Am 15. September 2011 hat Daniel Schneider (SP-Fraktion) folgenden Vorstoss eingereicht:
„Aus welchen Gründen ist es zu keinem Kauf der Liegenschaft Kirchgasse 4 durch die Einwohnergemeinde Olten gekommen?
Die SP bittet den Stadtrat um Auskunft, welche Gründe dazu geführt haben, dass die Liegenschaft Kirchgasse 4 nicht in den Besitz der Einwohnergemeinde gelangt ist. Im Speziellen hat die SP folgende Fragen:
- Welche Personen haben seitens des Stadtrats die Verhandlungen mit der Besitzerschaft des „Vögele¬-Hauses“ geführt – der Gesamtstadt¬rat? Der Baudirektor? Der Stadtpräsident?
- Nachdem die Stadt Kaufinteresse signalisierte: Wer hat weshalb entschieden, die Ver¬handlungen abzubrechen und kein Kaufangebot zu unterbreiten – der Gesamtstadtrat? Der Baudirektor? Der Stadtpräsident?
- Wurde der Verhandlungsprozess protokolliert? Hat der Stadtrat seine Lehren gezogen aus den Resultaten der GPK-Untersuchung, die in Sachen Olten SüdWest schwere Versäumnisse beim Protokollieren feststellte?
- Sind die Stadtentwicklungskommission und die Museumskommission in diese Entscheide einbezogen wor¬den? Falls nein: Worin sieht der Stadtrat die Aufgabe dieser Kom¬missionen, wenn sie bei Entschei¬dungen dieser Tragweite nicht begrüsst werden?
- Ist der Stadtrat nicht auch der Meinung, dass ge¬rade nach den Ereignissen um Ol-ten SüdWest eine Orientierung des Parlaments und der Öffentlichkeit angemessen wäre?
- Laut Mitteilung des Stadtrats vom 22. August 2011 hat der Stadtrat sein Kaufinteresse beim federführenden Architekten, nicht aber bei der Besitzerschaft deponiert. Weshalb? Wie wurde das Interesse deponiert? schriftlich?
- Der Stadtrat schreibt in seiner Stellungnahme vom 22. August weiter, dass er keinen Entscheid zu fällen gehabt habe, weil kein Kauf¬angebot mit konkretem Preisvor¬schlag seitens des Besitzers ein¬ging. Hat die Stadt einen solchen Preisvorschlag erbeten? Und wieso hat sie als Interessentin nicht proaktiv selbst eine Kaufsumme vor¬geschlagen, wie es doch eigentlich üblich ist?
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Stadtpräsident Ernst Zingg beantwortet den Vorstoss im Namen des Stadtrates wie folgt:
- Grundsätzliches
Wie der Stadtrat bereits in seinem Statement zu Handen der Fraktionen schilderte, fanden zwischen dem früheren Eigentümer, das heisst der Familie Büttiker und dem beauftragten Architekten einerseits, und der Einwohnergemeinde Olten andererseits Gespräche statt.
Involviert in diese Gespräche wurde auch die regionale Wirtschaftsförderung. In diesen Gesprächen ging es darum, dass der Eigentümer die Möglichkeiten eines Ausbaus des Ladengeschäfts Vögele abklären wollte, da die Firma Vögele den bestehenden Laden auf drei Stockwerken nicht rentabel führen könne. Von Seiten der Einwohnergemeinde musste dabei festgehalten werden, dass derzeit weder ein Erweiterungsbau auf Seite Munzingerplatz noch ein Verkauf des Kunstmuseums zur Diskussion stehen, da die Planungen bezüglich Munzingerplatz und Museumsneubau im Rahmen des Projektes Strategie Innenstadt 2012 nicht abgeschlossen sind und nicht kurzfristig umgesetzt werden können.
