Am 15. Dezember 2011 haben René Wernli und Mitunterzeichnende zuhanden des Stadtrates folgendes Postulat eingereicht:
Verrechnung von Sicherheitskosten
Der Stadtrat wird gebeten zu prüfen, inwieweit Sicherheitskosten für Sportveranstaltungen, die das „normale“ Mass überschreiten, an den Veranstalter weiterverrechnet werden können.
Begründung:
Die Sicherheitskosten für Veranstaltungen steigen fast von Jahr zu Jahr. Vor allem bei Sportveranstaltungen überborden die Kosten zusehends aufgrund der Aktivitäten verschiedener sogenannter Fans ausserhalb des Stadions.
Bei gewissen „roten“ Sportveranstaltungen müssen grosse Kräfte der Stadt- und der Kantonspolizei bereit gestellt werden, damit Ausschreitungen verhindert werden und der geordnete Abgang der Fanblöcke ausserhalb des Stadtions gewährleistet ist.
Diese Aufwendungen müssen durch den Staat und die Steuerzahler berappt werden, ohne dass die privaten Veranstalter einen Anteil daran bezahlen müssen.
Die Kantonspolizei Solothurn will solche Einsätze bei Sportveranstaltungen in Zukunft verrechnen.
Andere Städte haben ebenfalls beschlossen, dass sich die Veranstalter an den Sicherheitskosten beteiligen müssen. So hat zum Beispiel der Zuger Kantonsrat im Sommer 2011 festgelegt, dass sich der EV Zug mit 60% an den Sicherheitskosten ausserhalb des Stadions beteiligen muss.
Es ist deshalb zu prüfen, ob in Olten Sicherheitskosten für eine Sportveranstaltung teilweise oder ganz dem Veranstalter weiterverrechnet werden können.
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Stadträtin Iris Schelbert-Widmer beantwortet das Postulat im Namen des Stadtrates wie folgt:
A. Ausgangslage
Der öffentliche Grund der Stadt Olten wird von verschiedenen Veranstaltern rege genutzt. Die zentrale Lage, die gute Verkehr-Erschliessung, die ausgezeichnete Infrastruktur und die breite wirtschaftliche und politische Unterstützung sind wohl das Hauptargument für die Durchführung von verschiedensten Veranstaltungen in Olten.
Die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung stellt unwidersprochen eine elementare Kernaufgabe der Gemeinde dar. Auf deren Durchsetzung hat die Bevölkerung
Anspruch. Gegenstück dieses Anspruchs ist die Pflicht der Allgemeinheit, die aus der polizeilichen Aufgabenerfüllung entstehenden Kosten zu tragen. Das heisst, die Kosten, welche die Polizei für ihre Aufgabenerfüllung zugunsten der Allgemeinheit aufwendet, hat die Gemeinde mit Steuergeldern zu finanzieren.
Von diesem Grundprinzip ausgenommen sind die Kosten für besondere Dienstleistungen, die die Polizei nur zugunsten Einzelner oder von Veranstaltern erbringt. Solche Kosten soll nicht die Allgemeinheit tragen müssen. Darunter fallen Dienstleistungen und Aufwendungen der Polizei, die einer Einzelperson oder mehreren Personen einen konkreten Nutzen bringen oder die eine Organisation freiwillig und aus persönlichem Interesse veranlasst hat. Wer beispielsweise einen Grossanlass plant und durchführt und dabei den Verkehrs-, Ordnungs- und / oder Sicherheitsdienst der Polizei beansprucht, belastet die Polizei mehr, als wenn jemand einen Anlass in einem Umfang organisiert, den die Polizei ohne zusätzliche Aufwendungen im Rahmen ihres normalen Polizeidienstes überwachen kann.
Die Polizei soll ihre Kosten nur bei Anlässen in Rechnung stellen, die über Werbeeinnahmen oder Sponsoring finanziert werden oder bei denen ein Teilnahme- oder ein Einsatzgeld oder ein Eintritt verlangt wird oder üblicherweise verlangt werden kann. Ein grösserer Sportanlass beispielsweise, wird er nun von einem Privaten, einem Sportverein, einem Verband oder von der öffentlichen Hand organisiert, verursacht umfangreiche Ordnungs-, Schutz- oder Verkehrsmassnahmen. Es ist nicht einzusehen, weshalb die Allgemeinheit für die sichere Durchführung solcher Anlässe einstehen soll. Dies vor allem auch dann, wenn der Anlass durch Werbeeinnahmen oder Sponsoring finanziert wird oder werden könnte und die Möglichkeit besteht, durch Eigenleistungen der Veranstaltenden (z.B. durch die Erarbeitung des Sicherheits-, Ordnungs- und Verkehrskonzepts und den Einsatz eigener Hilfskräfte) die Kosten für Verkehrsregelung und Ordnungsmassnahmen zu senken.
B. Rechtliche Grundlage der Stadt Olten für die Verrechnung / Verrechnungspraxis
Die Gebührenordnung der Einwohnergemeinde Olten vom 2. Mai 1996 gilt für die Verrechnung von Sicherheitskosten der Stadtpolizei Olten. Die Stadtpolizei stellt die unter § 25 ff. aufgeführten Gebühren gegenüber Veranstaltenden in Rechnung.
