Am 17. August 2013 haben Thomas Rauch (FDP) und Mitunterzeichnende zu Handen des Gemeindeparlaments eine dringliche Interpellation mit folgendem Wortlaut eingereicht:
«Olten hat in der Innenstadt die Begegnungszone mit Tempo 20 km/h eingeführt. Auf anderen zentrumsnahen und -ferneren Strassen wurde flächendeckend Tempo 30 km/h signalisiert. Olten hat in der grossen Begegnungszone radikal alle Fussgängerstreifen entfernt. Die ersten Erfahrungen seit Schulanfang zeigen, dass die Aufhebung aller Fussgängerstreifen zu einer Verunsicherung aller Verkehrsteilnehmer führt und die Verkehrssicherheit in Frage stellt.
Es ist speziell für Kinder im Vorschulalter und in den ersten Schuljahren schwierig, ohne Fussgängerstreifen erste Lernschritte und Selbständigkeit im Strassenverkehr zu erlangen. Fraglich ist auch, wo Kinder das „luege-lose-warte-laufe“ erlernen und praxisgerecht einüben sollen. Der Schweizerische Verband der Strassen- und Verkehrsfachleute empfiehlt denn auch, in Tempo 30-Zonen speziell auf Schulwegen die Fussgängerstreifen nur mit grosser Zurückhaltung aufzuheben.
Die Begegnungszone wurde in Olten ohne die zwingend notwendigen gestalterischen Massnahmen eingeführt. Die Abteilung Verkehrssicherheit im TCS hält fest: „Eine Zone wird zur blossen Alibi-Übung, wenn sie lediglich bei der Einfahrt signalisiert ist und auf die notwendigen, gestalterischen Massnahmen verzichtet wurde, die das Fahren mit hohem Tempo verhindern sollen. Fehlt es an Verkehrsberuhigungsmassnahmen, vergisst der Autolenker, dass er sich in einer speziellen Zone befindet. Derselbe Effekt kann auch auftreten, wenn die Zone zu gross ist. Ideal wäre die Zone, wenn eine spontane Temporeduktion einzig durch die Ausgestaltung ausgelöst wird, ohne dass eine Signalisierung nötig wäre.“
Frage 1:
Welche Sofortmassnahmen werden ergriffen, damit die Sicherheit der schwächsten Verkehrsteilnehmer (Kinder im Vorschulalter und in den ersten Schuljahren) auch ohne die lenkenden Fussgängerstreifen gewährleistet ist (insbesondere Bereich Hübeli-Schulhaus, etc.)?
Frage 2:
Warum führt die Stadt eine Begegnungszone ein und setzt dann die dafür zwingend notwendigen gestalterischen Massnahmen nicht rechtzeitig um?
Frage 3:
Per wann werden in der Begegnungszone die notwendigen gestalterischen Massnahmen vollzogen (z. B. Entfernung Trottoirs; Provisorium Zaun Hübeli)?
Begründung der Dringlichkeit
Seit dem Schulanfang Mitte August sind viele Eltern mit Kindern im Hübeli-Schulhaus stark verunsichert und haben grosse Sorgen um die Sicherheit ihrer Kinder. Sie erwarten eine sehr rasche Klärung der Situation.“
Im Namen des Stadtrates beantwortet Stadtpräsident Martin Wey den Vorstoss wie folgt:
Zur Frage der Dringlichkeit:
Der Stadtrat stimmt der dringlichen Behandlung zu.
Grundsätzliches:
Der Stadtrat hat grosses Verständnis für die Fragen der Interpellanten, ist ihm doch die Verkehrssicherheit in unserer Stadt ein grosses Anliegen. Er ist aber gleichzeitig überzeugt, dass gerade mit der Einführung der Tempo-30-Zone und der Begegnungszone eine wesentliche Verbesserung der allgemeinen Verkehrssicherheit und speziell der Situation für die zu Fuss Gehenden erreicht wird. Er ist sich auch bewusst, dass die bisher ergriffenen Massnahmen kostenbewusst das notwendige Minimum darstellen; allfällige weitergehende Massnahmen werden aufgrund der nun folgenden Erfahrungen definiert.
