Mit Datum vom 22. März 2007 hat Brigitte Kissling (SP) und Mitunterzeichnende folgende Motion eingereicht:
„Der Stadtrat wird beauftragt, dem Gemeindeparlament einen Bericht und Antrag für eine neuzeitliche Gestaltung der Aufbahrungshallen (offener Aufbahrungsraum – keine Trennwand, freier Zugang zum Sarg von allen Seiten, Bestuhlung, Kerzenhalter, etc.) sowie eine Lösung zum Schutze der Intimsphäre der Aufgebahrten und deren Angehörigen vorzulegen und die Kostenfolgen im Budget 2008 aufzunehmen.
Begründung
Das Sterben und der Tod waren für längere Zeit ein gesellschaftliches Tabu. Verschiedene Rituale, welche es den Hinterbliebenen ermöglichten von ihren Angehörigen in einem sicheren und behüteten Rahmen Abschied zu nehmen, verschwanden aus der Gesellschaft. Die jahrelange Hilflosigkeit der Gesellschaft gegenüber dem Sterben und dem Tode, verlangte die Suche nach neuen Möglichkeiten und Wegen, die den Menschen helfen sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen.
Kurse über Sterbebegleitungen, Patientenverfügungen, wiedergefundene oder neue Rituale, Fernsehsendungen mit Sterbenden und Angehörigen, Literatur über das Sterben usw. rückten den Tod wieder vermehrt in unser tägliches Zusammenleben. So besteht heute der breite Wunsch, Menschen in einem würdigen Rahmen zu verabschieden.
Das Gebäude im Friedhof Meisenhard umfasst eine Abdankungshalle, ein Krematorium, das die letzten vier Jahre, pro Jahr durchschnittlich 843 Kremationen durchführte, sowie 8 Aufbahrungsräume, in denen pro Tag durchschnittlich 2 – 3 Personen aufgebahrt sind.
Die Aufbahrungshallen im Friedhof Meisenhard wurden vor ca. 10 Jahren neu gestrichen. Sie dienen zwar dem Zweck, ihr Interieur ist jedoch veraltet und entspricht nicht mehr den heutigen Vorstellungen. Die Türen der Aufbahrungshallen sind tagsüber immer geöffnet, damit wird den Angehörigen und Freunden während des Tages einen freien und unkomplizierten Zutritt ermöglicht. Leider nutzen auch x-beliebige „Leichenschauer“ den öffentlichen Zugang. In Aarau begegnete man diesem Problem mit einem Codeschlüssel. Die Angehörigen erhalten einen Code, den sie selber verwalten und ihnen jederzeit den Zutritt zur Aufbahrungshalle ermöglicht.
Auch die hiesigen Bestattungsinstitute unterstützen eine zeitgemässe Neugestaltung der Aufbahrungsräume.“
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Im Namen des Stadtrates beantwortet Stadträtin Doris Rauber die Motion wie folgt:
Ausgangslage
Nach Eingang der Motion bei der Direktion Öffentliche Sicherheit hat der Abteilungsleiter Publikumsdienste eine Bedürfnisabklärung der Motion vorgenommen. An der Sitzung vom 18. April 2007 haben gesamthaft fünf Seelsorger der Oltner Kirchgemeinden, drei VertreterInnen der Bestattungsunternehmen Olten sowie die Motionärin und ein Vertreter der
Direktion Bau teilgenommen. Zudem hat der Abteilungsleiter Publikumsdienste bilateral das Friedhofspersonal über die Bedürfnisse befragt. Die Bedürfnisabklärungen haben gezeigt, dass eine neuzeitliche Gestaltung, wie in der Motion vom 22. März 2007 gefordert, nur teilweise notwendig ist. Reklamationen von Besuchern der Aufbahrungshalle bzw. –zellen werden nur selten deponiert; hierzu wird auf die nachfolgenden Erläuterungen verwiesen.
Wie die Motionärin richtig festgehalten hat, verfügt die Aufbahrungshalle im Friedhof Meisenhard über acht Aufbahrungszellen von denen durchschnittlich zwei bis drei pro Tag, in Spitzen bis zu maximal fünf, gleichzeitig besetzt sind. Die Aufbahrungszellen wurden letztmals vor rund 10 Jahren neu gestrichen. Aufgrund der unterschiedlichen Religionszugehörigkeiten und der daraus folgenden „Aufbahrungsgewohnheiten“ wurde die Ausgestaltung der Zellen, einfach und neutral gewählt. Die Raumgestaltung kann bereits heute individuell nach dem Geschmack der Angehörigen bzw. der externen Bestatter nach Rücksprache mit dem Friedhofspersonal vorgenommen werden (Aufstellen von Kerzen, Blumenschmuck, etc.). In der Vergangenheit wurden auch schon persönliche Accessiors (Militäruniform mit Säbel) in den Aufbahrungszellen aufgestellt. Zu den vorhandenen Sitzgelegenheiten (installierte Holzbänke und freistehende Stühle) kann das Friedhofspersonal einzelne Stühle kurzfristig in den Besucherteil der Aufbahrungszellen stellen. Dieses Angebot wird jedoch von den Angehörigen nur in den seltensten Fällen wahrgenommen.
Das Interieur der Aufbahrungszellen betreffend, sind den befragten Stellen keine Reklamationen bekannt.