Die Stadtpolizei Olten verrechnet alle ihre Aufwendungen gemäss Gebührenkatalog an die verschiedenen Veranstalter in Olten. Es liegt in der Entscheidungsfreiheit des Stadtrates bereits im Voraus Gebührenerlasse zu beschliessen oder im nachhinein Kostenerlasse gutzuheissen. Die Kosten werden daher sehr transparent ausgewiesen. Die Verrechnung von Sicherheitskosten im Zusammenhang mit Anlässen des Eishockeyclubs Olten (EHCO) wurden bis heute nicht verrechnet. Auf Verrechnungen der Sicherheitskosten seitens der Polizei wurde vor Jahren, vornehmlich aufgrund der damaligen finanziellen Lage des EHCO, verzichtet.
C. Verrechnung von Sicherheitskosten der Polizei Kanton Solothurn
Der Kantonsrat hat den neuen kantonalen Gebührentarif im (GT) März 2010 verabschiedet.
§ 103
1 Besondere polizeiliche Leistungen des Kantons sind grundsätzlich kostenpflichtig. Der Einsatz von Sachmitteln wird nach den Ansätzen gemäss Gebührentarif verrechnet.
2 Kostenersatz wird insbesondere verlangt vom Veranstalter von Anlässen, die einen aufwendigen, ausserordentlichen Polizeieinsatz erforderlich machen. Kostenersatz kann auch verlangt werden vom Verursacher ausserordentlicher Aufwendungen, die bei einem anderen Polizeieinsatz entstehen, namentlich wenn er vorsätzlich oder grobfahrlässig verursacht worden ist oder wenn er in überwiegend privatem oder kommerziellem Interesse erfolgt ist.
3 Das Departement kann auf den Kostenersatz ganz oder teilweise verzichten bei Veranstaltungen, die teilweise im öffentlichen Interesse liegen oder einem ideellen Zweck dienen, sowie bei Anlässen, die keinen oder nur einen geringen Gewinn abwerfen.
Der Kantonspolizei, respektive dem zuständigen Departement, soll mit diesem § 103 GT neu ein Ermessensspielraum gewährt werden bei der Verrechnung von Polizeikosten bei Veranstaltungen mit kulturellem oder jugendförderndem Hintergrund. Damit kann den unterschiedlichen finanziellen Verhältnissen der privaten Veranstalter sowie der Zweckverfolgung der Anlässe besser Rechnung getragen werden. Ebenfalls soll eine neue Bestimmung bezwecken, ausserordentliche Polizeikosten, die als Folge einer Veranstaltung verursacht werden, auf den privaten Veranstalter zu überwälzen, selbst wenn die Kosten ausserhalb des Veranstaltungsortes im öffentlichen Raum, wie beispielsweise im Umfeld eines Stadions, auf dem Anmarschweg, angefallen sind.
Der erste Satz dieser Bestimmung soll die gesetzliche Grundlage schaffen, damit die Kosten für aufwendige ausserordentliche Polizeieinsätze grundsätzlich den Verursachern überwälzt werden können. Bis anhin konnten dem privaten Veranstalter nur die Kosten verrechnet werden, die unmittelbar an der Veranstaltung selber angefallen sind. Die Kosten für ausserordentliche polizeiliche Aufwendungen, die im Zusammenhang mit der Veranstaltung im öffentlichen Raum entstanden sind, mussten praktisch vollumfänglich von der öffentlichen Hand getragen werden. Die privaten und gewinnorientierten Organisatoren konnten für diese von ihnen verursachten Kosten nicht einmal anteilsmässig zur Rechenschaft gezogen werden. Dies ist unbefriedigend und verlangt nach einer entsprechenden Regelung. Die bestehende starre Formulierung des jetzigen § 103 lässt keinen Spielraum zu bezüglich einer Kostenermässigung bei Veranstaltungen mit kulturellem oder jugendförderndem Hintergrund. Veranstalter mit kleinen Budgets sind gar nicht in der Lage, die Vollkosten der Polizei zu bezahlen. Um bei der Überwälzung der Polizeikosten den unterschiedlichen wirtschaftlichen Verhältnissen der privaten Veranstalter sowie der Zweckverfolgung der Anlässe besser Rechnung tragen zu können, drängt sich eine Anpassung der bestehenden starren gesetzlichen Regelung auf.
Absatz 3 soll mit einer Kann-Vorschrift dem zuständigen Departement bei der Verrechnung der Polizeikosten einen Ermessensspielraum einräumen bei Veranstaltungen, die teilweise im öffentlichen Interesse liegen oder einem ideellen Zweck dienen sowie bei Anlässen, die keinen oder nur einen geringen Gewinn abwerfen. Ebenfalls ermöglicht es diese Bestimmung, bei jährlich mehrmals stattfindenden Sportveranstaltungen, insbesondere Meisterschaften aus den zwei obersten nationalen Spielligen, zur Zufriedenheit aller Beteiligten im Rahmen einer Vereinbarung eine Jahrespauschale festzulegen, die nicht die gesamten Vollkosten der Polizei deckt. Die Möglichkeit des teilweisen oder ganzen Kostenerlasses sehen ebenfalls die Gesetzgebungen der Kantone Aargau, Basel-Landschaft und Zürich vor. Eine Kann-Vorschrift enthält das Polizeigesetz des Kantons Thurgau. Im Kanton Bern entscheiden die Gemeinden, denen die Sicherheitskosten im Zusammenhang mit Veranstaltungen in Rechnung gestellt werden, über die Gewährung von Rabatten an die Veranstalter.