Für eine Übergangszeit beantragte der Eigentümer in der Folge, die heutigen Anbauten an der Rückseite des Kunstmuseums für eine Erweiterung des Ladenlokals Vögele verwenden zu können. Auch dazu konnte die Einwohnergemeinde nicht Hand bieten, da für die dortigen Räumlichkeiten des Kunstmuseums keine Alternativen bestehen und die Dauer eines solchen Provisoriums nicht absehbar wäre. Indessen deponierte die Einwohnergemeinde beim von der Eigentümerin beauftragten Architekten angesichts dieser Situation ihr Interesse an einem Kauf der Liegenschaft. Obwohl für den Fall eines Verkaufs ursprünglich eine Ausschreibung des Gebäudes angekündigt worden war, ist in der Zwischenzeit der Verkauf ohne Einbezug der Stadt Olten erfolgt.
Fakt ist somit: Es wurde von Seiten des vorherigen Eigentümers keine Verkaufsabsicht geäussert, die Liegenschaft wurde nicht ausgeschrieben und es fanden daher auch keine Verkaufsverhandlungen statt. Die Einwohnergemeinde hat folglich auch kein Angebot mit Preisangabe erhalten, und der Stadtrat hat daher auch keinen diesbezüglichen Entscheid fällen können.
Der Verkauf der Liegenschaft Kirchgasse 4 hat im Übrigen keinen Einfluss auf die Standortwahl eines Museumsneubaus, da die heutigen Gebäudehüllen an der Front zur Kirchgasse ohnehin nicht verändert werden dürfen. Lediglich die Dimension eines Neubaus hätte allenfalls reduziert werden können, wenn man auch die Räumlichkeiten Kirchgasse 4 einbezogen hätte – wobei es klar festzustellen gilt, dass es sich um eher kleinere Räume handelt, die sich nicht für grosszügige Ausstellungen eignen und Niveauunterschiede zum Nebenhaus aufweisen. Zudem hätte die Einwohnergemeinde die Nutzung des Erdgeschosses – beispielsweise für einen Restaurationsbetrieb an einer verkehrsbefreiten Kirchgasse – direkt beeinflussen können. Mit dem neuen Besitzer wurde via Wirtschaftsförderung bereits Kontakt aufgenommen; Ziel ist es die Vorhaben an der Kirchgasse Nord – insbesondere auf der Seite Munzingerplatz – zu koordinieren, was übrigens auch eine Bedingung des kantonalen Denkmalpflegers darstellt. Eine erste Gesprächsrunde fand Anfang Oktober statt.
2. Zu den einzelnen Fragen
- Welche Personen haben seitens des Stadtrats die Verhandlungen mit der Besitzerschaft des „Vögele¬-Hauses“ geführt – der Gesamtstadt¬rat? Der Baudirektor? Der Stadtpräsident?
An den Gesprächen zu den Bedürfnissen des Eigentümers bzw. der Mieterin bezüglich Liegenschaft Kirchgasse 4 nahmen von Seiten der Stadt der Stadtpräsident, der Stadtschreiber (als Leiter der Kulturbetriebe) und der Leiter Baudirektion teil. Kontakte mit dem Eigentümer und der Mieterin Vögele Schuhe führte auch der Wirtschaftsförderer im Auftrag des Stadtpräsidiums.
2. Nachdem die Stadt Kaufinteresse signalisierte: Wer hat weshalb entschieden, die Ver¬handlungen abzubrechen und kein Kaufangebot zu unterbreiten – der Gesamtstadtrat? Der Baudirektor? Der Stadtpräsident?
Wie erwähnt fanden keine Verkaufsverhandlungen statt, da nur die Kaufabsicht von Seiten der Stadt geäussert wurde und der Eigentümer keine Verkaufsabsicht bekannt gab.
3. Wurde der Verhandlungsprozess protokolliert? Hat der Stadtrat seine Lehren gezogen aus den Resultaten der GPK-Untersuchung, die in Sachen Olten SüdWest schwere Versäumnisse beim Protokollieren feststellte?
Da es weder Verkaufsverhandlungen noch Entscheide gab bzw. geben konnte, können auch keine entsprechenden Protokolle bestehen. Die informellen Gespräche betreffend Bedürfnisse des Eigentümers bzw. der Mieterin wurden nicht protokolliert.
