Am 27. März 2002 wurde von Rolf Sommer (SVP) eine Interpellation mit folgendem Wortlaut eingereicht:
„Geschäftsordnung:
Nr. Art. Frage
1. 62.2 Erachtet es der Stadtrat als sinnvoll, eine Kopie eines Vorstosses erst bei der Behandlung beizulegen, wenn der ganze Vorstosstext bei der Beantwortung noch „abgeschrieben“ wird? Meine Interpretation: Mit der Zusendung des Parlamentprotokolles sollten die unter Mitteilungen, Vorstösse/Eingang eingegangenen Vorstösse als Kopie beigelegt werden. Dies wird in den Kantonsratsprotokollen so gehandhabt. Dieses ist um einiges informativer als das Oltner System. Ich glaube auch, dass der obenerwähnte Absatz im Sinne und Geist der kantonsrätlichen Vorlage war.
2. 63.1 Warum missachtet der Stadtrat sehr oft die Fristen (6 Monate) bei Motionen und Postulaten?- Gemäss Liste „Unbehandelte Vorstösse“ vom 24.01.02, Frist bis 27.03.02 und früher: 10 Motionen, 5 Postulate
3. 68.1 Warum missachtet der Stadtrat sehr oft die Fristen (6 Monate) bei Interpellationen?- Gemäss Liste „Unbehandelte Vorstösse“ vom 24.01.02, Frist bis 27.03.02 und früher: 2 Interpellationen
4. 69.3 Warum missachtet der Stadtrat sehr oft die Fristen (3 Monate) bei kleinen Anfragen?- Gemäss Liste „Unbehandelte Vorstösse“ vom 24.01.02, Frist bis 27.03.02 und früher: 2 Kleine Anfragen
5. 54-59 Was und wer sind „Parlamentarische Kommissionen“ im Sinne der Geschäftsordnung?- Die Gemeindeordnung Art. 32 mit der Marginale „Parlamentarische Kommissionen“ definiert die Kommissionen.Die Geschäftsordnung verwendet in Kapital VII den Titel „Parlamentarische Kommissionen“. In der Gemeindeordnung (Art. 52-71), Kapital VI, wird auf die Kommissionenbefugnisse, -bezeichnungen und auch speziell auf die Geschäftsordnung des Gemeindeparlamentes hingewiesen.
6. 56.2 Was gedenkt der Stadtrat zu tun?- Wenn meine Rechtsinterpretationen der Gemeindeordnung und Geschäftsordnung richtig sind, hat das Parlament am 12. Dezember 2001 gegen geltendes Recht verstossen und ca. 40 Kommissionsmitglieder gewählt, die 8 Jahre (gemäss Kommissionsverzeichnis) und länger den „parlamentarischen Kommissionen“ angehörten und somit nicht mehr wählbar waren!
Gemeindeordnung:
Nr. Art. Frage
8. 60 Was heisst und bedeutet „alle“ im Sinne des Stadtrates?„-. Die Baukommission bereitet alle Geschäfte vor auf dem Gebiete des städtischen Bauwesens. –„Neues Baureglement Art. 2.2:Das Stadtbauamt entscheidet über die Baubewilligungen gemäss § 3 KBV in folgenden Fällen: Umbauten, kleinere Anbauten, etc.
Begründung
Ich habe mich, trotz meiner langen Erfahrungszeit als Parlamentarier, erst seit kurzem intensiv mit den mir zugänglichen und aktuellen städtischen Reglementen und Verordnungen der Stadt Olten im Matrixverfahren auseinandergesetzt. Ich gab und hatte zuviel Vertrauen in den Stadtrat und die Verwaltung. Aber eine persönliche Erfahrung belehrte mich, dass die städtischen Vorschriften hauptsächlich für den Bürger gelten, aber nicht für den Stadtrat oder die Verwaltung. Ich stelle fest, dass der Stadtrat und die Verwaltung einige städtische, aber auch eidgenössische und kantonale Vorschriften missachten oder einseitig zu ihren Gunsten auslegen.
Einige Beispiele:
- Abgabe von Situationsplänen
- Falschberechnungen von Ausnützungsziffern
- Der Stadtrat verletzt ständig die Geschäftsordnung, in dem er die Fristen zu den Vorstossbehandlungen missachtet.
