Am 30. Juni 2011 haben Arnold Übelhart und Mitunterzeichnende folgende Motion eingereicht:
Gemäss Art. 68 ist die Schulkommission „im Sinne des Volksschulgesetzes zuständig als Schul- und Aufsichtsbehörde für die städtischen Schulen sowie Aufsichtsorgan für die Kindergärten“. Nach dem kantonalen Gesetz ist die kommunale Aufsichtsbehörde der Gemeinderat (=Stadtrat) (§70). §71 regelt die Zuständigkeit (strategische Entscheide, Schulordnung), § 72 regelt die Aufgaben im Besonderen. § 72bis ermöglicht eine Aufgabenübertragung von der kommunalen Aufsichtsbehörde „auf eine Gemeinderatskommission, eine andere in der Gemeindeordnung…bezeichnete Behörde“. Die Aufgaben im Besonderen betreffen die §§ 8,3 (Ferienplan), 10bis2 (Gestaltung der Obhutszeit), 19,3 und 4 (Einschulungszeitpunkt), 37ter3 (Anspruch auf die Sonderschulung), 72,f,g,k und l (sorgt für die Anlagen, Prüfung des Voranschlages, überprüft die Tätigkeit des Schulleiters und die Qualität der Aufgabenerfüllung, sorgt für den allgemeinen Schulbesuch der Kinder).
Der Motionär ist der Meinung, es bestehe ein Bedarf nach breiterer Abstützung von Entscheidungen in schulischen Belangen in Richtung einer Vertretung der Bevölkerung. Die Schulkommission braucht bezeichnete Rechte und Pflichten. Ein solches Pflichtenheft kann folgende Aufgaben und Rechte bezeichnen
- Die anwaltschaftliche Interessenvertretung für eine gute Schule. Das Einbringen von Anliegen aus der Bevölkerung und aus Interessenkreisen bei den Verantwortlichen
- Die beratende Mitwirkung bei der Entwicklung der Schule
- Die Stellungnahme zu Geschäften des Stadtrates zuhanden des Parlaments, Antragsbefugnisse an das Parlament.
- Die Aufgaben gemäss kantonalem Gesetz, im Besonderen 72bis.
- Die Informationsrechte, die Koordination mit anderen Kommissionen, die Be-richterstattung und Öffentlichkeitsarbeit sind grosszügig zu regeln.
- Erwünscht ist auch die Möglichkeit zum zeitweisen Beizug weiterer Personen mit Fachwissen (Eltern, Schüler).
- Im Rechnungs- und Verwaltungsbericht (2010: 6 Sitzungen, keine Ausführungen) soll ein Rechenschaftsbericht erscheinen.
Besten Dank für die aufmerksame und die Sache fördernde Behandlung des Anliegens bis Dezember 2011
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Stadtrat Mario Clematide beantwortet die Motion im Namen des Stadtrates wie folgt:
Zum Inhalt:
1. Erwägungen
a) Geschichtliches
Mit dem Gemeindeparlamentsbeschluss vom 18. Dezember 2008 hat sich der Souverän der Stadt Olten zum „Konzept geleitete Schulen Stadt Olten“ bekannt. Ein vielseitiges Papier regelt Aufgaben, Verantwortlichkeiten und Kompetenzen der einzelnen Funktionsträger (Departement für Bildung und Kultur, Gemeindeparlament, Stadtrat, Gesamtschulleiter, Schulleitungskonferenz und andere mehr). Im grundsätzlich hierarchisch aufgebauten Konzept nehmen die Fachkommissionen übertragene Kompetenzen und Aufgaben (Zitat) wahr. Welches diese sind, wird nicht erwähnt.
Im Bericht und Antrag zum obigen Gemeindeparlamentsbeschluss wird unter 2.4 „Offene Fragen“ festgehalten, dass die Frage der Weiterführung der Schulkommissionen auf kantonaler Ebene nicht abschliessend gelöst ist. Gemäss Konzept kann das Gemeindeparlament Fachkommissionen einsetzen, welche die Schulleitungen beratend begleiten.
Die Schulkommission der EGO der Legislatur 2005 – 2009 hat sich in mehreren Sitzungen mit der Zukunft der Schulkommission im Rahmen des „Konzept geleitete Schulen Stadt Olten“ befasst. Im Protokoll der Sitzung vom 24. März 2009 ist unter Zukunft Kommissionen unter anderem zu lesen, dass die Änderung der Gemeindeordnung weiter zu bearbeiten sei. Es soll eine ordentliche Kommission mit 9 Mitgliedern geben, zu denen Vertreterinnen und Vertreter der Anspruchsgruppen hinzukommen können. Der Zweckartikel soll aussagen, dass die Kommission Aufgaben gemäss „Konzept geleitete Schulen Stadt Olten“ ausübt.
