Sehr geehrte Frau Präsidentin
Sehr geehrte Damen und Herren
Der Stadtrat unterbreitet Ihnen folgenden Bericht und Antrag:
1. Ausgangslage
Am 27. September 2012 wurde die Initiative «Stadtseiten verbinden» amtlich publiziert. Sie lautet wie folgt:
«Die unterzeichnenden Stimmberechtigten der Einwohnergemeinde der Stadt Olten stellen hiermit im Sinne einer Anregung gemäss Art. 11 der Gemeindeordnung der Einwohnergemeinde der Stadt Olten vom 28. September 2000 folgendes Begehren:
Der Stadtrat von Olten wird verpflichtet, bis spätestens 18 Monate nach Annahme der vorliegenden Initiative dem Parlament und gegebenenfalls dem Volk eine entscheidungsreife Vorlage mit einem entsprechenden Verpflichtungskredit zu folgendem Zweck vorzulegen:
Zwischen (alter) Aarauerstrasse und Alter Brücke realisiert die Stadt Olten eine in beide Richtungen sichere, direkte und helle Verbindung für den Velo- und Fussverkehr, die der Bedeutung dieser Querung für den Langsamverkehr zwischen rechter und linker Stadtseite gebührend Rechnung trägt.
Begründung:
Seit Jahren ist die Situation für den Fuss- und Veloverkehr (Langsamverkehr) beim Winkel eine Zumutung. Der Stadtrat beschloss im Juni 2012 bei der Winkel-Unterführung nichts zu tun und zuzuwarten, da „die Dringlichkeit nicht gegeben" sei. Das lnitiativkomitee "Stadtseiten verbinden" sieht das anders und fordert stattdessen eine Vorwärts-Strategie zur Beendigung der unhaltbaren Situation und auch für den Langsamverkehr eine angemessene Verbindung der beiden Stadtseiten:
- "Bis spätestens 18 Monate nach Annahme der Initiative":
Damit das Anliegen nicht wieder schubladisiert werden kann.
- "Zwischen (alter) Aarauerstrasse und Alter Brücke":
Damit die Stadt eine zweite Chance erhält, um mit allen Partnern (SBB, Winkel- Eigentümer-schaft und Kanton) nach der besten Lösung zu suchen.
Damit niemand mehr Angst haben muss, wenn er nachts die Stadtseite wechseln will.
Weil der heutige Winkel verwinkelt und nicht überschaubar ist und den Tunnel länger als nötig macht und weil damit klar ist, dass eine "Pinselrenovation" keine Lösung ist.
- "Hell": Weil Fussgängerinnen und Fussgänger sowie Velofahrerinnen und Velofahrer am liebsten möglichst viel Tageslicht haben und möglichst wenig unter die Erde wollen.
II. Folgende Personen gehören dem Initiativkomitee (Urheberinnen oder Urheber) an:
De Schepper Werner (1965), Wilerweg 57, Ginsig Christian (1972), Dreitannenstrasse 10, Nünlist Luc (1990), Bleichmattstrasse 52, Liechti Markus (1966), Untergrundstrasse 1, Probst Daniel (1973), Höhenstrasse Ost 59e, Schaffner Susanne (1962), Hardfeldstrasse 45, Wettstein Felix (1958), Platanen 44, alle in 4600 Olten.
Das lnitiativkomitee ist berechtigt, diese Volksinitiative jederzeit zurückzuziehen.»
Die 60-tägige Sammelfrist endete am 26. November 2012. Fristgerecht wurden der Stadtkanzlei die Unterschriftenbogen eingereicht.
In sinngemässer Anwendung von § 137 Gesetz über die politischen Rechte hat die Stadt¬kanzlei die Unterschriftenlisten formell zu überprüfen und die Gesamtzahl der gültigen Unterschriften zu ermitteln. Die Überprüfung hat ergeben, dass 1007 Unterschriften gültig sind und demnach die Initiative zustande gekommen ist. Nach Art. 11 der Gemeindeordnung sind für eine Initiative 500 Unterschriften notwendig.