Mit Beschluss vom 28. März 2012 hat das Gemeindeparlament die Objektkredite für die Umsetzung des im Rahmen der Strategie Innenstadt definierten Bausteins A.1 (Kirchgasse/innere Baslerstrasse Süd) inkl. Instandsetzung der Abwasseranlagen und neue Busführung über die Konradstrasse genehmigt. Bei dieser Gelegenheit wurde dem Gemeindeparlament auch das neue Verkehrskonzept Innenstadt mit der beabsichtigten Begegnungszone und Tempo-30-Zone zur Kenntnis gebracht, wie auch die Absicht des Stadtrates, die räumliche Gestaltung der Innenstadt im Rahmen von unabhängigen Bausteinen etappenweise anzugehen. Bei der Umsetzung werden die Sanierungszyklen der Kanalisationen, politische Entscheide und die finanziellen Möglichkeiten der Stadt berücksichtigt.
Betreffend Ausgestaltung des Strassenraumes muss gemäss Art. 5 der Verordnung über die Tempo-30-Zonen und Begegnungszonen Folgendes eingehalten werden:
1. Die Übergänge vom übrigen Strassennetz in eine Zone müssen deutlich erkennbar sein. Die Ein- und Ausfahrten der Zone sind durch eine kontrastreiche Gestaltung so zu verdeutlichen, dass die Wirkung eines Tores entsteht.
2. Der Zonencharakter kann mit besonderen Markierungen gemäss den einschlägigen technischen Normen verdeutlicht werden.
3. Zur Einhaltung der angeordneten Höchstgeschwindigkeit sind nötigenfalls weitere Massnahmen zu ergreifen, wie das Anbringen von Gestaltungs- oder Verkehrsberuhigungselementen.
Da mit der baulich optimalen Ausgestaltung der Strassenräume aus den genannten Gründen noch zugewartet werden muss, sind mit der Einführung der Begegnungszone Innenstadt in einem ersten Schritt primär die gesetzlich vorgeschriebenen Massnahmen umgesetzt worden, wie die Aufhebung von Markierungen und an den Zoneneingängen die Erstellung der als Tore wirkenden Signalisationsstelen mit den zugehörigen strassenquerenden weissen, einen Meter breiten Streifen.
Betreffend Markierungen ist zu bemerken, dass in den Begegnungszonen keine Fussgängerstreifen zulässig sind, da die zu Fuss Gehenden überall Vortritt geniessen. Einzelne Fussgängerstreifen würden das generelle Vortrittsrecht vermeintlich wieder einschränken und damit für Verwirrung sorgen. In den Tempo-30-Zonen haben die Fussgänger keinen Vortritt; Fussgängerstreifen dürfen in begründeten Fällen angebracht werden, namentlich bei Schulen und Heimen. So wurde bei der Musikschule der Fussgängerstreifen belassen. Gerade aufgrund des tieferen Geschwindigkeitsniveaus sollen die zu Fuss Gehenden jedoch die Strassen dort überqueren, wo sie sich sicher fühlen und nicht dort wo sie «müssen». Sie sind damit auch nicht gezwungen, allfällige Umwege über einen Fussgängerstreifen in Kauf zu nehmen.
Die beste Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden ist und bleibt die Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeiten von 20 und 30 km/h. Der Stadtrat ist sich bewusst, dass die umgesetzten Massnahmen nicht überall genügen könnten, damit die in den Zonen angeordneten Höchstgeschwindigkeiten auch permanent eingehalten werden. Die Situation wird deshalb laufend beobachtet und wo nötig werden Sofortmassnahmen ergriffen. So wird an der Baslerstrasse im Bereich zwischen Römerstrasse und Konradstrasse ein zwei Meter breiter, gestalteter Mittelstreifen angebracht. Dieser Streifen dient den zu Fuss Gehenden im überbreiten Strassenraum als Querungshilfe und engt diesen optisch ein. Aufgrund einschlägiger Erfahrungen kann damit eine temporeduzierende Wirkung erwartet werden.
