Am 25. Juni 2012 haben Beate Hasspacher (Fraktion Grüne) und Mitunterzeichnende eine Motion mit folgendem Wortlaut eingereicht:
«Landschaftsschutz
Der Stadtrat wird beauftragt auszuweisen, welche landwirtschaftlich genutzten Flächen in der Bauzone geeignet sind
a) Zur Rückzonung
b) Zum Kauf durch die Gemeinde
c) Zur besseren Steuerung und Gestaltung der Bebauung mittels Gestaltungsplanpflicht
Der gültige Zonenplan weist mit ganz wenigen Ausnahmen rund um die Stadt Olten Bauzonen bis unmittelbar an den Waldrand aus. Gegenwärtig werden einige davon überbaut oder die Überbauung steht unmittelbar bevor (Grundhof, Bornfeld, Kleinholz, Fustlig/Sälistrasse West und Ost). Das Landschaftsbild verändert sich dadurch stark, der Naherholungsraum wird beeinträchtigt und der freie Blick über Olten und in die Juralandschaft entfällt an vielen Orten. Obstgärten, Wiesen und Waldränder mit Ausblick verschwinden. Dabei ist der nahe, gut zugängliche und zu Fuss erreichbare Erholungsraum ein sehr wesentliches Element der Lebensqualität und Standortsqualität in Olten.
In der Bevölkerung ist heute eine hohe Sensibilität für Fragen des Landschaftsschutzes und gegen die Zersiedlung vorhanden. Auch in Olten wurden schon verschiedene Vorstösse gemacht, um Teile der offenen Landschaft zu erhalten. Bevor unumkehrbare Fakten geschaffen sind, soll deshalb nochmals eine sorgfältige Prüfung und Abwägung vorgenommen werden.
Landschaft und gewachsener, autochthoner Boden sind nicht erneuerbare Ressourcen. Naturnah bewirtschaftetes Landwirtschaftsland trägt bei zur Biodiversität und zur Vielfalt und Vernetzung der Lebensräume.
Auf kantonaler Ebene wurde in der Junisession 2012 die Interpellation Knellwolf «Schutz von Boden und Kulturland» diskutiert, welche die gleichen Anliegen verfolgt und die Einführung der Mehrwertabschöpfung vorschlägt. Zudem ist der Regierungsrat bereit, den Auftrag «Raumplanung mit Kulturlanderhaltung» der Fraktion Grüne mit geändertem Wortlaut als erheblich entgegenzunehmen, und die UMBAWIKO des Kantonsrats unterstützt dies.
Olten hat viele Möglichkeiten zur Entwicklung nach innen und zu sinnvollen Verdichtungen im bestehenden Siedlungsraum. Der Leitsatz «zentral, urban, natürlich» weist den Weg!»
Im Namen des Stadtrates beantwortet Stadtrat Martin Wey den Vorstoss wie folgt:
Formelles
Der vorliegende Vorstoss kann nur als Postulat behandelt werden. Motionen sind nur für Bereiche zulässig, in denen die Entscheidbefugnis ausdrücklich beim Parlament liegt. Hat in einem Bereich die Exekutive die abschliessende Kompetenz, können dazu keine Motionen eingereicht werden. Diese inhaltliche Beschränkung der zulässigen Gegenstände einer Motion folgt aus dem Prinzip der Gewaltenteilung. Die aufgeworfenen Punkte betreffen ortsplanerische Bereiche. Nach § 9 des kantonalen Planungs- und Baugesetzes ist die Ortsplanung Aufgabe der Einwohnergemeinde. Planungsbehörde ist von Gesetzes wegen der Stadtrat.
Materielles
Die im Vorstoss erwähnten Baugebiete, welche landwirtschaftlich genutzt werden oder brach liegen, und für die keine Baubewilligung vorliegt oder bisher kein Baugesuch eingereicht wurde, umfassen ungefähr die folgenden Flächen:
Grundhof West: 1,7 ha
Kleinholz: 4,1 ha (2. Etappe)
Fustlig/ Sälistrasse Ost: 2.8 ha
Fustlig/ Sälistrasse West: 3,4 ha
Total 12 ha
Für die im Vorstoss erwähnten Bauzonengebiete Grundhof Ost und Bornfeld wurden Baubewilligungen erteilt oder sie werden aktuell überbaut.
Zu Frage a)
Die Nutzungspläne (auch Bauzonenpläne) sind in der Regel alle 10 Jahre zu überprüfen und nötigenfalls anzupassen (§ 10 Planungs- und Baugesetz). Vorher können wesentliche Änderungen nur in Betracht gezogen werden, wenn sich die Verhältnisse erheblich geändert haben. Man bezeichnet dies auch als Planbeständigkeit. Sie begründet sich durch die Rechtssicherheit, das heisst durch das Recht der Betroffenen, dass ein Plan nach seiner Genehmigung für eine gewisse Zeit bestehen bleibt und nicht gleich wieder geändert werden kann.
