Gert Winter (SVP) hat am 25. November 2013 folgenden Vorstoss bei der Stadtkanzlei eingereicht:
„Der Stadtrat wird beauftragt, dafür zu sorgen, dass in der Sozialregion Olten ein IKS (Internes-Kontroll-System) nach aktuellen Standards hinsichtlich der Fallführung, der Fallabrechnung, der Kompetenzregelung etc. eingeführt wird. Zusätzlich ist eine externe Revisionsstelle mit der Prüfung der Jahresrechnung und der Geschäftsführung auf der Basis des IKS (inkl. Ebene Einzelfallprüfung) zu beauftragen, welche dem Stadtrat jährlich Bericht in Form eines Managementletters zu erstatten hat.
(Der Managementletter ist ein üblicher Berichtsumfang einer Revisionsstelle, welche über den ordentlichen „Bestätigungsbericht“ hinaus geht und die detaillierten Prüfungsergebnisse inkl. Fehler und Abweichungen zum IKS aufzeigt.)
Begründung der Dringlichkeit
Die Dringlichkeit wird anlässlich der Gemeinderatssitzung begründet.
Materielle Begründung:
Um die Kostenentwicklung in der Sozialregion Olten beeinflussen zu können, stehen grundsätzlich mehrere Optionen zur Verfügung, z.B. die Änderung des kantonalen Rechts im Sinne einer Reduktion des Leistungsniveaus, die Anstellung von Sozialdetektiven oder die Kontrolle der Geschäftstätigkeit in der Sozialregion, basierend auf den aktuell geltenden Regeln. Vorliegende Motion beschränkt sich auf die Kontrolle der Geschäftstätigkeit, die über die buchhalterische Prüfung des Vorhandenseins von Belegen und dergleichen hinausgeht und insbesondere die Fallführung auf Stufe Dossier umfasst. Vorgesehen ist bei einer Prüfung nach IKS jährlich einmal eine interne Revision eines jeden Dossiers nach vorgegebenen Regeln. Dem Vernehmen nach gibt es in Olten kein IKS, eine externe, unabhängige Kontrolle noch viel weniger. Zudem wurde der Geschäftsprüfungskommission die Einsicht in Einzelfallakten verweigert; meiner Meinung nach zu Unrecht, denn auch die GPK ist an das Amtsgeheimnis wie auch die Bestimmungen über den Datenschutz gebunden. Allerdings ist die GPK aus verschiedenen Gründen nicht besonders geeignet zur Prüfung der Fallführung, weshalb vorliegend die Beauftragung einer externen Revisionsgesellschaft vorgeschlagen wird.
Zweck der Übung: Es muss sichergestellt werden, dass die Sozialbehörde ihr Ermessen pflichtgemäss ausübt. Es kann nicht sein, dass sich die Sozialregion Olten auf Stufe Dossier selbst kontrolliert. Das Fehlen sowohl einer wirksamen internen als auch einer unabhängigen externen Kontrolle lässt mitunter den Eindruck aufkommen, die Sozialregion verkomme zunehmend zu einem Selbstbedienungsladen (vor allem) für die Leistungsanbieter. Hinzu kommt, dass die SKOS-Richtlinien den Rechtsanwendenden teilweise einen grossen Ermessensspielraum einräumen. Dieser kann durch die Rechtsanwendenden nach dem persönlichen politischen Geschmack ausgefüllt werden, wenn die Sozialregion als Dunkelkammer organisiert ist; Dunkelkammern in der staatlichen Verwaltung haben unter rechtsstaatlichen Verhältnissen aber keine Existenzberechtigung. Im Rechtsstaat ist vielmehr Transparenz angesagt. Andernfalls könnte sich nicht einmal das Stadtratskollegium, wenn es die Weisung erteilt, die SKOS-Richtlinien seien bei Ermessensentscheiden restriktiv auszulegen, sicher sein, dass diese Weisung tatsächlich befolgt wird. Und der Gemeinderat von Olten könnte weiterhin mit der Behauptung abgespiesen werden, es gehe auf Einzelfallebene alles mit rechten Dingen zu und her, und im Übrigen hätten Krethi und Plethi kein Recht auf Akteneinsicht. Aus derlei Gründen ist es wesentlich, dass ausserhalb der Verwaltung stehende, unabhängige Personen (Revisoren), deren Horizont nicht beim Thema Umverteilung endet, die Geschäftsführung auf der Basis des IKS stichprobenweise kontrollieren können. Der Datenschutz oder das Amtsgeheimnis bilden in diesem Zusammenhang kein Hindernis.“
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Im Namen des Stadtrates beantwortet Stadtrat Peter Schafer den Vorstoss wie folgt:
Aktuelle Rahmenbedingungen
Das im Kanton Solothurn geltende Sozialgesetz schreibt die Wahl Sozialkommission vor, die verantwortlich für Fragestellungen der sozialen Sicherheit sowie für Bedarf und Qualität der Sozialhilfe ist und darüber entscheidet, ob eine Leistung gewährt wird (§ 28 Abs. 1 Sozialge-setz):
§ 28 Sozialkommission, Vormundschaftsbehörde und Sozialdienst
1 Die Sozialregion
a)* wählt eine Sozialkommission, die
- grundsätzliche Fragestellungen der sozialen Sicherheit beurteilt,
- insbesondere die Sozialhilfe plant, den Bedarf erfasst, die
Qualität sichert und darüber entscheidet, ob eine Sozialleistung
oder eine Dienstleistung gewährt wird,
3.* …
b) führt einen Sozialdienst, der
1.* im Einzelfall die Entscheidgrundlagen für die Sozialleistungen
sowie die Massnahmen des Kindes- und Erwachsenenschutzes
liefert,
2. mit Klienten und Klientinnen individuelle Ziele vereinbart und
die Massnahmen vollzieht und überprüft.