Es ist offensichtlich, dass hier ein Zirkelschluss vorliegt: Im „Konzept geleitete Schulen Olten“ soll die Fachkommission Bildung nicht explizit erwähnte Kompetenzen und Aufgaben wahrnehmen, während dem die Schulkommission der Legislatur 2005 – 2009 vorschlägt, dass die Fachkommission Aufgaben gemäss „Konzept geleitete Schulen Stadt Olten“ ausübt.
Es liegt auf der Hand, dass gerade in anspruchsvollen sachpolitischen Entscheidsituationen neu eingeführte Strukturen Bewährungsproben ausgesetzt sind. Dies war im Bereich der Direktion Bildung und Sport in der ersten Legislaturhälfte 2009 – 2013 in ausgesprochenem Masse der Fall. Dass verschiedenste Anspruchsgruppen und ihre politischen Vertretungen das System und die Führungstätigkeit der politisch und operativ Verantwortlichen hinterfragen, gehört zur politischen Kultur.
Für die politisch Verantwortlichen ist in solchen Zeiten entscheidend, dass sie operationale Legislatur- und Jahresziele formulieren, nach denen sie ihr Handeln ausrichten und die auf allgemeinen Leitideen und regelmässigen Standortbestimmungen beruhen und rechtmässig sind.
Allgemeine Leitideen der Direktion Bildung und Sport zu Volksschulen in urbanen Gebieten (Erarbeitet im Rahmen der schweizerischen Städteinitiative Bildung)
• Der gesellschaftliche und wirtschaftliche Wandel ist eine Realität. Dieser Wandel wird in der Schule unmittelbar sicht- und spürbar. Sie ist der einzige Ort, an dem sich Kinder und Jugendliche aus allen Gesellschaftsschichten und Kulturen treffen. Das ist eine Herausforderung, der sich die Schule stellen muss.
• Die in der Schule gelebte Heterogenität gilt in einem städtischen Umfeld als Chance, um in einer mobilen und vernetzten Welt bestehen zu können.
• Alle Schülerinnen und Schüler sollen sich unabhängig von ihrer Herkunft, entsprechend ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Schule entwickeln können.
• Für die Entwicklung der Kinder ist die Schule viel mehr als ein Ort, wo Wissen vermittelt und gelernt wird. Kinder und Jugendliche sollen die Schule als Lebensraum erfahren dürfen, in dem Unterricht und Betreuung konzeptionell abgestimmt sind.
• Die Schule ist Arbeitsort für Lehrpersonen. Alle Lehrpersonen haben eine definierte Präsenzverpflichtung. So nehmen sie Mitverantwortung an der Ausgestaltung der Schule wahr.
• Schulen sind professionell zu führen. Politische, operative und strategische Aufgaben, Verantwortungen und Kompetenzen sind sachrichtig zuzuweisen.
• Die Schule ist Begegnungs- und Identifikationsort im Quartier. Sie ist ein verbindendes Element im Quartier. Bildung gelingt besser, wenn sie von allen Beteiligten gemeinsam gestaltet und begleitet wird.
b) Aktuelle Situation der Schule Olten aus der Sicht des Stadtrates
Die Schule Olten
• ist an ihren sieben Schulstandorten (inkl. HPSZ, Musikschule) dezentral gewachsen,
• hat unterschiedliche sozio-kulturelle Rahmenbedingungen,
• hat unterschiedliche Schulhauskulturen und Geschichten,
• fördert die Schülerinnen und Schüler entsprechend ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten,
• ist eine integrative Schule mit separativen Elementen,
• bietet den Lehrpersonen eine Infrastruktur und Ressourcen, die professionelles Arbeiten ermöglichen,
• setzt auf die Entwicklung angemessener Tagesstrukturen,
• wird gemäss dem Konzept der geleiteten Schule geführt (zentral und dezentral),
• wird durch eine Leistungsvereinbarung gegenüber dem Kanton verpflichtet,
• ist dem Gemeindeparlament rechenschaftspflichtig,
• soll den Einbezug aller Anspruchsgruppen fördern, insbesondere die Zusammenarbeit mit den Eltern,
• soll strategisch durch eine Fachkommission mit breiter Abstützung durch Anspruchsgruppen begleitet werden.
c) Prioritätensetzung der BISPO-Leitung 2009-2013
Die neue BISPO-Leitung hatte für die erste Legislaturhälfte andere Ziele höher priorisiert als die Klärung der Situation der Schulkommission.
