Am 28. Juni 2012 haben Florian Amoser und Mitunterzeichnende zuhanden des Stadtrates folgende Interpellation eingereicht:
„Situation Nachtleben in Olten
Bereits seit einiger Zeit hat das Coq d’Or mit Lärmklagen und präventiver Polizeipräsenz zu kämpfen. Das bei der jungen Bevölkerung beliebte Lokal an der Tannwaldstrasse 48 befindet sich trotz Boulevardplan in einer ähnlichen unangenehmen Lage wie einzelne Gastrobetriebe in der Innenstadt vor der Einführung des Boulevardplanes. Die Lage des Coq d’Or direkt am Bahnhof Olten würde eigentlich auf eine tolerante Nachbarschaft schliessen lassen, so sind die Lärmemmissionen des Bahnhof Olten nachts durch den Personenverkehr und durch Güterzüge sehr hoch.
Ausgangslokalitäten tragen einen wichtigen Beitrag für die junge Generation und zu einem attraktiven Olten bei. Denn in Olten muss auch ein attraktives Nachtleben möglich sein, ohne dass eine Zugfahrt nach Zürich/Bern/Basel/Luzern notwendig wird.
Der Stadtrat wird in diesem Zusammenhang ersucht, folgende Fragen zu beantworten:
1. Welchen Stellenwert räumt der Stadtrat einem aktiven und attraktiven Nachtleben, insbesondere für die junge Generation, in der Stadt Olten ein?
2. Wie geht der Stadtrat/die Verwaltung bei wiederholten, regelmässigen Lärmbeschwerden vor? Was sind die gesetzlichen Grundlagen?
3. Kann der Stadtrat über die Schliessung eines Lokals verfügen?
Was sind die gesetzlichen Grundlagen?
4. Finden im konkreten Fall des Coq d’Or zwischen der Stadt, der Betreiberin des Coq d’Or und den AnwohnerInnen konkrete Gespräche statt, um eine einvernehmliche Lösung zu finden.
5. Inwiefern besteht für den Stadtrat/die Polizei Handlungsspielraum für eine ‚Duldung‘ von Lärm?
6. Ist sich der Stadtrat der Aktualität und der Brisanz des Themas bewusst? (Siehe Tanz-Demonstration in Bern mit rund 10‘000 Teilnehmenden)
7. Zieht der Stadtrat in Betracht, die im Boulevardplan verankerten Öffnungszeiten weiter zu liberalisieren?
8. Arbeitet die Stadt Olten aktiv, in der vom Schweizerischen Städteverband (SSV) in den Medien angekündigten, nationalen Arbeitsgruppe zur Nachtleben-Problematik mit?“
* * * * * * * * * * *
Stadträtin Iris Schelbert-Widmer beantwortet die Interpellation im Namen des Stadtrates wie folgt:
Zu Frage 1
- Der Stadtrat räumt einem aktiven und attraktiven Nachtleben einen hohen Stellenwert ein.
- Einführung Boulevardplan: Einheitliche und verlängerte Öffnungszeiten für Aussenwirtschaften.
- Mit Interesse verfolgt der Stadtrat den kantonalen Pilotversuch betreffend verlängerter Öffnungszeiten bzw. Aufhebung der Öffnungszeiten gemäss Wirtschaftsgesetz von bisher 04:00 Uhr auf 05:00 Uhr für Restaurationsbetriebe mit Bewilligungen von verlängerten Öffnungszeiten.
Zu Frage 2
- Die Lärmbeschwerden gehen in der Regel bei der Einsatzzentrale der Stadtpolizei Olten oder der Alarmzentrale der Polizei Kanton Solothurn ein. Danach erfolgt eine Intervention beim angeblichen Lärmverursacher. Wenn die ausgerückte Polizeipatrouille den Lärm selber feststellt, dann erfolgt eine Anzeige durch die Polizei (Offizialdelikt). Wenn der Lärm durch die Patrouille nicht mehr wahrgenommen werden kann, dann hat der Melder/Melderin die Möglichkeit eine Anzeige zu machen. Die Polizei wird diese aufnehmen und abarbeiten.
- Wenn es vermehrt zu Beanstandungen insbesondere bei Gastrobetrieben kommt, wird mit dem Lärmverursacher Kontakt aufgenommen und mögliche Lösungen diskutiert. Wenn die Lärmemmissionen nicht aufhören, besteht auch die Möglichkeit mittels baupolizeilichen Massnahmen gegen die Lärmquelle vorzugehen.
Gesetzliche Grundlagen:
- Gesetz über das Gastgewerbe und den Handel mit alkoholhaltigen Getränken (Wirtschaftsgesetz) des Kanton Solothurns vom 9. Juni 1996, Artikel 20, Nachtlärmverbot
1 Nachtlärm aus Gastgewerbebetrieben ist verboten.
2 Das Verbot beginnt um 22 Uhr, während der Sommerzeit um 23 Uhr, und endet um 5 Uhr.
- Gesetz über das kantonale Strafrecht und die Einführung des Schweizerischen Strafgesetzbuche Artikel 23, Ruhestörung, Trunkenheit und unanständiges Benehmen
1 Wer die öffentliche Ruhe und Ordnung durch groben Unfug oder Nachtlärm stört,
2 wer sich öffentlich ein unanständiges, Sitte und Anstand verletzendes Benehmen zuschulden kommen lässt, insbesondere in angetrunkenem Zustande Skandal verübt,
3 wird mit Haft bis 8 Tage oder Busse bestraft.