Die Frist für die Durchführung der Urnenabstimmung über die Volksinitiative in Form einer Anregung ergibt sich aus Art. 11 Gemeindeordnung und beträgt 9 Monate. Der Ablauf der Volksinitiative ist in der nachfolgenden Grafik dargestellt. Der Stadtrat als zuständige Behörde hat das Zustandekommen der Initiative am 13.12.2012 formell festgestellt und die Gemeindeparlamentsabstimmung über die Initiative auf den 23.5.2013 festgesetzt.
Ablauf Volksinitiative
2. Stellungnahme des Stadtrates
2.1 Bestehende Situation
Die heute bestehende Verbindung zwischen der alten Brücke und alten Aarauerstrasse ist für den Fussverkehr über die rund 300 Meter lange Winkel-Unterführung und für den Velo¬verkehr lichtsignalgesteuert und auf Velostreifen via Postplatz – Unterführungsstrasse – von Rollstrasse sichergestellt. Die Unterführung ist unattraktiv ausgestaltet und die Velofah¬renden haben knappe Grünzeiten für die Querung der Aarburgerstrasse zur Verfügung. Die Aufwertung der Winkel-Unterführung ist eine seit Jahren bestehende Forderung aus der Bevölkerung; zudem wurde auch schon mehrfach eine Öffnung der Unterführung für den Veloverkehr postuliert.
In der Unterführung gehören die Wegflächen unter den Strassenarealen und den Gleisanlagen teilweise der Stadt, dem Kanton und den SBB, die Flächen unter der Überbauung Winkel hingegen sind in privater Hand. Sie alle sind in den Nutzungsplänen als Flächen für den öffentlichen Fussgängerverkehr ausgeschieden. Deshalb ist Velofahren in der Unterführung nicht zulässig und die Grundeigentümerschaft der Winkel-Überbauung will dies auch so belassen. Sie akzeptiert keinen Veloverkehr in der Unterführung.
Oberirdisch soll nach der Eröffnung der ERO im Rahmen der Umgestaltungsmassnahmen (UM), von der alten Brücke zur Winkel-Überbauung, ein lichtsignalgesteuerter ca. 4 m breiter Fussgängerstreifen über die Aarburgerstrasse erstellt werden (Abb. 1). Aufgrund veränderter Verkehrsdaten erarbeiten Stadt und Kanton zusammen noch dieses Jahr ein neues Betriebskonzept für den Bereich Postplatz – Säliknoten. Die UM werden für diesen Bereich neu definiert, wobei eine Abwägung zwischen den verschiedenen Interessen vorgenommen werden muss und, nach Ansicht der Stadtbehörden, den Querungsmöglichkeiten über die Aarburgerstrasse grösste Bedeutung zu schenken ist. Die UM sollen voraussichtlich nach wie vor im 2015 realisiert werden.
Abb. 1: ERO / Umgestaltungsmassnahmen
2.2 Planungen / Studien
Die gemäss Volksinitiative gestellten Forderungen können aus Sicht des Stadtrates nur mit der Aufwertung der Winkel-Unterführung und der Realisierung guter Querungsmöglichkeiten für den Langsamverkehr über die Aarburgerstrasse realisiert werden. Zu diesem Zweck sind bereits in den Jahren 2011 und 2012 im Auftrage des Stadtrates mit der Metron Bern AG Studien für Massnahmenvorschläge zur Verbesserung des Sicherheitsempfindens, der stadträumlichen Erscheinung und der allgemeinen Attraktivität erarbeitet worden. Das Projekt ist dem Bund im Rahmen des Agglomerationsprogrammes 2. Generation auf der Basis einer geschätzten Investition von CHF 5 Mio. zur Mitfinanzierung beantragt worden. Der entsprechende Entscheid des Bundes ist erst Mitte 2013 zu erwarten.
