1. Ausgangslage
Wer als Studierender eine spätere Tätigkeit im Museum anstrebt, ist auf ein Praktikum angewiesen. Denn die Berufspraxis kann in der universitären Ausbildung nicht erlernt werden, und für ein wissenschaftliches Volontariat oder eine Assistenz wird ein vorgängig absolviertes Praktikum faktisch vorausgesetzt. In den letzten Jahren haben jedoch immer mehr Museen auf Praktikanten verzichtet, da dies mit einem deutlichen Mehraufwand an Betreuung verknüpft ist.
Diesen Missstand in Angebot und Nachfrage hat die Bildungsbranche längst erkannt und bietet heute Nachdiplomstudiengänge in Kulturmanagement, in Curating oder Museums Studies an. Diese Ausbildungen vermitteln jedoch nur theoretische Einblicke und sind nicht zu vergleichen mit einem Praktikum, das den Studierenden einen tiefen Einblick in den ganzen Museumsalltag bietet und sie auch erste Erfahrungen im Kuratieren, in der Inventarisation, Sammlungsbetreuung, Öffentlichkeitsarbeit usw. machen lässt.
Deshalb bemühen sich die beiden Schweizer Museumsverbände VMS und ICOM im Wissen um ihre Verantwortung gegenüber dem Nachwuchs seit einigen Jahren, ihre Mitglieder dazu zu bewegen, Praktikumsplätze zu generieren.
Zudem entwickelten die Verbände vor vier Jahren gemeinsam mit den vier Westschweizer Universitäten den ersten inneruniversitären Masterlehrgang in Museums Studies, der ein Praktikum in einem Museum bedingt. Gespräche mit den Universitäten Bern und Zürich sind im Gange.
2. Praktikumsstelle Kunstmuseum Olten
Das Kunstmuseum Olten ist als kleinere Institution mit motivierten Mitarbeitenden, mit einer Sammlung und Wechselausstellungen der geeignete Ort, um Praktikanten aufzunehmen und ihnen einen Ausbildungsplatz zu bieten. Geplant ist daher wiederkehrend ein 6-monatiges 100%-Praktikum anzubieten, das allenfalls auf ein Jahr verlängert werden kann.
Die Praktikantin/der Praktikant erhält während dieser Zeit einen umfassenden Einblick in alle Bereiche der wissenschaftlichen Museumsarbeit. Die Praktikantinnen und Praktikanten werden in die Arbeitsabläufe eingebunden. Im Fokus steht dabei die Möglichkeit, in einer betreuten Umgebung vielfältige erste Erfahrungen machen zu können, und nicht die billige Arbeitskraft. Anderseits ist es unbestritten, dass die Arbeitskraft eines Praktikanten bzw. einer Praktikantin für das Kunstmuseum hoch willkommen ist, da sich die Zahl der Mitarbeitenden, insbesondere derjenigen mit fachspezifischer Ausbildung, nach wie vor auf einem tiefen Niveau befindet und sich die Direktorin und ihre Stellvertreterin mit vielen Aufgaben befassen müssen, die sie an einen Praktikanten bzw. eine Praktikantin delegieren könnten. Zudem können die in Ausbildung befindlichen Praktikanten und Praktikantinnen auch stets neustes Knowhow in die Museumsarbeit einbringen.
Die Direktion Präsidium und die Direktion des Kunstmuseums sehen daher eine WinWin-Situation für den Praktikanten/die Praktikantin wie auch für das Museum: Der Praktikant/die Praktikantin lernt vom Museum, das Museum profitiert und lernt auch vom Praktikanten bzw. der Praktikantin. Und allenfalls bestünde auch die Möglichkeit, über ein Praktikum Masterarbeiten zu generieren, welche Themen des Oltner Museums beinhalten und auch den Kontakt zu den Universitäten vertiefen.
Das Praktikum wird in den einschlägigen Foren auf dem Netz und in den Universitäten ausgehängt (keine Inserierungskosten)
Ein Arbeitsplatz wird vom Museum zur Verfügung gestellt und generiert keine Mehrkosten.
3. Beispiele, welche die Bedeutung der Praktika in der universitären Ausbildung aufzeigen
Beispiel 1:
Reglement des universitären Master of Advanced-Studienganges der Westschweizer Universitäten „Conservation du patrimoine et Muséologie des beaux-arts“:
Art. 9: Ein Praktikum in einem Museum ist für den Abschluss Bedingung.