Ich frage mich: „An was fehlt es?“ Braucht es eine Reglementskommission oder ähnliches wie in der Finanzwelt, ein Rechtskontrolling? Der Stadtrat kann nicht vom Bürger die Einhaltung der Rechte fordern, solange er selber wichtige Rechte verletzt. Als Parlamentarier haben wir ein Anrecht auf eine fristgerechte Beantwortung, wie sie in den Verordnungen vorgesehen ist.“
Stadtpräsident Ernst Zingg beantwortet die Fragen des Interpellanten namens des Stadtrates wie folgt:
Vorbemerkung: Der Interpellant schneidet in seinem Vorstoss wichtige Fragen des städtischen Zusammenlebens an und setzt sich dabei insbesondere mit dem Teilsaspekt des korrekten Vollzugs gesetzlicher Grundlagen auf Stufe Gemeinde, Kanton und Bund auseinander. Geprägt von eigenen Erfahrungen zeichnet er in der Begründung zu seinen Fragestellungen ein recht düsteres Bild des städtischen Vollzugsapparates schlechthin. Grautöne bis hin zu weiss fehlen in seiner Aufzählung von Unzulänglichkeiten gänzlich, so dass der Eindruck erweckt wird, es herrsche ein eigentliches Vollzugsdebakel. Dies ist indes weit gefehlt und hat mit einer korrekten Evaluation der Vollzugsqualität bzw. der Umsetzung rechtlicher Bestimmungen wenig zu tun. Für den Stadtrat ist allerdings die Evaluation seines Wirkens und desjenigen der Stadtverwaltung eine überaus ernstzunehmende Disziplin und nicht zuletzt deshalb hat er in der Geschäftsordnung unter dem Abschnitt „VI Kunden- und Wirkungsorientierung“ folgende vom Parlament so beschlossenen Bestimmungen aufgenommen:
VI Kunden- und Wirkungsorientierung
Grundsatz(Art. 48 und 49 GO)
Art. 36
1 Die Stadtverwaltung legt der Erfüllung aller Aufgaben im Sinne der Nachhaltigkeit die folgenden Kriterien zugrunde:
- Kundenfreundlichkeit
- Orientierung auf das Ergebnis
- Einbezug ökonomischer und ökologischer Interessen.
2 Sie richtet die Aufgabenerfüllung darauf aus, die Bestrebungen für die Einführung und Unterhaltung wirkungsorientierter Steuerungsmodelle unterstützen zu können.
Erfolgskontrolle
Art. 38
1 Die Stadtverwaltung sorgt unter Leitung des/der Stadtschreibers/Stadtschreiberin im Rahmen eines Konzeptes für einen angemessenen Feedback betreffend ihre Arbeit im Allgemeinen und bei besonderen Anlässen, deren Auswertung zweckmässig ist.
2 Die Auswertung soll Aussagen über die Einhaltung der Grundsätze der Aufgabenerfüllung machen und dient dem Controllingprozess.
3 Mit einer ständigen Raumbeobachtung werden Kennzahlen aus der gesamten Umwelt und den Bereichen Wirtschaft und Gesellschaft verglichen und der nachhaltigen Stadtentwicklung zu Grunde gelegt.
Zu den Fragen bzw. Anregungen des Interpellanten im Einzelnen:
Nr. Art. Antwort
1. 62.2 Dieses Anliegen ist derzeit gestützt auf die Anregung des Interpellanten in Bearbeitung bzw. beschlossen. Seit 1. Juli 2002 werden die Unterlagen zu Vorstössen, welche an einer bestimmten Sitzung nicht behandelt werden können, nicht erneut zugestellt, sondern sind individuell aufzubewahren. Zu Gunsten der Übersicht werden die Vorstösse künftig fortlaufend nummeriert.Im übrigen sei darauf hingewiesen, dass die parlamentarischen Vorstösse auch im Internet unter
www.stadtolten.info/de/politik/parlament/politbusinessabgerufen werden können.
