Am 4. September 2011 hat Luzia Stocker (SP-Fraktion) folgenden Vorstoss eingereicht:
„Der Reaktorunfall in Fukushima hat bezüglich Sicherheit der Schweizer Atomkraftwerke einige Unsicherheit ausgelöst. Sollte sich im AKW Gösgen ein Reaktorunfall ereignen, sind viele Fragen offen.
Namens der Parteiversammlung stellen sich für die SP folgende Fragen:
1. Welches Sicherheitskonzept hat die Stadt Olten für ihre Bevölkerung im Falle ei nes Unfalles?
2. Wenn die Menschen der Stadt Olten wegen der Auswirkungen eines Reaktorunfalles evakuiert werden müssten, besteht ein Evakuierungsplan? Wie sieht dieser aus, wie viele Menschen wären betroffen und wohin würden sie evakuiert?
3. Die Evakuierung würde Kosten verursachen. Die Menschen könnten über längere Zeit nicht mehr arbeiten. Die Wirtschaft würde nicht mehr funktionieren. Wie hoch könnten die Kosten sein? Wer trägt diese? Wer würde die Menschen entschädigen? Reicht die Haftpflichtversicherung des AKW Gösgen, um alle Kosten zu decken? Wenn nicht, wer müsste die Kosten übernehmen?
4. Wie schätzt der Stadtrat die Auswirkungen eines Reaktorunfalles auf den Bahnverkehrsknotenpunkt Olten ein? Wie sehen die Auswirkungen auf die Infrastruktur und auch die Verkehrssituation aus?“
* * *
Im Namen des Stadtrates beantwortet Stadtpräsident Ernst Zingg den Vorstoss wie folgt:
Grundsätzliches
Bei Ereignissen, in denen Bevölkerung, Tiere und Umwelt durch erhöhte Radioaktivität gefährdet sind oder sein können, tritt die Notfallorganisation des Bundes in Aktion. So liegt auch bei einem AKW-Störfall die Verantwortung für die Schutzmassnahmen beim Bund; die Kantone, Regionen und Gemeinden sind lediglich „Umsetzer“ von dessen Anweisungen.
Die Gemeinden bzw. regionalen Organisationen haben die Aufgabe, eine Notfallorganisation bereitzuhalten und deren Einsatzbereitschaft zu überprüfen sowie die Führungsinfrastruktur und die Alarmierung der Bevölkerung (Unterhalt und Kontrolle der Alarmierungsmittel sowie Sicherstellung der Alarmierung bei Ausfall der Sirenenfernsteuerung) sicherzustellen. Zudem obliegt ihnen die Absprache mit Leitern grösserer Betriebe (mehr als 30 Mitarbeiter) über die im Ereignisfall durchzuführenden Massnahmen. Insbesondere betrifft dies Einkaufszentren, Gastronomiebetriebe, Spitäler und Heime, Schulen, den lokalen öffentlichen Verkehr und Industriebetriebe. Im Einsatzfall erfolgt die Alarmierung der Bevölkerung und das Erteilen von Verhaltensanweisungen durch den Kanton; die Gemeinden und/oder Regionen nehmen ihre Notfallorganisation in Betrieb, geben die Warnungen des Kantons an die genannten grösseren Betriebe weiter, erhalten einen Notfalldienst mit den Einsatzorganisationen des Bevölkerungsschutzes aufrecht und führen lokale Verkehrsmassnahmen durch.
Zu den konkreten Fragen
1. Der Regionale Führungsstab Olten RFSO, dem neun Gemeinden der Region Olten angeschlossen sind, hat eine Notfallplanung, die im Einsatz-Manual zusammengefasst wird, welches derzeit im Detail aktualisiert wird. Darin werden Verantwortlichkeiten, Abläufe im Regelfall, Notbetriebs- und Wiederherstellungsszenarien geregelt. Dazu gehören beispielsweise auch Evakuierungen von Personen, wobei es auf der Ebene des RFSO in der Regel um Szenarien geht, die innerhalb des Zuständigkeitsgebiets der Organisation, das heisst das Gebiet der neun beteiligten Gemeinden geht; nukleare Störfälle haben hingegen in der Regel weit grössere geografische Auswirkungen und werden daher auch kantonaler bzw. nationaler Ebene koordiniert und geführt, die Gemeinden haben hier nur subsidiäre Aufgaben. Entsprechend haben die Evakuierungsszenarien auf regionaler Ebene für solche Szenarien kaum Bedeutung.
2. Der Kanton lässt derzeit einen Evakuierungsplan erarbeiten, der in absehbarer Zeit abgeschlossen sein soll. In den Zonen 1 und 2 können im Kanton Solothurn 24 Gemeinden und eine dort wohnenden Bevölkerung von rund 145‘000 Personen betroffen sein. Hinzu kommen allfällige weitere in den Gemeinden zur Zeit eines Ereignisses anwesende Personen, die ebenfalls einige tausend Personen betragen können. In einer ersten Phase (vor dem Austritt von Radioaktivität) geht es darum, durch zweckmässige Anordnung der möglichen Massnahmen wie Aufenthalt im Haus, Aufenthalt im Keller oder Schutzraum, Einnahme von Kaliumiodidtabletten usw. die Bevölkerung vor ionisierender Strahlung zu schützen. Eigentliche Evakuierungen im Falle eines Reaktorunfalls fallen dann wie erwähnt in die Zuständigkeit und Führung des Kantonalen Führungsstabes Solothurn.
3. Antworten auf die dritte Frage wären rein spekulativer Natur. Je nach Tragweite der Ereignisse ist aber davon auszugehen, dass die Versicherungen der Betreiber nicht ausreichen und die öffentliche Hand bzw. die Steuerzahlenden wesentlich zur Tragung der anfallenden Kosten beitragen müssten.
4. Wenn ein Ereignis bedeutet, dass der Verkehrsknotenpunkt Olten – ob auf der Schiene oder auf dem in der Nähe befindlichen Nationalstrassennetz – aus irgendwelchen Gründen nicht mehr benutzt werden kann, hätte dies für die nationale Verkehrssituation gravierende Folgen.