Am 30. Januar 2014 haben Felix Wettstein (GO) und Mitunterzeichnende folgenden Vorstoss zu Handen des Gemeindeparlaments eingereicht:
„Der Stadtrat wird beauftragt, den Steuerfuss für Holding- und Domizilgesellschaften ab dem Steuerjahr 2015 auf 100 Prozent der einfachen Staatssteuer festzulegen. Die Genehmigung des Steuerfusses für Holding- und Domizilgesellschaften soll künftig jährlich dem Parlament unterbreitet werden und den Referendumsrechten unterstehen, analog den Beschlüssen zu den Steuerfüssen für die natürlichen und für die juristischen Personen.
Begründung:
Wenn in Steuerangelegenheiten von „juristischen Personen“ die Rede ist, gehen wohl die meisten davon aus, dass damit sämtliche Firmen und Unternehmen gemeint sind. Doch dem ist nicht so: Die Holding- und Domizilgesellschaften bilden eine eigene Kategorie. Ihr Steuerfuss kann beträchtlich von jenem der juristischen Personen abweichen: In Olten beträgt der Satz für die Holding- und Domizilgesellschaften aktuell und seit einiger Zeit bloss 50%. Für 2014 wird mit einem Ertrag von CHF 350‘000 gerechnet. Das entsprechende Konto Nr. 403 in Voranschlag und Rechnung trägt den unverdächtigen Titel „Vermögensgewinnsteuer“.
Vor allem aber entzieht sich der Steuerfuss für Holding- und Domizilgesellschaften praktisch immer der öffentlichen Wahrnehmung, denn die jährlich notwendige Zustimmung zu den Steuerfüssen betreffen nur die natürlichen und die (übrigen) juristischen Personen. Es dürfte den wenigsten bewusst sein, dass es in Olten Gesellschaften gibt, die anders als die meisten Unternehmen und Firmen behandelt werden.
Ein Blick auf die Gemeinden der Region zeigt: Die Steuerfüsse für die Holding-und Domizilgesellschaften variieren beträchtlich, jedoch gilt mit Abstand am häufigsten ein Satz von 100% (Steuerjahr 2013): Im Bezirk Olten in Wangen, Walterswil, Schönenwerd, Rickenbach, Gunzgen, Gretzenbach, Fulenbach und Eppenberg-Wöschnau; im Bezirk Gösgen in Lostorf, Stüsslingen, Niedergösgen, Wisen und Hauenstein-Ifenthal. Einzelne Gemeinden machen keinen Unterschied zu den juristischen Personen (z.B. Winznau 121%, Däniken 50%), einzelne – z.B. Dulliken, Obergösgen oder Hägendorf – sind mit 40% noch tiefer als Olten.
Die Erfahrungen zeigen, dass deswegen nicht alle „Briefkastenfirmen“ ihren Sitz nach Dulliken, Obergösgen oder Hägendorf verlegen. Mit einem Steuersatz von 100% wäre Olten in der Region gut eingebettet. Für die Stadt Olten würde ab 2015 ein zusätzlicher Steuerertrag von rund CHF 350‘000 resultieren.“
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Im Namen des Stadtrates beantwortet Stadtrat Benvenuto Savoldelli den Vorstoss wie folgt:
1. Definition von Holding- und Domizilgesellschaften
1.1 Definition der Holding- und Domizilgesellschaften / Besteuerung
Holdinggesellschaft
Die Holdinggesellschaft ist eine Kapitalgesellschaft oder Genossenschaft, deren statutarischer Zweck und die effektive Tätigkeit ausschliesslich oder überwiegend in der Beteiligung an anderen Kapitalgesellschaften besteht; der HG ist allerdings eine allge¬meine aktive Geschäftstätigkeit verwehrt.
Domizil- resp. Verwaltungsgesellschaft
Die Domizilgesellschaft ist eine rechtlich, wirtschaftlich und geschäftlich selbständige ju-ristische Person, die in der Schweiz eine Verwaltungstätigkeit, aber keine Geschäftstätig¬keit ausübt.