2. 63.1 Die Vorwürfe sind zu allgemein gehalten, als dass darauf konkret eingetreten werden könnte. Von einer Missachtung der Fristen kann nicht die Rede sein. Oft aber beschlagen die Vorstösse eine Materie, welche in Entwicklung ist, so dass eine Beantwortung verfrüht wäre. Oft auch sind die Pendenzen des Parlamentes derart gross, dass eine Verschiebung erfolgen muss. Immer aber führt der Stadtrat bzw. die Stadtkanzlei eine Kontrolle über die hängigen Geschäfte und erfolgt im Rahmen des institutionalisierten Reporting bei Verzögerungen eine Berichterstattung an das Gemeindeparlament.
3. 68.1 Dieser Vorwurf (sehr oft) ist unzutreffend. Das vorliegende Beispiel belegt, dass es dem Stadtrat ernst ist mit der disziplinierten Einhaltung von Fristen.
4. 69.3 Dieser Vorwurf (sehr oft) ist unzutreffend. Ein konkreter Fall betrifft beispielsweise die Kleine Anfrage Max Pfenninger vom 10. August 2000 betreffend Parkraumbewirtschaftung im Stadthaus. Der Grund für die Verzögerung in der Berichterstattung liegt darin, dass eine isolierte Beantwortung dieser Anfrage als wenig sinnvoll erschien (vgl. Motion Rolf Sommer vom 24. Januar 2001 betr. Revision des Spesenreglementes).
5. 54-59 Die vom Interpellanten geschilderte Problematik wurde diesem zwischenzeitlich erläutert und dargelegt (vgl. Beilage).
6. 56.2 Es besteht kein Handlungsbedarf.
Gemeindeordnung:
Nr. Art. Antwort
8. 60 „alle Geschäfte“: Gemäss einem Entwurf zum Reglement der Baukommission ist darunter was folgt zu verstehen:
1 Die Baukommission ist zuständige Baubehörde für alle ihr übertragenen Aufgaben – im Rahmen der Anwendung der Bauvorschriften
– zur Durchführung des Baubewilligungsverfahrens
– zur Begutachtung der Gestaltungspläne und Antragstellung an den Stadtrat
– zur Vorbereitung aller Geschäfte auf dem Gebiete des städtischen Bauwesens.
2 Sie ist bei den in die Kompetenz der Baudirektion fallenden Baugesuchen dann zuständige Behörde, wenn diese nicht oder nur mit stark einschränkenden Bedingungen bewilligt werden können oder Einsprachen vorliegen.
3 Baugesuche, die für die Erhaltung der Altstadt von Bedeutung sind, übergibt sie zur Beurteilung hinsichtlich Ortsbild- und Objektschutz der Altstadtkommission zum diesbezüglich selbständigen Entscheid.
Neues Baureglement Art. 2.2:Dies betrifft im Falle der Umbauten regelmässig diejenigen baulichen Aktivitäten, welche innerhalb der Gebäudehülle vorgenommen werden und nach aussen nicht manifest werden. Als kleinere Anbauten gelten die Eingeschösser.
Erläuterung zu Frage 5.
Die Gemeindeordnung unterscheidet gemäss Art. 32 in ständige und nichtständige parlamentarische Kommissionen. Systematisch unter dem Abschnitt III. Gemeinde-parlament eingeordnet sind diese Kommissionen Organe des Parlamentes bestehend aus Mitgliedern desselben, regelmässig nach Parteistärke und in Kombination zur für die Aufgabenerfüllung erforderlichen fachlichen Kompetenz zusammengesetzt.
[Beispiel: Spezialkommission für die Förderung und Unterstützung der Parteien]
Unter Gemeindeordnung VI. Kommissionen sind als ständige und nichtständige Kommissionen parlaments-gewählte, ebenfalls regelmässig politisch zusammengesetzte und mit den notwendigen Kompetenzen ausgerüstete Gruppierungen von Personen zu verstehen.
[Beispiele in Art. 58ff GO]
Die Amtsdauerbeschränkung gemäss Art. 56 der Geschäftsordnung des Parlamentes (VII Parlamentarische Kommissionen) auf 8 Jahre bezieht sich (logischerweise) lediglich auf die ständigen parlamentarischen Kommissionen. Dies entspricht auch ständig geübter Praxis und es hat sich bewährt, bei den übrigen Kommissionen (Know-How-Erhaltung) auch eine längere Verweildauer zuzulassen.