Bekanntlich können nicht stattgefundene Verhandlungen und Entscheide nicht protokolliert werden, wie sich auch im Falle von Olten SüdWest zeigte, wo der GPK-Bericht diesbezüglich widersprüchlich war. Ansonsten hinkt der Vergleich mit Olten SüdWest: Dort gab es einen deklarierten Verkaufswillen der Eigentümerschaft und eine Anfrage für die Aufnahme von Kaufverhandlungen an die Stadt, auf die hin – wie der Stadtrat in der Aufarbeitung einräumte – ein eigentlicher Offertpreis hätte angefordert werden müssen. Dieser hätte im Gesamtstadtrat und zumindest mit der Stadtentwicklungskommission diskutiert werden sollen und es hätte ein formeller Beschluss gefasst werden sollen. Im vorliegenden Fall gab es hingegen weder einen deklarierten Verkaufswillen der Eigentümerschaft noch eine Anfrage für die Aufnahme von Kaufverhandlungen an die Stadt.
4. Sind die Stadtentwicklungskommission und die Museumskommission in diese Entscheide einbezogen wor¬den? Falls nein: Worin sieht der Stadtrat die Aufgabe dieser Kom¬missionen, wenn sie bei Entschei¬dungen dieser Tragweite nicht begrüsst werden?
Die Museenkommission und die Stadtentwicklungskommission wurden – wie übrigens auch der Gesamtstadtrat – im Rahmen von Diskussionen über den Standort eines neuen Kunstmuseums über das Interesse der Stadt an der Liegenschaft Kirchgasse 4 informiert. Entscheide fällen sie nur über konkrete Vorlagen mit Preisangaben und neutralen Gutachten, für die es wie erwähnt keine Grundlagen gab.
5. Ist der Stadtrat nicht auch der Meinung, dass ge¬rade nach den Ereignissen um Ol¬ten SüdWest eine Orientierung des Parlaments und der Öffentlichkeit angemessen wäre?
Aus den obenstehenden Ausführungen lässt sich entnehmen, dass die Kontakte zwischen Eigentümer und Stadt noch keinen Stand erreicht hatten, der eine Orientierung des Parlaments und der Öffentlichkeit gerechtfertigt hätte. Der Stadtrat hat hingegen auf eine Kolumne zum Thema im Stadt-Anzeiger hin die Fraktionen über den korrekten Sachverhalt schriftlich informiert.
6. Laut Mitteilung des Stadtrats vom 22. August 2011 hat der Stadtrat sein Kaufinteresse beim federführenden Architekten, nicht aber bei der Besitzerschaft deponiert. Weshalb? Wie wurde das Interesse deponiert? schriftlich?
Die Kontakte zum nicht ortsansässigen Eigentümer liefen über den federführenden Archiktekten vor Ort. Das Interesse wurde mündlich deponiert.
7. Der Stadtrat schreibt in seiner Stellungnahme vom 22. August weiter, dass er keinen Entscheid zu fällen gehabt habe, weil kein Kauf¬angebot mit konkretem Preisvor¬schlag seitens des Besitzers ein¬ging. Hat die Stadt einen solchen Preisvorschlag erbeten? Und wieso hat sie als Interessentin nicht proaktiv selbst eine Kaufsumme vor-geschlagen, wie es doch eigentlich üblich ist?
Im Gegensatz zur Ansicht des Interpellanten ist es üblich, dass ein Verkäufer seinen Preis nennt und dass nicht Steuergelder verwendet werden, um Preisangebote ins Blaue hinaus zu lancieren. In der Richtlinie für das strategische Vorgehen beim Verkauf und Kauf von Liegenschaften und Grundstücken (SRO 513) ist als Voraussetzung für einen Kauf vermerkt, dass es sich um einen vertretbaren Kaufpreis handle. Bei Bedarf solle zudem ein neutrales Verkehrsgutachten erstellt werden. Zweifellos kann kein Gutachten ohne die Zustimmung des Eigentümers erstellt werden, zumal dieser im vorliegenden Fall gegenüber der Stadt gar keine Verkaufsabsicht geäussert hatte. Das vom Interpellanten angenommene Stadium der Gespräche zwischen Stadt und Eigentümer war bei weitem nicht erreicht, als der Eigentümer die Liegenschaft an einen Dritten veräusserte.