1.2 Unternehmenssteuerreform III
Da diese Unternehmungen in den jeweiligen Steuerdomizilen nahezu keine Infrastruktur benötigen, werden diese Unternehmungen sowohl auf Bundes-, Kantons- und Gemeinde¬ebene differenziert besteuert. Im Rahmen der Unternehmenssteuerreform III wird der Status dieser Unternehmungen auf allen drei Stufen (Bund, Kanton, Gemeinde) überdacht werden müssen. Dies kann, sofern die Reform per 2018 in Kraft treten wird, erhebliche Auswirkungen auf diese Gesellschaften haben. Gegebenenfalls wird dann nochmals eine Steuersatzrevision notwendig werden.
2. Gesetzliche Anpassung
2.1 Spielraum für die Bestimmung des Steuersatzes für Holding- resp. Domizilgesellschaften
Das Steuergesetz schreibt in § 253 Abs. 4 vor, dass die Gemeindesteuer von juristischen Personen, die nach den §§ 99 und 100 StG (sog. Holding-, Domizil-und Verwaltungsge-sellschaften) besteuert werden, höchstens im Betrag der ganzen Staatssteuer erhoben werden dürfen. In der Praxis liegen die Steuerfüsse der Gemeinden für solche Gesell¬schaften meist zwischen 30% und den maximal zulässigen 100% der ganzen Staats¬steuer. In diesem Zusammenhang sei erwähnt, dass ein Satz von 0% unzulässig ist, weil die Besteuerung im Steuergesetz vorgeschrieben und nicht bloss fakultativ ist.
Interessanterweise kommunizieren einige Gemeinden für Holding-, Domizil- und Verwal-tungsgesellschaften einen Steuersatz, der deutlich höher ist als 100%.
(Vergleiche Publikation des Kantons, Steuersätze 2013)
http://www.so.ch/fileadmin/internet/fd/fafaa/pdf/statistik_allgemein/SM_Steuern_und_Gebuehren_2013.pdf 2.2 Anpassung des Steuerreglementes der Stadt Olten
Der Steuerfuss für Holding-, Domizil- und Verwaltungsgesellschaften von aktuell 50% ist in § 5 des Steuer¬reglementes der Einwohnergemeinde Olten festgelegt. Dieser Steuersatz wird, im Gegen¬satz zu den Steuerfüssen für natürliche und juristische Personen, nicht jedes Jahr neu festgelegt, sondern muss bei gewünschten Veränderungen durch Anpassung des Steuer-reglementes festgelegt werden.
Um den Steuerfuss für diese Gesellschaften jährlich anzupassen, ist § 5 des Steuerreglementes aufzuheben und der Absatz 3 in § 4 entsprechend anzupassen. Im Weiteren müssen in einem neuen Absatz die Restriktionen gemäss kantonalem Steuergesetz er¬wähnt werden.
Jede Anpassung/Änderung des Steuerreglementes unterliegt jedoch der Genehmigung durch das Finanzdepartement (§ 257 Abs. 1 StG).
Das Steuerreglement von Olten müsste somit folgendermassen angepasst werden:
§ 4 Abs. 3 und 4
3 Für die natürlichen und für die juristischen Personen inklusive Holding-, Verwaltungs- und Domizilgesellschaften kann ein unterschiedlicher Steuerfuss festgelegt werden; der Steuerfuss für juristische Personen darf vom Steuerfuss für natürliche Personen um nicht mehr als drei Zehntel der ganzen Staatssteuer abweichen.
4 Der Steuersatz für Holding-, Verwaltungs- und Domizilgesellschaften unterliegt zusätzlich den Bestimmungen des kant. Steuergesetzes.
§ 5 Holding- Domizil- und Verwaltungsgesellschaften
Gestrichen
3. Anpassung des Steuersatzes
3.1 Erträge von Holding- und Domizilgesellschaften
Die Erträge aus den obenerwähnten Gesellschaften werden zusammen mit den anderen juristischen Personen unter dem Konto 900.401.01 budgetiert und verbucht. In der Motion wurde dabei irrtümlicherweise die Gewinnsteuer auf Grundstücke genannt.