Jede Aufbahrungszelle ist mit Hilfe einer Trennwand, in welche eine Glasscheibe eingebracht ist, in zwei Bereiche (den Aufbahrungs- und den Besucherraum) unterteilt. Im Aufbahrungsteil befindet sich der Katafálk, in welchem der Sarg mit dem Leichnam eingestellt wird. Die Nachfragen haben gezeigt, dass sich nur wenige Angehörige an der Trennwand stören. Der Zutritt in den Aufbahrungsbereich zum Leichnam wird nur in den seltensten Fällen oder wenn es kulturell zum Abschiednehmen dazugehört verlangt und kann einerseits durch das Friedhofspersonal oder die Bestattungsunternehmen verschafft werden. Ansonsten bleibt der Aufbahrungsbereich für die Öffentlichkeit verschlossen.
Bei einer Öffnung der Aufbahrungszelle, das heisst bei einer Entfernung der Trennwand, müsste der Katafálk ersetzt werden. In die Katafálke ist ein elektrisches Kühlsystem eingebracht, welches den Leichnam kühlt und somit dessen Verwesungszeit künstlich hinauszögert.
Die Instandstellung von offenen Aufbahrungszellen (Entfernung Trennwand, Ersatz der Katafálke, etc.) würde gemäss Abklärungen der Direktion Bau Gesamtkosten von rund CHF 200'000.- bis CHF 240'000.- generieren.
Die Aufbahrungshalle ist an den Werktagen Montag bis Donnerstag von 07.00 – 16.45 Uhr und am Freitag von 07.00 – 16.00 Uhr geöffnet. An Samstagen sowie Sonn- und Feiertagen ist sie geschlossen. Für das Abschiednehmen ausserhalb der Öffnungszeiten können die Bestattungsunternehmen Zugang verschaffen. Bei jeder Aufbahrung entscheiden die Angehörigen, ob die Türe zur Aufbahrungszelle vom Friedhofspersonal geöffnet wird oder verschlossen bleibt. Diesbezügliche Nachfragen kommen eher selten vor (1 – 2 pro Jahr).
Die räumliche Untertrennung der Aufbahrungszellen zum Ofenraum besteht bereits, wird aber vom Friedhofspersonal oftmals offen gelassen. Die diesbezügliche Weisung an das zuständige Personal, dass die Türe geschlossen wird, wurde erteilt. Eine räumliche Untertrennung der Aufbahrungszellen zum Keller des Friedhofgebäudes, wo sich die Aufenthaltsräume des Friedhofpersonals sowie die Maschinen und Werkzeuge befinden, besteht nicht. Es ist vorgesehen, diesen Zugang via Treppe für die Öffentlichkeit zu sperren.
Es kann davon ausgegangen werden, dass die geltenden Zutrittsregelungen mitunter ein Grund sind, weshalb in der Vergangenheit noch nie Leichenschändungen bzw. Vandalenakte (Entwendung von Blumenarrangements, Kerzen, etc.) vorgekommen sind.
Erwägungen
Die Räumlichkeiten der Aufbahrungshalle sowie der Aufbahrungszellen werden neutral mit weisser Farbe neu gestrichen. Am Interieur der Aufbahrungszellen werden keine weiteren Baumassnahmen eingeleitet. Die Räume behalten dadurch die neutrale Ausdrucksform bei. Die Zellen (Aufbahrungs- und Besucherbereich) können nach wie vor individuell durch die Angehörigen gestaltet werden.
Eine Öffnung bzw. weitergehende Umgestaltung der Aufbahrungszellen hätte erhöhte zeitliche und finanzielle Aufwendungen zur Folge. Diese müssten einer detaillierteren Analyse unterzogen werden (Projekt). Unsere Bedürfnisabklärungen haben gezeigt, dass die Meinungen betreffend offener Aufbahrungszellen zum Teil weit auseinander gehen aber klar von der Mehrheit nicht gefordert wird. Bereits mit der heutigen Lösung kann den Angehörigen der Zugang zum Leichnam verschafft werden. Zudem sind die involvierten Stellen der Meinung, dass mit der bestehenden Organisation auch schon Vandalenakte verhindert werden konnten. Die Direktion Öffentliche Sicherheit und die Direktion Bau empfehlen aus diesen Gründen von offenen Aufbahrungszellen abzusehen.
Es ist vorgesehen, dass sämtliche Türen der Aufbahrungshalle sowie der Aufbahrungszellen mit neuen Schlössern versehen werden. Bei Bedarf können die Schlüssel den Angehörigen abgegeben werden, damit diese auch ausserhalb der Öffnungszeiten Abschiednehmen könne. Zudem können die Angehörigen dadurch selber entscheiden, wem sie zu welcher Zeit den Zutritt zum Zellenraum gewähren. Von einer elektronischen Zutrittssperre raten die Direktion Öffentliche Sicherheit und die Direktion Bau aufgrund der administrativen und technischen Komplexität ab.
Der Zugang zum Keller des Friedhofgebäudes wird für die Öffentlichkeit mittels baulichen Massnahmen gesperrt.
Finanzielle Auswirkungen
Die Kosten für die geplanten Umbaukosten (Malerarbeiten, Erneuerung der Schliessanlagen) werden auf CHF 14’000.- geschätzt und sind im Budget 2008 berücksichtigt.
Der Stadtrat ist der Absicht, dass aufgrund der Erwägungen der Vorstoss nicht als Motion überwiesen werden kann. Da er aber das Anliegen der Motionärin für grundsätzlich berechtigt hält, ist er bereit, den Vorstoss als Postulat überweisen zu lassen und gleichzeitig abzuschreiben.