Das gesamte Projekt wurde in kooperativer Zusammenarbeit mit der Grundeigentümerschaft der Winkel-Liegenschaft erarbeitet. Eine aus verschiedenen Interessengruppen und Kommissionen zusammengesetzte Gruppe begleitete den Planungsprozess, welcher die relevanten Ansprüche respektive Bedürfnisse vom Fuss- und Veloverkehr sowie Gewerbe/Dienstleistungen und die weiteren Interessen der Grundeigentümerschaft berücksichtigte. Der Bearbeitungsperimeter umfasste die Winkel-Unterführung, die Schnittstellen zur Nutzungsentwicklung der Winkel-Liegenschaft (Entwicklung des Erdgeschosses und wirtschaftliche Themen), die Schnittstellen zum Projekt UM/VM ERO, die Entwicklung der Bahnhofstrasse inkl. der Schnittstellen zum Neubau auf dem Belser-Areal, zum Projekt Andaare (Wildsauplatz), zur Tannwaldstrasse (Projekt Bahnhof Ost) und zur Fachhoch¬schule (Anbindung an Entréeplatz) sowie generell die Langsamverkehrsthematik.
In den Workshops mit der Begleitgruppe kristallisierten sich diejenigen Lösungen für eine Aufwertung der Winkel-Unterführung heraus, welche eine funktionale und sichere Verbin¬dung / Querungsmöglichkeit der Strassen- und SBB-Anlagen, sowohl für zu Fussgehende als auch für Velofahrende bieten. Dabei lassen sich zwei Stossrichtungen unterscheiden, nämlich die Aufwertung mit Velofahrenden in der Unterführung oder die Aufwertung inklusive einer Fussgänger- und Velorampe ab Bahnhofstrasse, welche die unterirdische Führung minimal auf die Bahngleise reduziert und mit welcher der private Teil der Winkelunterführung umgangen werden kann.
In die Planung mit einbezogen wurde die Erkenntnis des Kantons, dass zukünftig in den Stosszeiten Fussgänger/innen die Aarburgerstrasse über den neuen Fussgängerstreifen wahrscheinlich nicht auf ein Mal queren können, sondern nur in zwei Etappen. Das heisst, dass sie auf einer Mittelinsel die nächste Grünphase der Lichtsignalanlage abwarten müssen. In den übrigen Zeiten wird die Querung der Aarburgerstrasse voraussichtlich in einer einzigen Querungsphase möglich sein. Aus diesem Grund wird der Fussverkehr in den Stosszeiten eher auf die oberirdische Querung verzichten und die Winkel-Unterführung in ihrer heute bestehenden vollen Länge nutzen. Ausserhalb dieser Zeiten, so auch in der Nacht, wird dann eher die Route oberirdisch zwischen alter Brücke und den Treppenanlagen der Winkel-Überbauung gewählt und erst ab da unterirdisch unter den SBB-Gleisanlagen hindurch (Abb.2).
Abb. 2: Fussgängerroute oberirdisch Fussgängerroute unterirdisch
2.2.1. Aufwertung mit Velofahrer in der Unterführung
Für die Aufwertung der Unterführung unter Einbezug von Velofahrenden können je nach Nutzungsvorstellungen der heutigen Ladenflächen verschiedene bauliche und gestalterische Massnahmen ergriffen werden. Die Kosten dafür betragen gemäss Kostenschätzung brutto ca. CHF 3.5 Mio. bis 5 Mio. (+/- 20%). Bei allen Lösungen mit Veloverkehr in der Unterfüh¬rung ist zu bedenken, dass die bestehenden, die Unterführung erschliessenden Rampen steil und schmal ausgestaltet sind. Sie sind deshalb für Veloverkehr nicht geeignet. Die Konflikte zum Fussverkehr sind zu gross und die Velos müssten gestossen werden.