2 Die Einwohnergemeinden können eigene Sozialkommissionen bestimmen.*
Die Sozialverordnung des Kantons Solothurn beauftragt das kantonale Amt für soziale Sicherheit, in fachlicher und finanzieller Hinsicht als Aufsichts- und Prüfstelle tätig zu sein, alle Abrechnungen der Sozialregionen zu prüfen und die Verrechnung des Lastenausgleichs vorzunehmen (§ 92 und § 95 Sozialverordnung):
§ 92 Amt für soziale Sicherheit
1 Das Amt für soziale Sicherheit nimmt alle Aufgaben namens des Departementes
wahr, beaufsichtigt die Sozialkommission in fachlicher und finanzieller
Hinsicht, nimmt die Prüfhandlungen vor und erstellt alle für den Voll -
zug notwendigen Merkblätter und Formulare.
§ 95 Mitteilung und Abrechnung mit den Sozialregionen
1 Die Sozialregionen müssen dem Amt für soziale Sicherheit die Ausrichtung
wirtschaftlicher Hilfe innert 30 Tagen seit der Beschlussfassung mitteilen.
Bei verspäteter Mitteilung besteht kein Anspruch auf Kostenbeteiligung
oder Vergütung der Unterstützungskosten.
2 Die Sozialregionen stellen dem Amt für soziale Sicherheit innert 30 Tagen
nach Ablauf des Semesters ihre Semesterabrechnungen zu.
3 Das Amt für soziale Sicherheit überprüft die Semesterabrechnungen und
nimmt jährlich die Verrechnung des Lastenausgleichs vor. Die Abrechnung
hat periodengerecht zu erfolgen.
Erwägungen:
Gegenüber Sozialkommission und Amt für soziale Sicherheit, den dafür vorgesehenen Entscheidungs- und Kontrollgremien, besteht absolute Transparenz. Die Sozialkommission wird vom Gemeindeparlament gewählt und ist politisch ausgewogen. Jedes Dossier wird auf Subsidiarität und Berechtigung der Ansprüche geprüft. Jede Leistung muss innert 30 Tagen dem Kanton gemeldet werden. Das ASO revidiert vor Ort. Dazu setzt es mehrere Tage ein. Ist ein Dossier nicht korrekt oder besteht ein Mangel, wird dies sogleich kommuniziert und die Anrechnung im kantonalen Lastenausgleich zurück gewiesen. Im Gegensatz zu den Behauptungen des Motionärs, die Sozialregion bewege sich in einer „rechtsfreien“, „unkontrollierten“ „Dunkelkammer“, die sowohl den Klienten als auch den Leistungsanbietern als „Selbstbedienungsladen“ diene, bewegt sich die Sozialregion in einem stark kontrollierten System. Es besteht somit in keiner Weise eine „Lücke“, welche auf Ebene einer Sozialregion mit zusätzlichem Aufwand und entsprechenden Kosten zu schliessen wäre. Umsoweniger besteht Dringlichkeit in dieser Hinsicht.
Dass die Kostenentwicklung im sozialen Bereich zu Sorgen Anlass gibt, ist nachvollziehbar. Entsprechend sucht – richtigerweise – das ASO in Zusammenarbeit mit den Sozialregionen nach zusätzlichen Möglichkeiten, die Leistungserbringung zu optimieren. Im Laufe des nächsten Jahres dürften hier erste Ergebnisse vorliegen.
Auch die Sozialkommission befasst sich im Rahmen ihrer Aufgaben mit der Kostenentwicklung und prüft jeden Einzelfall kritisch. Erstaunlicherweise wird die vom Gemeindeparlament gewählte Sozialkommission gerne vergessen, obwohl ihr genau die Aufgaben obliegen und obwohl sie diese sorgfältig wahrnimmt. Jedes Kommissionsmitglied kann seiner Partei gegenüber – unter Berücksichtigung von Amtsgeheimnis und Datenschutz – Auskunft erteilen und über die sorgfältig abgewogenen Entscheide im Rahmen der geltenden Rechtsordnung berichten.
Fazit
Amt für soziale Sicherheit und Sozialkommission üben die gesetzlich definierten Aufgaben der fachlichen Führung, Aufsicht und Kontrolle aus und fällen die notwendigen Entscheide.
Gemeindeparlament, Stadtrat und Sozialdirektion bilden den organisatorischen Rahmen und stellen die notwendigen Ressourcen in gesetzlich geforderter Qualität zur Verfügung.
Die Sozialregion legt fachlich gegenüber der Sozialkommission und dem Amt für soziale Sicherheit Rechenschaft ab. Über die Art und Weise der fachlichen Kontrolle entscheidet das ASO. Eine vom Gemeindeparlament oder vom Stadtrat eingesetzte externe Revisionsstelle ist gesetzlich nicht vorgesehen.
Antrag
Die Motion ist abzulehnen, da die Anliegen einerseits den gesetzlichen Vorgaben (Struktur, Verantwortung, Entscheidungskompetenz) widersprechen und anderseits inhaltlich eine Doppelspurigkeit mit Kostenfolgen bedeuten würden. Unter den geltenden Rahmenbedingungen wäre die Motion zudem nicht umsetzbar.