Für die Beurteilung der Planbeständigkeit sind hauptsächlich folgende Kriterien wichtig:
- Das Alter des betreffenden Plans
- Nachweis, dass sich die Verhältnisse seit der Genehmigung (erheblich) geändert haben.
- Die Auswirkungen, die eine Planänderung haben würde.
Die Planbeständigkeit wird stärker gewichtet, je jünger ein Plan ist und je einschneidender sich die beabsichtigten Änderungen auswirken. Je jünger der Plan ist, desto höher liegt die Schwelle für eine Planänderung.
Die aktuell rechtskräftigen Bauzonenpläne von Olten traten am 29. Oktober 2010 mit der Publikation des Genehmigungsbeschlusses im Amtsblatt in Kraft. Eine Überprüfung wäre deshalb ab 2020 vorzunehmen.
Die Verhältnisse bezüglich der noch unbebauten Bauzonenflächen haben sich seit der Genehmigung der Bauzonenpläne nicht oder wenn nur marginal geändert. Eine Plananpassung mit Auszonung drängt sich deshalb so kurz nach der Plangenehmigung nicht auf. Im Übrigen hätte eine solche Auszonung unter Umständen hohe Kosten zur Folge, es käme zu einer entschädigungspflichtigen materiellen Enteignung. Dies, weil dem Bauland¬eigentümer mit der Auszonung die Möglichkeit entgeht, sein Bauland gemäss Bauzonenplan überbauen zu können.
Diese Nutzungsbeschränkung ist gemäss Bundesgericht ein schwerer Eingriff. Aufgrund der bundesgerichtlichen Rechtsprechung sind heutige Rückzonungen in der Regel entschädi-gungspflichtig. Entschädigungslos dürften sie nur in Ausnahmefällen sein, beispielsweise beim Vorliegen von krass RPG-widrigen Bauzonen, in denen sich die Baureife gar nie herbeiführen lässt. Das Bundesgericht spricht in diesem Zusammenhang von fehlender «Realisierungswahrscheinlichkeit». Aufgrund der in Olten sichtbaren enormen Bautätigkeit und Baunachfrage trifft dies offensichtlich nicht zu.
Der Regierungsrat hat – gemäss Bau- und Planungsgesetz – das Planwerk auf seine Recht- und Zweckmässigkeit und auf seine Übereinstimmung mit übergeordneten Planungen überprüft. Er hat die Grösse der Bauzonen nicht in Frage gestellt.
Eine Zonenplananpassung ist deshalb zum heutigen Zeitpunkt nicht gerechtfertigt. Darum ist die Frage von eventuellen Auszonungen aufgrund der dannzumaligen raumplanerischen Verhältnisse innerhalb der nächsten regulären Ortsplanungsrevision zu prüfen, welche mit der Ausarbeitung eines räumlichen Leitbildes beginnt. Dieses Leitbild gibt Auskunft über die Zielvorstellungen zur räumlichen Entwicklung und wie und wo in Zukunft der Boden genutzt werden soll.
Zu Frage b)
Der Erwerb von Grundstücken ist eine politische Frage. Es gelten dafür die «Richtlinien über das strategische Vorgehen beim Verkauf und Kauf von Liegenschaften und Grundstücken» der Stadt Olten. In Art. 10 steht dazu:
«Es werden grundsätzlich nur Liegenschaften und Grundstücke erworben, wenn:
a) diese für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben notwendig und geeignet sind.
b) damit übergeordnete öffentliche Interessen der Stadtentwicklung verfolgt werden, z.B. zur Ansiedlung von attraktiven Wohn- und Arbeitsplätzen.
c) damit stadteigene Grundstücke sinnvoll arrondiert werden und damit bessere Überbauungsmöglichkeiten und später auch höhere Verkaufspreise erzielt werden können.»
Die unbebauten Flächen in den Bauzonen sind nicht für die Erfüllung der öffentlichen Aufgaben notwendig, dienen nicht den übergeordneten öffentlichen Interessen der Stadtentwicklung und sind nicht notwendig für die Arrondierung von stadteigenen Grundstücken. Es besteht in diesen Gebieten deshalb keine Grundlage für den Kauf von Flächen für den Landschaftsschutz.