Die Grundeigentümerschaft der Winkel-Unterführung lehnt Velofahren in der Unterführung strikte ab. Aus ihrer Sicht muss in diesem Fall die Ladennutzung in der Unterführung aufgegeben werden, da die Unfallgefahr zwischen Kunden und Velofahrenden zu gross sei. Will die Stadt eine solche Lösung, muss sie die entsprechenden Rechte für den Veloverkehr erwerben und die Unterführung in eigener Verantwortung betreiben. Die einfachste Möglichkeit dafür ist der Erwerb der gesamten Liegenschaft oder von Teilen davon. Daraus ergeben sich die folgenden zwei Aufwertungs-Varianten a und b:
2.2.1.a Kauf der gesamten Liegenschaft
Die Grundeigentümerschaft hat zu Beginn der Planung der Stadt die Liegenschaft zum Preis von rund CHF 17.5 Mio. zum Kaufe angeboten. Der Preis wurde nicht verhandelt, nach neusten Aussagen der Grundeigentümerschaft ist dieser aber inzwischen gestiegen. Wie hoch ist dem Stadtrat nicht bekannt. Die von der Stadt in Auftrag gegebene Verkehrswert¬berechnung ergibt einen Preis von CHF 15.25 Mio. mit einer Bruttorendite von rund 8%.
Der Winkel befindet sich an einer für Oltens Entwicklung strategisch wichtigen Lage. Ein übergeordnetes öffentliches Interesse am Erwerb der Liegenschaft kann begründet werden. Bei einem Erwerb der Liegenschaft steht die Gründung einer Immobiliengesellschaft im Vordergrund. Dabei müssten ca. 40% des Kaufpreises als Eigenkapital eingebracht werden. Zusammen mit den Aufwertungsmassnahmen in der Unterführung wäre in diesem Fall mit einem Kapitalbedarf von mind. CHF 11 Mio. zu rechnen.
Der Kauf der Liegenschaft würde nicht nur die beabsichtigten Aufwertungsmassnahmen in der Unterführung ermöglichen, sondern auch die gezielte Entwicklung der Liegenschaft nach noch zu definierenden Vorstellungen der Stadt (neue Nutzungen / ev. An-, Um- und Neubauten). Nach erfolgter Aufwertung bzw. Entwicklung der gesamten Liegenschaft könnte diese zumindest teilweise und ev. sogar gewinnbringend wieder verkauft werden. Eine andere Möglichkeit wäre ein Investorenwettbewerb nach den Entwicklungsvorstellungen der Stadt. Der Verkauf der Liegenschaft würde in diesem Fall erst nach der Inkraftsetzung entsprechender Nutzungspläne erfolgen.
Vorteile:
• gezielte Entwicklung der Liegenschaft mit optimalem, bedürfnisgerechtem Nutzungs- und Betriebskonzept möglich
• alleiniges Verfügungsrecht der Stadt
• alleinige Finanzkompetenz
• optimale Voraussetzungen für zweckdienliche Massnahmen
• Investition abgesichert
• Investitionsrückfluss (Ertrag)
Nachteile:
• hoher Finanzbedarf
2.2.1.b Teilkauf des Untergeschosses auf der Ebene der Unterführung
Alternativ zum Kauf der gesamten Liegenschaft hat die Grundeigentümerschaft der Stadt die relevanten Teile der Unterführung für den Preis von 2 Mio. Franken zum Kaufe angeboten. Der Preis wurde nicht verhandelt, nach neusten Aussagen der Grundeigentümerschaft ist dieser aber inzwischen gestiegen. Die von der Stadt in Auftrag gegebene Verkehrswertberechnung ergibt einen Preis von rund Fr. 1.4 Mio. mit einer Bruttorendite von rund 7%.
