1. Ausgangslage
Verschiedene fachliche Grundlagen beschreiben die Wichtigkeit der Kinderbetreuung in der Stadt Olten:
- Umfrage Familienexterne Betreuung, Kanton Solothurn (2004)
- Bericht der Fachschule Nordwestschweiz, Familienfreundliche Schule Olten - Situationsanalyse für eine familien- und schulergänzende Kinderbetreuung in der Stadt Olten (2007)
- Leitbild und Konzept Familien und Generationen, Kanton Solothurn (2009)
Mit der Überweisung der Motion Küttel hat das Parlament dem Stadtrat 2006 den Auftrag zur Weiterentwicklung der Kinderbetreuung erteilt. Das Parlament muss damit erst wieder bei Themen einbezogen werden, welche aufgrund der politischen oder finanziellen Relevanz einen Parlamentsentscheid verlangen.
Zur Weiterentwicklung der Kinderbetreuung in der Stadt Olten wurde eine Arbeitsgruppe einberufen. Gleichzeitig erstellte die Firma „PH-Beratung im Gemeinwesen“ eine Analyse der Kinderbetreuung in der Stadt Olten (siehe Beilage). Aufgrund dieses Berichtes wurde ein Massnahmenplan zur Weiterentwicklung der Kinderbetreuung in der Stadt Olten erarbeitet (siehe Beilage).
2. Ziele der Weiterentwicklung der Kinderbetreuung
2.1 Sozialpolitische Zielsetzungen
a) Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Viele Eltern möchten sich neben der Kindererziehung beruflich betätigen. Ohne Betreuungsmöglichkeiten ziehen sich nach wie vor viele gut ausgebildete Frauen aus dem Erwerbsleben zurück. Dies schadet der Wirtschaft.
b) Verhinderung von Familienarmut und wirtschaftliche Existenzsicherung: Viele Eltern können keiner Erwerbstätigkeit nachgehen, weil keine Betreuungsangebote für ihre Kinder vorhanden sind. Andere Kinder werden wegen der aus finanziellen Gründen notwendigen Erwerbstätigkeit der Eltern nicht oder kaum betreut. Damit dies nicht auf Kosten der Kinder geht, sind daher bezahlbare Betreuungsangebote notwendig.
2.2 Gesellschaftliche Rahmenbedingungen
a) Gerechtigkeit: Die Eltern sollen - unabhängig von finanziellen Mitteln, des Bildungsniveaus sowie des Herkunftslandes - Zugang zu den Betreuungsangeboten haben.
b) Chancengleichheit: Die Weichen für eine erfolgreiche Bildungskarriere werden schon sehr früh gestellt. Deshalb sollen alle Kinder dieselben Startchancen haben.
2.3 Ziele der Stadtentwicklung
a) Zuzug von guten Steuerzahlern: Da in vielen Familien beide Elternteile arbeiten, ist ein Kriterium der Wohnortswahl das Vorhandensein von guten Betreuungsmöglichkeiten.
b) Standortmarketing für Betriebe: Gute Betreuungsangebote tragen mit dazu bei, dass sich (qualifizierte) Mitarbeitende für den Wohn- und Arbeitsort Olten entscheiden. Dies zieht wiederum weitere Firmen an.
3. Massnahmen / Teilprojekte zur Weiterentwicklung der Kinderbetreuung
Aufgrund des Massnahmenplans zur Weiterentwicklung der Kinderbetreuung in der Stadt Olten (siehe Beilage) werden Teilprojekte für die folgenden Bereiche vorgeschlagen:
- Organisatorische Voraussetzungen
- Kindertagesstätten (Kitas)
- Schulergänzende Angebote
- Tagesfamilien
- Frühe Förderung (ohne Kita)
- Freizeit
Das erste Teilprojekt „Organisatorische Voraussetzungen“ schafft die personellen Ressourcen zur Durchführung der übrigen Projekte. Ebenso besteht beim Teilprojekt „Kindertagesstätten“ eine zeitliche Dringlichkeit, weil das aktuelle Subventionierungssystem verbessert werden muss und weil im Sommer 2014 die Anschubfinanzierung des Bundes für den Ausbau von Betreuungsplätzen ausläuft. Daher sollen diese beiden Teilprojekte als erste angegangen werden. Diese beiden Projekte werden nachfolgend beschrieben.