In den Vorjahren wurden folgende Erträge dieser Gesellschaften veranlagt:
Jahr Betrag Bemerkung
2007 82‘096.25
2008 104‘494.15
2009 198‘321.95
2010 318‘062.40 100 Franken noch im Vorbezug
2011 333‘219.25
2012 344‘844.95
2013 329‘060.00 Sämtliche Steuern noch im Vorbezug
(Veranlagungsstand 24.2.2014)
3.2 Steuersätze der Holdingsteuern im kantonalen Vergleich
Bei 68 der gemeldeten Gemeinden beläuft sich der Steuerfuss für die erwähnten Gesellschaften auf den Maximalsteuersatz von 100%. Die zweite Konzentration der Steuerfüsse liegt bei 50%.
(nicht alle Gemeinden haben einen Holdingsteuersatz gemeldet, Angaben gemäss Amt für Finanzen, Kanton Solothurn)
3.3 Steuersätze der Holdingsteuer im Bezirk Olten
Im Bezirk Olten ist bemerkenswert, dass von den tiefsten 17 Steuersätzen 5 im Bezirk Olten anfallen.
(nicht alle Gemeinden haben einen Holdingsteuersatz gemeldet, Angaben gemäss Amt für Finanzen, Kanton Solothurn)
3.4 Anzahl registrierte Holding- und Domizilgesellschaften in Olten
In Olten sind zurzeit 44 dieser Gesellschaften im Steuerregister aufgeführt.
Von den 44 registrierten Holding- und Domizilgesellschaften haben rund 40% auch produzierende Tochtergesellschaften in Olten.
4. Erwägungen des Stadtrates
4.1 Anpassungen des Steuerreglements
Die jährliche Festlegung des Holdingsteuersatzes ist, sofern dies gewollt wird, grundsätzlich möglich. Das Parlament müsste jedoch das Steuerreglement gemäss obigen Ausführungen anpassen.
Eine Prüfung von 8 Steuerreglementen solothurnischer Einwohnergemeinden (Grenchen / Solothurn / Trimbach / Egerkingen / Starrkirch-Wil / Boningen / Rickenbach / Oensingen) hat ergeben, dass bei sämtlichen Gemeinden die Steuersätze in den jeweiligen Regle¬menten festgehalten sind und nicht durch die Gemeindeversammlung beschlossen werden.
Mit einer jährlichen Bestimmung des Steuersatzes für diese mobilen Gesellschaften erhöht sich die Unsicherheit dieser Unternehmungen. Eine Fixierung im Steuerreglement gibt den Unternehmungen mehr Planungssicherheit.
Aufgrund der guten Entwicklung dieser Gesellschaften in den letzten Jahren möchte der Stadtrat für diese Unternehmungen die Planungssicherheit beibehalten und die Festlegung der Steuersätze weiterhin im Steuerreglement festhalten.
4.2 Erhöhung des Steuersatzes
Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei den Holdinggesellschaften aktuell um 44 Unter-nehmungen. Viele diese Unternehmungen haben nebst dem Holding- oder Domizilsitz auch produzierende oder dienstleistende Tochtergesellschaften. Der Anteil der Holding¬steuern an den Gesamteinnahmen der juristischen Personen beträgt rund 2.2% (0.33 Mio. /14.8 Mio.)
Mit einer Verdoppelung der Steuern für diese Gesellschaften besteht die Gefahr, dass nebst einem möglichen Wegzug dieser Gesellschaften, die Tochtergesellschaften eben¬falls wegziehen werden. Das würde sich sehr negativ auf das Steuersubstrat der Stadt auswirken.
Der Steuerertrag der 44 in Olten ansässigen Holding- und Domizilgesellschaften hat im Jahr 2012 Fr. 344‘844.95 betragen. Interessanterweise betragen die Einnahmen der 5 Bestzahlenden Fr. 303‘101.90, wobei 4 davon der gleichen Firma zuzuweisen sind.
Der Steuerertrag von Holding- und Domizilgesellschaften konnte zwischen den Jahren 2007 und 2013 vervierfacht werden. Eine Erhöhung der Steuerfusses würde mit grösster Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass der grösste Teil dieses Ertrages wegfallen würde. Da keine Geschäftstätigkeit ausgeübt werden darf, kann ein Wegzug aus Olten ohne grosse Mühe bewerkstelligt werden. Weiter ist zu beachten, dass von den 44 registrierten Holding- und Domizilgesellschaften rund 40% auch produzierende Tochtergesellschaften in Olten haben.
Der Stadtrat beantragt dem Parlament aus den genannten Gründen die Motion abzulehnen.