Neben der Bahnhofunterführung ist die Winkel-Unterführung die zweite bedeutende Möglichkeit der Stadtquerung. Ein übergeordnetes öffentliches Interesse am Erwerb der Liegenschaft kann damit begründet werden. Ebenso der vorsorgliche Erwerb eines Vorkaufsrech¬tes. Zusammen mit den Aufwertungsmassnahmen in der Unterführung muss in diesem Fall mit einem Kapitalbedarf von ca. CHF 7 Mio. gerechnet werden.
Vorteile:
• Finanzaufwand geringer als bei Alleineigentum
• Freiraum bezüglich Gestaltung und innerhalb gewisser Grenzen auch beim Betriebskonzept
• Investition einigermassen abgesichert
• Bescheidener Investitionsrückfluss (Ertrag)
Nachteile:
• Bei allen, das Eigentum betreffenden Entscheidungen ist die Zustimmung der Mehrheitseigentümerschaft erforderlich
• Mehrheitseigentümer bestimmt auch weitgehend den Unterhaltsaufwand
• Eine spätere Änderung des Status der Unterführung ist nur mit der Zustimmung der Mehrheitseigentümerschaft möglich
• Position der Stadt ist bei allfälliger Zahlungsunfähigkeit der Mehrheitseigentümerschaft problematisch
2.2.1.c Miete des Untergeschosses auf der Ebene der Unterführung
Nebst dem Kauf bzw. Teilkauf besteht auch die Möglichkeit der Miete. Dazu liegt trotz mehrmaliger Aufforderung seitens der Stadt keine Offerte der Grundeigentümerschaft vor. Die Miete ist aber nur eine Lösung auf Zeit. Die Stadt müsste alle Geschäftsflächen der Unterführung mieten und die baulichen Aufwertungsmassnahmen selbst berappen. Die Investitionen wären in einem solchen Fall nicht gesichert und die Konsequenzen der Miete vorläufig nicht definierbar. Aus diesen Gründen kann die «Miet-Lösung» als Basis einer Aufwertung der Winkel-Unterführung nicht empfohlen werden.
2.2.2 Aufwertung mit Fussgänger- und Velorampe ab Bahnhofstrasse
Sollten Velofahrende die SBB Gleisanlagen anderswo als wie heute in der Unterführungsstrasse unterqueren können, ohne dazu aber die Winkel-Unterführung im Bereich der privaten Winkel-Überbauung zu benutzen, müsste der Bau eines Rampenbauwerkes in der Bahnhofstrasse ins Auge gefasst werden, welche direkt vor den SBB-Gleisanlagen in die Winkel-Unterführung mündet.
Um diese Lösung umzusetzen, muss der gesamte Knoten Aarburgerstrasse – Bahnhofstrasse umgebaut und die Bahnhofstrasse im Bereich der Winkel-Überbauung neu gestaltet werden. Der Bau des Rampenbauwerkes verursacht gemäss Schätzung Kosten von brutto ca. CHF 2.5 Mio. Dazu kommen die Aufwendungen für die Aufwertung der Winkel-Unterführung. Diese betragen brutto ca. CHF 1 Mio. (Pinselrenovation) bis 3.5 Mio. Die Gesamtkosten bewegen sich damit zwischen brutto ca. CHF 3.5 Mio. bis 6 Mio. (+/- 20%). Dazu kommen Kosten in unbekannter Höhe für den allfälligen Erwerb eines Vorkaufrechtes der Unterführung.
Vorteile:
• Massnahme Velo wird weitgehend von der Grundeigentümerschaft Winkel unterstützt
Nachteile:
• hoher Finanzbedarf
• fragwürdiges Kosten-Nutzen-Verhältnis
• Investitionen im privaten Unterführungsbereich sind nicht abgesichert
• kein Investitionsrückfluss
• Position der Stadt ist bei allfälliger Zahlungsunfähigkeit der Mehrheitseigentümer-schaft problematisch
2.2.3 Aufwertung ohne Velofahrer in der Unterführung
Aufgrund der hohen Investitionskosten bzw. des hohen Finanzbedarfes bei den Lösungen mit Veloverkehr in der Unterführung sind auch Szenarien für eine Aufwertung der Unterführung ohne Veloverkehr erarbeitet worden. Die Kosten für die Aufwertung bzw. bauliche Massnahmen in der Unterführung betragen brutto ca. CHF 2.5 Mio. bis 3.5 Mio. Die Velo¬fahrenden würden auf der bestehenden Route verkehren.