Die übrigen Projekte „Schulergänzende Angebote“, „Tagesfamilien“, „Frühe Förderung“ und „Freizeit“ werden erst im Laufe des nächsten Jahres angegangen, nachdem die personellen Ressourcen bereit stehen. Diese Teilprojekte sind im Anhang beschrieben. Die jeweiligen Konzepte / Massnahmen jedes Teilprojektes werden inklusive Kostenfolgen und Subventionierungsmöglichkeiten durch Dritte (z.B. Bund oder Kanton) der zuständigen Instanz zur Genehmigung vorgelegt.
3.1 Organisatorische Voraussetzungen schaffen
a) Analyse
Im Bereich Kinderbetreuung der Verwaltung der Stadt Olten kann die Kundenorientierung noch deutlich verbessert werden: Es fehlt beispielsweise eine Übersicht über die Angebote im Bereich Kinderbetreuung sowie eine zentrale Ansprechstelle für die Eltern. Die Informationen und Ansprechstellen sind für Aussenstehende nur umständlich zu finden.
Die Zuordnung sowohl der vorschulischen wie auch der schulischen Kinderbetreuung in der gleichen Direktion bietet ideale Voraussetzungen für eine umfassende Konzeptionierung der Kinderbetreuung. Trotzdem liegt im Bereich der familienergänzenden Kinderbetreuung derzeit keine definierte Strategie vor. Die verschiedenen Angebote sind zufällig und ausgehend von privatem Engagement gewachsen. Eine bewusste inhaltliche Verknüpfung mit anderen sozialpolitischen Zielen (z.B. Integration oder Vermeidung von Sozialhilfe) erfolgt kaum. Zwischen den verschiedenen Angeboten erfolgt ausser bei den Kitas kaum eine Zusammenarbeit.
Die Gründe für die fehlende Strategie und Konzeptionierung liegen im Wesentlichen am Mangel an zeitlichen und personellen Ressourcen innerhalb der Verwaltung, um Entscheide vorzubereiten und konzeptionelle Grundlagen zu erstellen. Ein spezifisches Fachwissen und genügend Zeit sind notwendig, damit die formulierten Ziele umgesetzt werden können.
b) Massnahmen
b1) Entwicklung einer elektronischen Online-Datenbank sämtlicher Betreuungsangebote
Diese Datenbank wurde als Sofortmassnahme bereits umgesetzt und ist unter
www.tagesstrukturen.olten.ch verfügbar. Sie ermöglicht den Eltern online mittels der Eingabe von bestimmten Kriterien das geeignete Betreuungsangebot zu finden. Einmal jährlich werden alle Organisationen mittels eines automatisierten Email-Versandes angeschrieben und dazu aufgefordert, die Angaben in der Datenbank zu überprüfen. Damit ist mit wenig Aufwand gewährleistet, dass die Daten aktuell sind.
b2) Anstellung einer Fachperson
Zur Schaffung einer Fachstelle Kinderbetreuung innerhalb der Direktion Bildung und Sport soll eine auf zwei Jahre befristete Stelle geschaffen werden. Dadurch werden personelle Ressourcen und spezifisches Fachwissen bereitgestellt.
Die neue Fachstellenleitung soll die erwähnten Teilprojekte leiten. Dabei entwickelt sie einzelne Umsetzungsmassnahmen, wobei die Ausgestaltung von den Bedürfnissen der involvierten Partner (Anbieter von Angeboten, weitere Fachstellen, Eltern etc.) und Interessengruppen (Politik, Firmen, Anbieter von Angeboten, weitere Fachstellen, Eltern etc.) abhängig ist. Bei der Umsetzung der Projekte bildet die Fachstellenleitung eine Begleitgruppe mit Vertretern aus Verwaltung, Betreuungsangeboten, Schule und Eltern. Die Begleitgruppe dient als Echogruppe und soll sicherstellen, dass die Massnahmen Erfolg versprechend und bedarfsgerecht umgesetzt werden.
Grundsätzlich können die Aufgaben der Fachstellenleitung wie folgt umschrieben werden:
- Leitung der erwähnten Teilprojekte.
- Die Fachstelle bildet die zentrale Anlaufstelle für alle involvierten Partner und Interessengruppen.
- Sie/Er koordiniert, fördert, berät und begleitet die Zusammenarbeit der in der Kinderbetreuung tätigen Organisationen mit ihren bestehenden Betreuungsangeboten.
- Inhaltliche Verknüpfung mit anderen Stellen (Integrationsfachstelle, Sozialdirektion etc.)