Gemäss Rückfragen bei der Polizei Kanton Solothurn wurden dem EHCO erstmals für die Saison 2011/12 eine Jahrespauschale von rund CHF 20‘000 in Rechnung gestellt.
D. Kostenaufstellung EHCO der involvierten Polizeikorps
D1. Polizei Kanton Solothurn
Die Polizei Kanton Solothurn rechnet mit CHF 120.-- / Einsatzstunde und Polizist.
Saison Einsatzstunden Total
08/09 (ohne Playoff) 1248 CHF 149‘760
09/10 (inklusive Playoff)2053 CHF 246‘360
10/11 (ohne Playoff) 697 CHF 83‘640
D2. Stadtpolizei Olten
Die Stadtpolizei Olten verrechnet mit CHF 80.-- / Einsatzstunde und Polizist. Zudem arbeitet die Stadtpolizei mit der privaten Sicherheitsfirma Securitas AG zusammen, welche die Verkehrsdienstleistungen für Zu- und Wegfahrten zum Stadion sicherstellt. Die Kosten für einen Securitas Mitarbeitenden beträgt CHF 50.-- / Einsatzstunde.
Saison Einsatzstunden Total Securitas TOTAL
(ohne Playoff) 927 CHF 74‘160 CHF 26‘427 CHF 100‘587 08/09
(inklusive Playoff) 1438 CHF 115‘040 CHF 49‘146 CHF 164‘186 09/10
(ohne Playoff) 846 CHF 67‘680 CHF 36‘749 CHF 104‘429 10/11
(inklusive Playoffs)1228 CHF 98‘240 CHF 32‘153 CHF 130‘393 11/12
Die ausgewiesenen Kosten unter D1 und D2 können von Saison zu Saison stark variieren und beziehen sich effektiv auf die Veranstaltungen des EHC Olten. In dieser Aufstellung sind nicht die Vollkosten ausgewiesen, sondern nur die Kosten für die eingesetzten Einsatzkräfte
E. Sicherheitsdispositiv EHCO / Prozess bei der Lagebeurteilung
Der Prozess über die Risikobeurteilung der Spiele des EHCO ist im Sicherheitshandbuch des EHCO detailliert definiert. Grundsätzlich hat in diesem Beurteilungsprozess die Stadtpolizei Olten den Lead und stuft die Vorbereitungs- und die Meisterschaftsspiele des EHCO in enger Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen des EHCO und der Polizei Kanton Solothurn in drei verschiedene Kategorien ein: Rote, gelbe oder grüne Spiele. Je nach Einstufung wird auch das Einsatzdispositiv mit Einsatzkräften bestückt. Die Kosten für ein rotes Spiel z.B: gegen den SC Langenthal sind sehr viel höher als ein grünes Spiel. Bei einem Risikospiel sind bis zu 40-50 Angehörigen der Polizei im Einsatz, um Ausschreitungen in erster Priorität ausserhalb des Stadions zu unterbinden aber auch und in zweiter Priorität ins Stadion hinein zu intervenieren. Bei einem grünen Spiel (tiefes Bedrohungspotential) stellt die Stadtpolizei Olten maximal drei Angehörigen der Polizei, um das zivile Sicherheitsunternehmen bei der Einlass und Auslassphase zu unterstützen. Das Verkehrsdispositiv wurde auf die Saison 2011/2012 hin vereinheitlicht und stellt sich bei jedem Spiel gleich dar. Die Polizei Kanton Solothurn hat bei roten Spielen die Einsatzleitung.
F. Schlussfolgerungen
Die Kosten für ausserordentliche Aufwendungen der Stadtpolizei Olten, welche ausschliesslich einem Veranstalter zugewiesen werden können, sollen nicht ausschliesslich von der Allgemeinheit getragen werden. Pflicht der Polizei ist es, die dem Gemeinwohl dienenden Aufgaben so zu erfüllen, dass davon alle in gleicher Weise profitieren.
Damit alle Veranstalter und Vereine in Bezug auf ausserordentliche Polizeileistungen gleich behandelt werden, soll mit dem EHCO für Eishockeyspiele eine kostenmässige und für den Verein vertretbare Kostenverrechnung getroffen werden. Die Gesprächsaufnahme soll erst nach der Fertigstellung des sanierten Eishalle erfolgen. Dies weil zu diesem Zeitpunkt die Aufwendungen für die Polizei auf Grund der neuen Infrastruktur ohnehin neu beurteilt werden müssen.
Im Sinne der genannten Gründe empfiehlt der Stadtrat dem Gemeindeparlament das Postulat zu überweisen.