Zu Frage c)
Der Gestaltungsplan behandelt vor allem städtebauliche, architektonische und wohnhygienische Anliegen. Es sind immer komplexe Planungsaufgaben. Ein Gestaltungs¬plan wird dann erarbeitet, wenn Festlegungen über das einzelne Baugrundstück hinausgreifen und mehrere Grundstücke umfassen, durch die ordentlichen Bauvorschriften nicht zweckmässig getroffen werden können oder wenn Immissionen vorhanden sind. Eine Gestaltungsplanpflicht macht deshalb nicht in jedem Fall Sinn, im Gegenteil hemmt sie eine Bebauung von einzelnen Parzellen dort, wo die Planinhalte der Ortsplanung für eine zweckmässige Bebauung genügen.
In den erwähnten Gebieten (Grundhof, Bornfeld, Kleinholz, Fustlig/Sälistrasse West und Ost) gestaltet sich die heutige Situation in Bezug auf Gestaltungspläne und Baugesuche wie nachfolgend aufgeführt. (Als zusätzliche grössere unbebaute Baulandfläche, welche mit einem Gestaltungplan ergänzt ist, ist das Gebiet Süd-West zu erwähnen, welches jedoch weder landwirtschaftlich genutzt wurde noch genutzt wird).
Grundhof Ost:
Es sind ein rechtsgültiger Gestaltungsplan sowie ein rechtsgültiges bewilligtes Baugesuch über das ganze Gebiet vorhanden.
Grundhof West:
Das Gebiet Grundhof West ist in einen südlichen und einen nördlichen Teil aufgeteilt. Der nördliche Teil wurde der Freihaltezone zugeordnet um den Teil am Waldrand von einer Bebauung freihalten zu können. Der südliche Teil liegt in der Wohnzone W2/0.4, diese hat die tiefste Ausnützungsziffer aller Bauzonen und darf mit Ein-, Zwei- und Doppel¬einfamilienhäusern bebaut werden. Reihen- oder Terrassenhäuser sind nicht möglich. Durch die Vorgaben der Zonenplanung mit Wohnzone W2/0.4 und Freihaltezone zwischen dichter bebautem Wohngebiet und Wald soll ein sanfter Übergang vom bebauten Gebiet zum Wald gewährleistet werden.
Bornfeld:
Es sind ein rechtsgültiger Gestaltungsplan sowie diverse rechtskräftige Bauprojekte vorhanden. Der Gestaltungsplan gilt für das ganze Gebiet, die bewilligten Bauprojekte decken einen Grossteil der Flächen in der Bauzone ab.
Kleinholz:
Es ist ein rechtsgültiger Nutzungsplan vorhanden. Aktuell sind die ersten Baugesuche innerhalb der 1. Etappe in der Bewilligungsphase.
Fustlig/ Sälistrasse Ost:
Es besteht ein rechtsgültiger Nutzungsplan für das Gebiet. Das Gebiet ist hälftig in ein Wohnbaugebiet und in ein von Bauten frei zu haltendes Gebiet (Freihaltezone) ausgeschieden.
Fustlig/ Sälistrasse West:
Es ist kein Gestaltungsplan vorhanden. Ein erstes Baugesuch an der Sälistrasse im östlichen Bereich konnte bereits bewilligt werden.
Verdichtung nach innen
Eine Verdichtung nach innen ist im Sinne des Stadtrates. Doch was geschieht dabei mit den Freiräumen zwischen den Gebäuden? Die Stadt Olten ist von weitläufigen Quartieren mit kleinteiliger Parzellenstruktur und mit grosszügigen privaten Grünräumen geprägt. Diese Gartenstadtatmosphäre trägt wesentlich zum hohen Wohnwert der Quartiere bei. Durch die Zeilensiedlungen der 1960er- und 1970er Jahren fliessen grosszügige Grünflächen. Die Gebäude scheinen in die Landschaft hineingestellt. Alle diese Quartiere prägen das zusammenhängende und homogene Ortsbild.
Mit der überall postulierten inneren Verdichtung stösst man im Aussenraum schnell an Grenzen. Je enger die Baukörper stehen, desto mehr verliert die Freifläche dazwischen ihre Aufenthaltsqualität. Und werden die Baukörper vergrössert, verschwindet die historische Gestaltungsidee der Wohnquartiere. Auf die Wechselwirkung zwischen Baukörper und Freiraum ist daher genau zu achten. Der Stadtrat ist entschlossen, mutig Neues zu ermöglichen, aber auch das wertvolle Erbe zu erhalten.
Weiteres Vorgehen
Die Frage der zukünftigen Bauzonenentwicklung wird Gegenstand der nächsten Ortsplanungsrevision mit Planerischem Leitbild, Mitwirkung und politischer Diskussion sein.
Der Stadtrat empfiehlt deshalb dem Gemeindeparlament, das Postulat nicht zu überweisen.