Vorteile:
• Finanzbedarf ist geringer als bei Szenarien mit Veloverkehr
Nachteile:
• Investitionen sind nicht abgesichert
• kein Investitionsrückfluss
• Position der Stadt ist bei allfälliger Zahlungsunfähigkeit der Mehrheitseigentümerschaft problematisch
• Keine Verbesserung für Veloverkehr
2.2.4 Pinselrenovation
Die echte Aufwertung der Winkel-Unterführung kann natürlich auch aus z.B. finanziellen Überlegungen zeitlich hinausgezögert oder nicht mehr in Betracht gezogen werden. Als Sofortmassnahme bietet sich in diesem Fall eine Pinselrenovation an. Die Kosten dafür belaufen sich auf brutto ca. CHF 1 Mio. Die Grundeigentümerschaft würde sich an den Kosten beteiligen. Der entsprechende Betrag ist noch unverhandelt.
Vorteile:
• Verbesserung des subiektiven Sicherheitsgefühls
2.3 Umsetzung
Die Aufwertungsmöglichkeiten ermöglichen keine wirklich befriedigenden Lösungen:
• Ein Kauf der gesamten Winkel-Überbauung würde der Stadt Olten zwar freie Hand für eine Aufwertung gewähren; selbst bei der Gründung einer Immobiliengesellschaft, damit nur ein Teil des Kaufpreises als Eigenkapital eingebracht werden müsste, ist inklusive Aufwertungsmassnahmen jedoch mit Kosten in zweistelliger Millionenhöhe zu rechnen. Der Erwerb lediglich der relevanten Teile der Unterführung würde zwar den Kaufpreis reduzieren; bei allen Entscheiden wäre jedoch die Zustimmung der Mehrheitseigentümerschaft der Überbauung erforderlich, die auch den Unter¬haltsaufwand bestimmen würde. Ein Kauf würde die Finanzplanung stark belasten und es müssten im Gegenzug andere Vorhaben zurückgestellt werden.
• Die Miete des Untergeschosses – mit oder ohne Veloverkehr – ist lediglich eine Lösung auf Zeit und die Investitionen wären in keiner Weise gesichert.
• Mit dem Bau einer separaten Fussgänger- und Velorampe an der Bahnhofstrasse könnte zwar den Velofahrenden und den zu Fussgehenden eine zusätzliche weitgehend oberirdische Route angeboten werden, deren Attraktivität aber in Abhängigkeit steht mit der zur Verfügung stehenden Querungszeit der Aarburgerstrasse. Diese wird voraussichtlich während den Stosszeiten sehr kurz sein. Zudem müssen die Velos bei der Rampe «alte Aarauerstrasse» gestossen werden, da diese schmal und zu steil ausgestaltet ist.
Aus diesen Gründen hat der Stadtrat Mitte 2012 beschlossen, den Status quo vorläufig beizubehalten und – abgesehen von einer allfälligen Pinselrenovation –zuzuwarten, u.a. weil die oberirdischen Querungsmöglichkeiten überprüft werden und Erfahrungen fehlen mit den Auswirkungen wichtiger Projekte wie z.B. den Fachhochschulneubau und den damit verbun-denen Fussgängerströmen.