Das neue Regime muss sich aber auch einspielen. Nach Ablauf maximal eines Jahres wird ein Controlling durchgeführt. Soweit nötig werden dann weitere (immer noch Baustein-unabhängige, d.h. provisorische) bauliche Massnahmen ergriffen.
Zu den einzelnen Fragen:
Frage 1: Welche Sofortmassnahmen werden ergriffen, damit die Sicherheit der schwächsten Verkehrsteilnehmer (Kinder im Vorschulalter und in den ersten Schuljahren) auch ohne die lenkenden Fussgängerstreifen gewährleistet ist (insbesondere Bereich Hübeli-Schulhaus, etc.)?
Die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden muss sofort, d.h. auch während der Einführungszeit gewährleistet sein. Aus diesem Grund sind in der Begegnungszone dauernd zwei sogenannte Viasis-Geräte im Einsatz, welche das gefahrene Tempo anzeigen und auf zu hohe Geschwindigkeiten aufmerksam machen. Auch unternimmt die Stadtpolizei regelmässige Radarkontrollen in allen Strassenzügen der Tempo-30-Zonen und der Begegnungszone.
Kinderspezifische Sofortmassnahmen betreffen die Verkehrserziehung, die Polizeipräsenz und Markierungen. So werden durch die Verkehrserziehung der Stadtpolizei die Kinder auf das korrekte Verhalten im Strassenverkehr aufmerksam gemacht. Dies beinhaltet auch das Verhalten in den Begegnungszonen sowie in den Tempo-30-Zonen. Die Instruktorinnen und Instruktoren der Verkehrserziehung schulen dabei auch die Schüler des Hübelischulhauses. Auch wird die Stadtpolizei im Rahmen ihrer Patrouillentätigkeit auf den Schulwegen innerhalb der neu signalisierten Zonen weiterhin und vor allem während den Schulbeginn- und Schlusszeiten durch Präsenz Einfluss nehmen und mit der Bildungsdirektion und Schulleitung werden Gespräche über mögliche weitere Massnahmen (Einbezug Eltern, Instruktion der Kinder, etc.) geführt. Zudem wird an der Konradstrasse in Fahrrichtung Baslerstrasse im Bereich des Stadthauses eine weitere Bodenmarkierung «Achtung Schulkinder» angebracht, wie sie in der Gegenrichtung im Bereich der Stadtkirche bereits besteht.
Frage 2: Warum führt die Stadt eine Begegnungszone ein und setzt dann die dafür zwingend notwendigen gestalterischen Massnahmen nicht rechtzeitig um?
Die gesetzlich vorgeschriebenen bzw. zwingenden Massnahmen sind rechtzeitig umgesetzt worden. Weitere Massnahmen werden erst zwingend, wenn das Tempo längerfristig nicht eingehalten wird. Aus diesem Grund müssen die realisierten Massnahmen spätestens nach einem Jahr – nachdem sich das neue Verkehrsregime einspielen konnte – auf ihre Wirkung hin überprüft werden. Wurden die angestrebten Ziele nicht erreicht, müssen anschliessend zusätzliche Massnahmen ergriffen werden.
Frage 3: Per wann werden in der Begegnungszone die notwendigen gestalterischen Massnahmen vollzogen (z. B. Entfernung Trottoirs; Provisorium Zaun Hübeli)?
Die räumlich optimale Ausgestaltung wird im Rahmen der erwähnten Bausteine vorgenommen werden. Diese stehen wiederum in Abhängigkeit zur Finanzplanung bzw. zu den finanziellen Möglichkeiten der Stadt und den erforderlichen politischen Entscheiden und werden wie erwähnt auch mit Sanierungszyklen der Kanalisationen abgestimmt.