- Eventuell Übernahme einer Leitungsfunktion im Rahmen der schulergänzenden Angebote, sofern diese nicht den Schulleitungen unterstellt werden.
Der detaillierte Stelleninhalt ist in der Stellenbeschreibung in der Beilage ersichtlich.
Die Fachstelle wird vorerst auf zwei Jahre befristet. Da die Entwicklung der einzelnen Teilbereiche der Kinderbetreuung sehr komplex und aufwendig ist, würde ein Jahr nicht ausreichen, um eine nachhaltige Entwicklung sicherzustellen.
Bei erfolgreichem Verlauf der Weiterentwicklung wird die Verlängerung der Anstellung dieser Fachperson angestrebt.
3.2 Kindertagesstätten
a) Analyse
Die Stadt Olten subventioniert Betreuungsplätze in Kindertagesstätten mit rund einer Million Franken. Die Gelder werden direkt an eine definierte Gruppe von Kindertagesstätten ausbezahlt. Andere Kitas erhalten keine Gelder.
Es kommen nur jene Eltern in den Genuss von vergünstigten Betreuungsplätzen, welche einen Platz in einer subventionierten Kita erhalten. Es besteht somit eine Ungleichbehandlung gegenüber den Steuerzahlern.
Die ungleichen Bedingungen führen dazu, dass neue Kitas einen schlechteren Marktzugang haben. Der Aufbau von neuen Kitas wird somit erschwert. Entsprechend wurden in den vergangenen Jahren kaum neue Kita-Plätze geschaffen.
Das Subventionierungsmodell der Kindertagesstätten hat erhebliche Mängel: Es wird beispielweise die effektive Kostenstruktur der Kindertagesstätten zu wenig berücksichtigt. Das heutige Subventionierungssystem ist zu wenig transparent und schlecht nachvollziehbar. Die Leistungsvereinbarungen mit den unterstützten Kindertagesstätten sind 2010 ausgelaufen und wurden seither nicht erneuert. Zudem entspricht die höchste Tarifstufe nicht den Vollkosten, was bedeutet, dass selbst die einkommensstärksten Eltern keine kostendeckenden Preise bezahlen. Die Systemmängel sind grundsätzlich erkannt und in verschiedenen Protokollen aufgeführt.
Es fehlen in Olten im Bereich Kindertagesstätten rund 40 Plätze. Es gilt somit Rahmenbedingungen zu schaffen, die den Aufbau von weiteren Bereuungsplätzen ermöglichen.
b) Massnahme
Das Teilprojekt „Kindertagesstätten“ sieht die Erarbeitung eines neuen Subventionsmodells vor: Zur Behebung der analysierten Schwächen soll von der Objekt- (Kindertagesstätte) zur Subjektfinanzierung (Kind) übergegangen werden. Dies erfolgt durch die Vergabe von Betreuungsgutscheinen. Dieses System bewährt sich bereits in Städten wie Horw und Luzern. Dieses Subventionsmodell hat folgende Vorteile:
- Die Gleichbehandlung der Familien führt dazu, dass diese mehr Verantwortung und Flexibilität bei der Wahl des Betreuungsangebotes erhalten. Dies ermöglicht den Anbietern wiederum, sich durch das pädagogische Konzept, durch Kosten und Öffnungszeiten, von der Konkurrenz zu differenzieren.
- Durch die Gleichbehandlung der Betreuungsinstitutionen wird der Markteintritt für neue Anbieter erleichtert, wodurch neue Betreuungsplätze geschaffen werden.
- Die unter den Anbietern entstehende Konkurrenz sichert die Qualität der einzelnen Anbieter.
- Familien mit kleinem Einkommen sowie der Mittelstand sollen aufgrund der Höhe ihres Einkommens weiterhin subventioniert werden. Familien mit sehr hohen Einkommen sollen hingegen nicht durch finanzielle Leistungen profitieren, sondern vielmehr durch die Sicherstellung eines existierenden Angebotes.