2.4 Zur Volksinitiative
Die Volksinitiative «Stadtseiten verbinden» entspricht den Zielsetzungen des Stadtrates, ist doch gerade für die prosperitive Entwicklung von Olten Ost wie auch des Stadtzentrums sowie für die Verbesserung der Lebensqualität die Attraktivierung der Langsam¬verkehrsachse alte Brücke – alte Aarauerstrasse wichtig. Aus diesem Grund unterstützt der Stadtrat die Ziele der Volksinitiative. Er stellt aber gleichzeitig fest, dass
1. ein Kauf der Liegenschaft Winkel oder Teilen davon aufgrund der hohen notwendigen Investitionskosten und der Finanzlage nicht in Erwägung gezogen werden kann:
Der Investitionsbedarf beträgt inklusive die Aufwertungsmasnahmen in der Unterführung für den Kauf der Liegenschaft mindestens CHF 11 Mio. und für einen Teilkauf mind. CHF 6 Mio.
2. eine Miete der Unterführung keine nachhaltige Lösung darstellt sowie zu hohe Risiken enthält und deshalb nicht als Lösung weiterverfolgt wird.
3. der Nutzen bei der Aufwertung der Unterführung inklusive einer Fussgänger- und Velorampe ab Bahnhofstrasse gering und die Kosten sehr hoch sind und daher diese Lösung nicht weiter verfolgt wird:
Die Kosten betragen brutto ca. CHF 3.5 Mio. (Pinselrenovation) bis 6 Mio.
Somit bietet sich aus Sicht des Stadtrates die „Lösung“ des Anliegens nur im Rahmen einer Aufwertung ohne Veloverkehr in der Winkel-Unterführung sowie in attraktiven Querungsmöglichkeiten für den Langsamverkehr über die Aarburgerstrasse an. Dabei sind die Querungen der Kantonsstrasse nicht im Ermessen bzw. in der Kompetenz des Stadtrates, wenn er sich auch wie angekündigt für deren Verbesserungen mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln im Rahmen des dieses Jahr zu erarbeitenden Betriebskonzeptes engagiert einsetzen will. Die Aufwertung der Unterführung ohne Veloverkehr ihrerseits liegt zwar in der Kompetenz des Stadtrates; sie dürfte hingegen nicht mit den hohen Erwartungen der Urheber der Volksinitiative übereinstimmen.
Im Bewusstsein und in der Konsequenz, dass aus Sicht des Stadtrates für das Anliegen der Volksinitiative unter den bestehenden Rahmenbedingungen weder sachlich-technisch noch finanziell eine befriedigende Lösung in Aussicht gestellt werden kann, die deren Zielsetzung entspricht, und dass die Frage der Querungsmöglichkeiten über die Kantonsstrasse nicht in der Entscheidungskompetenz der Stadtbehörden liegt, empfiehlt der Stadtrat dem Gemeindeparlament, die Volksinitiative „Stadtseiten verbinden“ dem Stimmvolk zur Ablehnung zu empfehlen.
3. Stellungnahme der Stadtentwicklungskommission
Die Kommission für Stadtentwicklung hat die Volksinitiative an ihrer Sitzung vom 4. April 2013 behandelt. Dabei reichte die Palette der gewünschten Massnahmen von einer Pinselsanierung bis zum Erwerb und Rückbau der bestehenden Liegenschaft, um eine bessere Lösung errichten zu können. Auch eine Verbreiterung der Unterführungsstrasse sei zu prüfen. Zudem wurde die Frage gestellt, welche Vorhaben bei einem Kauf des Winkels zurückgestellt werden müssten; für einen Entscheid müssten deshalb mehr Informationen über weitere bevorstehende Vorhaben vorliegen. Mit 4:3 Stimmen folgten die Anwesenden nicht dem Ablehnungsantrag des Stadtrates und empfehlen die Annahme der Initiative.
Beschlussesantrag:
1. Die Initiative «Stadtseiten verbinden» wird den Stimmberechtigten der Stadt Olten zur Ablehnung empfohlen.
2. Der Stadtrat wird mit dem Vollzug beauftragt.