1. Ausgangslage
Die GPK hatte im Dezember 2013 beschlossen, die Entstehungsgeschichte der heutigen Finanzlage bzw. der Fehleinschätzungen bezüglich Steuererträge juristischer Personen aufzuarbeiten. In ihrem Schlussbericht hielt sie im August 2014 fest, dass Steuereinschätzungen zwar nicht zuletzt aufgrund der starken Verzögerungen bei den definitiven Veranlagungen eine komplexe Materie und die Informationsbeschaffung über voraussichtliche Steuereingänge von Seiten juristischer Personen schwierig seien. Spätestens im Februar 2012, als die Zahlen der Alpiq präsentiert worden seien (Verlust 2011 1,3 Mrd. Franken und pessimistischer Ausblick), sei der Rückgang der Steuereinnahmen von Seiten der Juristischen Personen hingegen erkennbar gewesen. Rückblickend müsse daher festgestellt werden, dass zu jenem Zeitpunkt die damaligen Finanzverantwortlichen der Stadt Olten – Finanzdirektor und Finanzverwalter – den negativen Trend hätten erkennen und entsprechend reagieren müssen. Es sei jedoch aus Sicht der GPK nicht nachweisbar, ob hinter dieser ausgebliebenen Reaktion wie auch hinter einer nicht zahlenmässig ausgewiesenen Transaktion aus der Steuervor¬bezugsreserve in der Rechnung 2011 bei den damaligen Finanzverantwortlichen eine Absicht gestanden habe. Jedenfalls seien die Budgetierungen wie auch die Rechnungsabschlüsse jeweils gemäss den geltenden Regeln erfolgt und lägen keine Hinweise auf strafrechtliche Relevanz des Geschehenen vor, so die GPK, die dem Parlament beantragte, den Stadtrat mit der Umsetzung einer Reihe von Massnahmen – insbesondere zur Steigerung der Transparenz und der Prozesssicherheit – zu beauftragen, und dazu eine entsprechende Motion einreichte.
Das Parlament überwies an seiner Sitzung im September 2014 die GPK-Motion, beauftragte aber zusätzlich das Parlamentsbüro, ein externes Gutachten in Auftrag zu geben, ob bei der Rechnungslegung 2011 in Olten die gesetzlichen und sachlichen Informationspflichten gegenüber dem Parlament eingehalten wurden. Weil die eingegangene Offerte die im Parlament geäusserten Preisvorstellungen von 3000 bis 5000 Franken deutlich übertraf, legte das Büro dem Parlament im Dezember 2014 die Frage nochmals zum Entscheid vor: Mit 22:21 Stimmen bei 4 Enthaltungen wurde beschlossen, den Auftrag für die Durchführung eines externen Gutachtens betreffend Rechnungslegung 2011 an die ZHAW zum Preis von 16'200 Franken zu erteilen.
Neben einer allgemeinen Würdigung der Informationstätigkeit des Stadtrates im Zusammenhang mit der Budgetierung und der Rechnungslegung in den Jahren 2010 bis 2012 standen dabei drei konkrete Fragestellungen im Vordergrund:
• Erfüllt die Kommunikation des Stadtrates über die nachträglich erfolgte Auflösung von CHF 5,5 Millionen Franken aus der Steuervorbezugsreserve zugunsten der Rechnung 2011 die Grundsätze einer ordnungsgemässen Rechnungslegung (insbesondere in Bezug auf Bilanzklarheit und Bilanzwahrheit)?
• Vermittelte die Kommunikation des Stadtrates über die Rechnung 2011 dem für die Rechnungsgenehmigung zuständigen Parlament eine genügend klare und vollständige Entscheidungsgrundlage über die tatsächliche finanzielle Lage der Stadt Olten?
• Ist die von der Geschäftsprüfungskommission kritisierte „Schönung der Rechnung 2011“ strafrechtlich oder zivilrechtlich ein potenziell relevantes Vergehen?
2. Erwägungen
Das ZHAW-Gutachten kommt zusammengefasst zu folgenden Ergebnissen:
Die Kommunikation des Stadtrates über die nachträglich erfolgte Auflösung von 5,5 Mio. Franken aus der Steuervorbezugsreserve zugunsten der Rechnung 2011 verstösst nicht gegen die Grundsätze einer ordnungsgemässen Rechnungslegung in Bezug auf Bilanzklarheit und Bilanzwahrheit unter dem aktuell zugrundliegenden Rechnungslegungsmodell HRM1. Auch der Ausweis von Erträgen aus der Auflösung der Steuervorbezugsreserve zusammen mit den Steuererträgen ist gerechtfertigt. Erst mit dem Modell HRM2, das ab 2016 angewendet werden muss, wird zwischen einem ordentlichen und einem ausserordentlichen Ergebnis unterschieden, das einen entsprechenden Unterschied im Ausweis zulassen würde. Die ZHAW weist aber gleichzeitig darauf hin, dass die im kantonalen Handbuch des Rechnungswesens genannten Ziele eines transparenten Ausweises des Rechnungsergebnisses und einer Entscheidungsgrundlage für die Behörden für eine sparsame und wirtschaftliche Haushaltführung mit dem gewählten Vorgehen in Frage gestellt seien: Ihrer Ansicht nach wäre der umfangreiche Verwaltungsbericht der Stadt Olten der passende Ort gewesen, auf wesentliche Positionen hinzuweisen und diese nicht mit einem kurzen Verweis auf „Nachtaxationen“, die das Ergebnis „gemildert“ hätten, zu erledigen.
Mit einem klaren Nein beantwortet die ZHAW die Frage, ob die Kommunikation des Stadtrates über die Rechnung 2011 eine genügend klare und vollständige Entscheidungsgrundlage über die tatsächliche finanzielle Lage der Stadt Olten vermittelt habe. Grund dafür sei auch hier, dass in Olten derzeit die Budgetierung und Rechnungslegung nach den Grundsätzen von HRM1 erfolge. Eine Rechnung nach HRM1 gebe eine klare, vollständige und wahrheitsgetreue Übersicht über den Finanzhaushalt, jedoch keine den tatsächlichen Verhältnissen entsprechende. Eine solche Sichtweise werde erst nach der Einführung von HRM2 möglich.
Ebenso klar das „Verdikt“ der ZHAW zur Frage der strafrechtlichen oder zivilrechtlichen Relevanz: Es gebe keine Anhaltspunkte für einen Amtsmissbrauch, eine ungetreue Amtsführung oder eine Falschbeurkundung. Mangels eines strafrechtlich potenziell relevanten Vergehens sei auch nicht ersichtlich, auf welcher Grundlage eine öffentlich-rechtliche Haftung für Schaden begründet werden könnte, und eine zivilrechtliche Haftung sehe das Verantwortlichkeitsgesetz nicht vor. Und nachdem die bei der Erstellung der Rechnung 2011 federführenden Personen nicht mehr im Amt oder Staatsdienst seien, falle eine disziplinarische Verantwortung von vornherein ausser Betracht.
Das Parlamentsbüro beantragt dem Gemeindeparlament, vom Kurzgutachten „Rechnungslegung 2011 Olten: Einhaltung von gesetzlichen und sachlichen Informationspflichten gegenüber dem Parlament“ Kenntnis zu nehmen.
Beschlussesantrag:
Vom „Kurzgutachten Rechnungslegung 2011 Olten: Einhaltung von gesetzlichen und sachlichen Informationspflichten gegenüber dem Parlament“ wird Kenntnis genommen.