe, den Minergie®-Standard umzusetzen, stösst dann an Grenzen, wenn bestehende Gebäude unter Denkmalschutz stehen.
Im Rahmen des alle 4 Jahren anstehenden Reaudits «Energiestadt» ist vorgesehen, auch das energiepolitische Programm zu überprüfen. Es ist geplant eine langfristige Strategie für die Städtischen Hochbauten auszuarbeiten. Diese soll einerseits den sogenannten «SIA Effizienzpfad Energie» berücksichtigen und andererseits die Lebensdauer der Bauteile und Anlagen mit der Wirtschaftlichkeit der Massnahme verknüpfen. Aus diesen Überlegungen sollten auch konkrete Handlungsanleitungen für die Planenden von städtischen Neubauten und Sanierungen resultieren.
Der Stadtrat von Olten ist sich bewusst, dass bei der nachhaltigen Entwicklung im Hochbau die öffentlichen Hand eine besondere Vorbildfunktion hat. Er ist der Ansicht, dass mit der Genehmigung des energiepolitischen Programms und der geplanten Überarbeitung die Zielsetzung einer umweltschonenden, energieeffizienten und somit auch zukunftsgerichtet ökonomisch sinnvollen Bauweise der stadteigenen Liegenschaften sichergestellt ist.
Der Stadtrat empfiehlt dem Gemeindeparlament, das Postulat zu überweisen und als erfüllt abzuschreiben.