4 Ist der Täter von Alkohol, Betäubungsmitteln oder Arzneimitteln abhängig, so kann der Richter bei Rückfall eine Suchtbehandlung nach Artikel 60 StGB anordnen.*
- Polizeireglement der Stadt Olten, Artikel 35 Gaststätten, Konzertsäle usw.,
1 Gaststätten, Konzertsäle, Versammlungsräume, Vergnügungsstätten, wie Dancings usw., sind baulich und organisatorisch so einzurichten und zu führen, dass Dritte nicht gestört werden. Im Sommer ab 23.00 Uhr und im Winter ab 22.00 Uhr sind Türen und Fenster solcher Lokalitäten zu schliessen.
2 Für den Betrieb von Aussenwirtschaften erlässt der Stadtrat gestützt auf die einschlägigen Bestimmungen des Kantonalen Wirtschaftsgesetzes12) die erforderlichen Auflagen und Bedingungen. Dabei ist insbesondere auch der Beitrag der Aussenwirtschaften an die Attraktivität des städtischen Kultur- und Zentrumsangebots gebührend zu berücksichtigen.
Zu Frage 3
1. Nein. Mögliche bauliche Massnahmen sind letztlich von der Baukommission zu beurteilen. Für Patente und Bewilligungen im Gastgewerbe sind die kantonalen Stellen zuständig.
2. Es gilt das Gesetz über das Gastgewerbe und den Handel mit alkoholhaltigen Getränken (Wirtschaftsgesetz) des Kanton Solothurns vom 9. Juni 1996
§ 29. Entzug
Patente und Bewilligungen werden entzogen:
a) wenn die gastgewerbliche Tätigkeit nicht mehr ausgeübt wird;
b) wenn die Voraussetzungen zur Erteilung nicht mehr bestehen;
c) wenn die verantwortliche Person ihren Pflichten nicht nachkommt;
d) bei schwerwiegenden Verstössen gegen dieses Gesetz oder die Lebensmittelgesetzgebung;
e) bei schwerwiegender Missachtung des Arbeitsrechts, des Fremdenpolizeirechts
oder des Landesgesamtarbeitsvertrages des Gastgewerbes;
f) wenn die öffentliche Ordnung oder Sittlichkeit diese Massnahme verlangt;
g) wenn die nach diesem Gesetz geschuldeten Gebühren trotz Mahnung nicht bezahlt werden.
Zu Frage 4
- Ja, die zuständige Stadträtin Iris Schelbert-Widmer sowie die Stadtpolizei haben unmittelbar Kontakt mit der Betreiberin des Coq d’Or aufgenommen. Es wurden Unklarheiten bereinigt, Fragen beantwortet und mögliche Lösungsvorschläge empfohlen. Der Betreiberin wurde angeboten bei weiteren Fragen oder Schwierigkeiten mit der Stadtpolizei Kontakt aufzunehmen.
- Nachbarschaftliche Reibereien/Streitereien/Unstimmigkeiten sollen in erster Priorität unter den beteiligten Parteien gelöst werden.
Zu Frage 5
- Für den Stadtrat gibt es keinen Handlungsspielraum für eine Duldung von Lärm.
- Wenn eine Polizeipatrouille eine ausserordentliche Lärmquelle feststellt, dann entspricht dieser Tatbestand einem Offizialdelikt und muss zwingend angezeigt werden. Es liegt jedoch im subjektiven Ermessen des Polizisten, ob er den Lärm als Ruhestörung einstuft oder nicht. Die Richtlinien des Cercle Bruit (CB) der Schweizerischen Vereinigung kantonaler Lärmschutzfachleute (www.cerclebruit.ch), werden angewendet. Bei einer Meldung aus der Nachbarschaft wird eine Kontrolle durch die Polizei durchgeführt. Wenn die Polizei den Lärm selber feststellt, dann gilt dieser Umstand als Offizialdelikt und wird direkt ohne Rücksprache mit der Melderin angezeigt. Wenn die Patrouille jedoch keinen Lärm feststellen kann, dann wird Rücksprache genommen mit dem Melder und er hat die Möglichkeit eine Anzeige zu erstatten oder nicht. Mehrheitlich wird auf eine Anzeige verzichtet, da sich der Anzeigende gegenüber dem Lärmverursachenden namentlich stark exponieren muss.
Zu Frage 6
Ja
Zu Frage 7
Nein
Zu Frage 8
Die Stadt Olten wurde nicht eingeladen an dieser Arbeitsgruppe mitzumachen. Der SSV hat die Arbeitsgruppe selber konstituiert. In dieser Gruppe haben 11 Städtevertreter/innen Einsitz. Der 1. Entwurf von Handlungsempfehlungen liegt vor und wird in den nächsten Wochen nach einem Bereinigungsverfahren an alle Mitglieder des SSV versendet. Gleichzeitig werden auch die Medien über die ausgearbeiteten Handlungsempfehlungen informiert.