Das neue Subventionierungsmodell soll per anfangs 2014 eingeführt werden. Deshalb muss mit der Entwicklung des neuen Modells bereits im ersten Quartal 2013 begonnen werden, damit dieses gemeinsam mit den Kindertagesstätten auf die Bedürfnisse der Stadt Olten abgestimmt werden kann. Dies bildet die Voraussetzung für eine nachhaltige Verankerung. Bei der Erarbeitung des neuen Subventionierungsmodells wird erneut die Firma „PH-Beratung im Gemeinwesen“ zugezogen. Für spezifische Berechnungen werden zusätzlich Leistungen der Beratungsfirma „Interface“ aus Luzern benötigt. Diese Firma hat eine grosse Erfahrung im Bereich Politikstudien, Forschung und Beratung. Sie hat bereits ähnliche Projekte für andere Gemeinden abgewickelt.
Bis die neue Person (siehe Kapitel 3.1) angestellt wird (voraussichtlich 01.04.2012), wird das beschriebene Teilprojekt „Kindertagesstätten“ vom Leiter Abteilung Schuldienste und Sport geleitet. Nach dem Arbeitsbeginn der Fachstellenleitung wird diese die Leitung des Teilprojektes „Kindertagesstätten“ übernehmen.
4. Finanzielle Auswirkungen
Die Schaffung der Stelle Leitung Fachstelle Kinderbetreuung (50%) verursacht die folgenden jährlichen Kosten: Die ABAKABA-Auswertung (404.5 Punkte) hat die Lohnklasse 18 ergeben. Dies bedeutet ein Bruttojahreslohn in der Höhe von CHF 48’300.- (50% von CHF 96’600.-, Altersbasis 35 Jahre). Dazu kommen Sozialleistungen in der Höhe von CHF 9’700.- (20% von CHF 48’300.-). Somit betragen die jährlichen Lohnkosten CHF 58’000.-.
Für die Lohnkosten im Jahr 2013 sind Nachtragskredite in der Höhe von CHF 36’300.- (9/12 von CHF 48’300.-) zu Gunsten des Kontos Besoldungen 219.302.02 und CHF 7’300.- (9/12 von CHF 9’700.-) zu Gunsten des Kontos Sozialleistungen 219.395.02 notwendig. Die anteiligen Lohnkosten für die Jahre 2014 und 2015 werden im Budget 2014 und 2015 aufgenommen.
Für die neue Fachstellenleitung muss ein neuer Arbeitsplatz geschaffen werden. Hierfür entstehen Kosten für einen PC (inkl. 2 Monitoren). Diese betragen CHF 900.-, wofür ein Nachtragskredit erforderlich ist. Zusätzlich entstehen wiederkehrende Kosten für Softwarelizenzen in der Höhe von jährlich CHF 700.-. Diese Kosten werden über die laufende Rechnung abgewickelt.
Für die Erarbeitung eines Konzeptes für ein neues Subventionierungssystem der Kindertagesstätten und dessen Einführung sind, wie bereits erwähnt, Unterstützungsleistungen der Firmen „PH-Beratung im Gemeinwesen“ (CHF 14'000.-) und „Interface“ (CHF 10'000.-) notwendig. Hierfür ist ein Nachtragskredit in der Höhe von CHF 24'000.- zu Gunsten der laufenden Rechnung 2013 (Konto Drittaufträge 219.318.02) notwendig.
Gemäss mehreren Untersuchungen können Gemeinden die Ausgaben für die Subventionierung und Entwicklung der Betreuungsangebote durch eingesparte Sozialhilfeleistungen bei Familien mit tiefen Einkommen refinanzieren. Zudem kann mit erhöhten Steuereinnahmen gerechnet werden. Insgesamt wird ein finanzieller Rückfluss zwischen CHF 1.5 und CHF 4 pro investierten Franken erwartet.
Beschluss:
1. Es wird eine Fachstelle Kinderbetreuung geschaffen. Hierzu wird per 01. April 2013 eine auf zwei Jahren befristete Stelle „Leitung Fachstelle Kinderbetreuung“ (50%), Lohnklasse 18, geschaffen.
2. Es wird ein Konzept für ein neues Subventionierungssystem der Kindertagesstätten erarbeitet.
3. Es werden die folgenden Nachtragskredite zu Gunsten der laufenden Rechnung 2013 genehmigt:
Konto Besoldungen 219.302.02 CHF 36'300.-
Konto Verrechnete Sozialleistungen 219.395.02 CHF 7'300.-
Konto Drittaufträge 219.318.02 CHF 24'000.-
Konto Geräte, Informatikmittel 025.311.02 CHF 900.-
Konto Microsoft Enterprise 025.506.013 CHF 1‘400.-
4. Die Direktion Bildung und Sport wird mit dem Vollzug beauftragt.