Beispiel 2:
Auszüge aus einem Mail des Präsidenten des Verbandes der jungen KunsthistorikerInnen (
www.articulations.ch)
„Praktika sind für den kunsthistorischen Nachwuchs wichtig, da die praktische Museumsarbeit an der Universität nicht gelernt werden kann. Es ist also zentral, während des Studiums bereits praktische Erfahrungen zu sammeln. Da Stellen an Museen dünn gesät sind, ist es umso wichtiger, dass Studierende bereits in Museen mitgearbeitet haben.
Praktika sind Ausbildungsstellen. Das bedeutet, dass die Museumsbetriebe eine Möglichkeit bieten, PraktikantInnen Einblick in alle relevanten Bereichen des Museums zu bieten (Ausstellungskonzeption, Inventarisierung, Korrespondenz, Ausstellungsauf- und abbau, Sammlungsbetreuung, Einblick in die Arbeit der RestauratorInnen, Vermittlung und Führungen, Finanzierung von Ausstellungen, etc.). PraktikantInnen werden in die Arbeitsabläufe eingebunden, so dass nicht permanente Betreuung vonnöten ist.
Ein wichtiger Bestandteil des Praktikums ist die Entschädigung. Weil das Praktikum Teil der Ausbildung ist, ohne welches Studierende geringere Chancen haben, Fuss in der Berufswelt zu fassen, sollte nicht durch eine schlechte Entschädigung von vornherein unterbunden werden, dass gute Leute, deren finanzielle Möglichkeiten beschränkt sind, von vornherein ausgeschlossen werden. Die Entschädigung kann in Abhängigkeit zum Fortschritt im Studium gestellt werden. Folgende Entschädigungen (am Beispiel des Kantons Bern) erachten wir als fair an:
http://www.fin.be.ch/fin/de/index/personal/anstellungsbedingungen/Praktika.html. Bei Absolventenpraktika sollte in jedem Fall überprüft werden, inwieweit die Fachkenntnisse des Uni-Abgängers in die gewöhnliche Arbeit eingebunden wird. Articulations ist gegen eine Einstellung von SpezialistInnen in Praktika, da dies keine Praktikumsbesetzungen, sondern eigentliche Spezialistenstellen wären. Solche Negativbeispiele gibt es leider mehrere!“
Beispiel 3:
Die Universität Bern bietet seit kurzem ebenfalls einen Studiengang in Museologie an: Mono-Masterstudiengang ‚Kunstgeschichte mit Ausstellungs- und Museumswesen’ (Curatorial Studies and Museology / 120 ECTS Punkte)
Auszug aus der Website des Instituts für Kunstgeschichte:
„Obgleich der Studienplan Kunstgeschichte kein Pflichtpraktikum vorsieht, empfiehlt das Institut für Kunstgeschichte nachdrücklich, das Studium durch Praktika zu vertiefen. Durch Praktika können schon frühzeitig Berufsperspektiven entwickelt werden und sie eröffnen einen Einblick in Berufsfelder jenseits von Lehre und Forschung. Während des Studiums bietet sich die praktische Mitarbeit in Museen, Denkmalpflege, Journalismus oder im Kunsthandel an. Bitte nehmen Sie zur Kenntnis, dass ausschliesslich Praktika an kunsthistorisch relevanten Institutionen angerechnet werden können. Nicht angerechnet werden können "Praktika" bei Privatpersonen oder Ein-Mann-Betrieben sowie entlohnte, berufliche Tätigkeiten.
Anrechnungsmodalitäten: Die Anrechnung von Praktika an das Studium der Kunstgeschichte wird im Studienplan geregelt. Maximal die Hälfte der durch Exkursionstage geforderten ECTS-Punkte können durch Praktika ersetzt werden. Dabei entspricht eine Woche Praktikum (100%) einem ECTS-Punkt.“
4. Finanzielle Auswirkungen
Die Entlöhnung richtet sich nach den entsprechenden städtischen Richtlinien. Das bedeutet Jahreskosten zwischen CHF 31‘000 und 35‘000. Diese wurden zu Handen des Budgets 2013 beantragt.
Beschluss:
1. Der Schaffung einer wiederkehrenden Praktikumsstelle 100% im Kunstmuseum Olten wird im Grundsatz zugestimmt. Die konkreten Stellenbesetzungen sind dem Stadtrat jeweils zu Kenntnis zu bringen.
2. Die Direktion Präsidium wird mit dem Vollzug beauftragt.