So hat die BISPO – Leitung die Umsetzung der Sek I – Reform, die Umsetzung der Speziellen Förderung, den Neubau des Annexgebäudes im Frohheim, die Reorganisation der Schuladministration (Aufbau Abteilung Schuldienste und Sport), die Optimierung der administrativen Abläufe (Schülerzuweisungen), die Ausarbeitung von Anstellungsverträgen für alle Lehrpersonen, die Klärung der finanziellen Entwicklung im Bereich der Kindertagesstätten und die Sportstättenvorlage höher priorisiert. Die Externe Evaluation der Schule Olten, die polititschen Debatten um die Einführung der Speziellen Förderung und personalpolititsche Probleme (Schulsozialarbeit) haben die Belastungsintensität auch nicht reduziert.
In der zweiten Legislaturhälfte soll nun das politische Schwergewicht unter anderem auf die Klärung der Aufgabe der Schulkommission unter dem „Konzept geleitete Schule Olten“ gelegt werden. So gesehen, rennt die Motion Übelhart offene Türen ein.
d)Absicht des Stadtrates
Im Wesentlichen geht es um den Ersatz der Art. 5ff der Schulordnung der Einwohnergemeinde Olten unter Respektierung des „Konzept geleitete Schulen Stadt Olten“ im Rahmen des übergeordneten kantonalen Rechtes. § 70 des kantonalen Volksschulgesetzes lautet wie folgt: „Der Gemeinderat einer Einwohnergemeinde (…) ist für die kommunale Aufsicht zuständig. In der Gemeindeordnung, in den Statuten oder in einem Vertrag kann die Aufsicht einer Fachkommission (Schulkommission) bzw. einer Schuldirektion (Rektorat) übertragen werden.“ Nicht geklärt ist das Nebeneinander von Fachkommission und dem Grundsatz der geleiteten Schulen.
Der Stadtrat möchte das Dilemma in zwei Schritten lösen:
1. Durch Überweisung dieser Motion mit Diskussion der nachfolgenden sechs Fragen in einer parlamentarischen Bildungsdebatte.
2. Durch Schaffung von neuen Normen als Ersatz für die Artikel 5 ff der Schulordnung der EGO Olten und eines Arbeitsreglements einer neu geschaffenen Fachkommission Bildung. Beides soll der Genehmigung durch Stadtrat und Gemeindeparlament unterliegen.
Die neuen Normen sollen durch die aktuelle Schulkommission erstellt werden unter allfälligem Beizug von Fachpersonen. Zeithorizont 1. Semester 2012.
2. Antrag des Stadtrates
Der Stadtrat ist bereit, die Motion Übelhart zu überweisen.
Damit eine mehrheitsfähige Rechtsgrundlage für eine künftige, nachhaltig wirkende Fachkommission Bildung geschaffen werden kann, möchte der Stadtrat im Rahmen der parlamentarischen Debatte von den Fraktionen wenn möglich folgende Fragen beantwortet haben.
1. Stimmt das Gemeindeparlament grundsätzlich mit den Leitideen des BISPO (siehe Punkt 1b) überein?
2. Teilt das Gemeindeparlament grundsätzlich die Beurteilung der Ist-Situation der Schule Olten (siehe Punkt 1c)?
3. Ist das Gemeindeparlament der Auffassung, dass die operative Führung der Schule Olten den Organen gemäss „Konzept geleitete Schule Stadt Olten“ (Departement für Bildung und Kultur, Gemeindeparlament, Stadtrat, Gesamtschulleiter und Schulleitungskonferenz) ausschliesslich vorbehalten ist?
4. Teilt das Gemeindeparlament die Meinung des Stadtrates, dass es eine Fachkommission Bildung braucht?
5. Welche wesentlichen Aufgaben sollen die Fachkommission Bildung ausmachen? (Führungs- oder Impulsorgan, Kontrollorgan oder Interessenvertretung, Entscheid- oder Vernehmlassungsorgan)
6. Nach welchen Grundsätzen soll die Fachkommission Bildung gebildet werden? (Parteipolitisch, Vertretung von Anspruchsgruppen, Kommission eigener Art)