Sehr geehrter Herr Präsident
Sehr geehrte Damen und Herren
Der Stadtrat unterbreitet Ihnen folgenden Bericht und Antrag:
1. Ausgangslage
Im September 2010 wurde der Stadtkanzlei die Initiative „Frischer Wind für Oltner Stadtrat“ gemäss § 79 Gemeindegesetz zur Vorprüfung unterbreitet und damit vor der Unterschriften-samm¬lung schriftlich angemeldet. In der Folge hat die Stadtkanzlei das Initiativbegehren am 30. September 2010 veröffentlicht. Dieses lautet wie folgt:
„Die unterzeichnenden Stimmberechtigten aus Olten verlangen gestützt auf Artikel 11 der Gemeindeordnung der Einwohnergemeinde Olten, dass Artikel 36 der Gemeindeordnung mit folgendem Zusatz ergänzt wird:
3 Die Mitglieder des Stadtrates können maximal zweimal nacheinander wiederge-wählt werden. Die Wahl eines bisherigen Stadtrates ist somit möglich nach einem Unterbruch.
Während einer laufenden ordentlichen Amtsperiode eingetretene Stadtrats-mitglieder können maximal dreimal nacheinander wiedergewählt werden, damit mindestens drei ordentliche Amtsperioden möglich sind.
Begründung:
Die Beschränkung der Amtszeit ermöglicht eine kontinuierliche personelle Erneuerung des Stadtrates. Frische Persönlichkeiten im Stadtrat bringen neue Ideen und andere Sichtweisen zu Themen ein. Dies fördert die Innovation und Kreativität und beeinflusst die Entwicklung politischer Projekte positiv, zum Wohle der Bevölkerung.
Mit der Beschränkung der Amtszeit auf maximal 12 Jahre erhalten die Mitglieder des Stadt-rates einen klaren zeitlichen Rahmen für ihre Tätigkeit. Sie können so ihren Dienst für Olten inhaltlich und zeitlich optimal planen. Die frühzeitige Behandlung dieser Initiative gibt allen Beteiligten genügend Zeit, die notwendigen Dispositionen für die Amtsperiode 2013 bis 2017 zu treffen.
Das Volksbegehren will frischen Wind in den Stadtrat bringen und richtet sich nicht gegen bestimmte Personen oder Parteien: Das Initiativkomitee hat deshalb alle Parteien in Olten eingeladen, diese Initiative ebenfalls zu unterstützen.“
Die 60-tägige Sammelfrist endete am 29. November 2010. Fristgerecht wurden der Stadt-kanzlei am 29. November 578 Unterschriften eingereicht.
In sinngemässer Anwendung von § 137 Gesetz über die politischen Rechte hat die Stadt-kanzlei die Unterschriftenlisten formell zu überprüfen und die Gesamtzahl der gültigen Un-terschriften zu ermitteln. Die Überprüfung hat ergeben, dass 533 Unterschriften gültig sind und demnach die Initiative in Form einer ausgearbeiteten Vorlage zustande gekommen ist. Nach Art. 11 der Gemeindeordnung sind für eine Initiative 500 Unterschriften notwendig.
Die Frist für die Durchführung der Urnenabstimmung ergibt sich aus Art. 11 Gemeindeord-nung und beträgt 9 Monate. Der Stadtrat als zuständige Behörde hat die Gemeindeabstim-mung über die Initiative auf den 15. Mai 2011 festgesetzt.
2. Stellungnahme des Stadtrates
2.1 Antrag auf Ungültigerklärung der Volksinitiative
Nach § 81 Abs. 2 Gemeindegesetz erklärt das Gemeindeparlament eine Initiative für ungültig, wenn sie den Formvorschriften widerspricht, offensichtlich rechtswidrig oder undurchführbar ist.
Mit Verfügung vom 20. Januar 2011 hat das Amt für Gemeinden die Genehmigung der Än-derung von §23 Abs. 3 der Gemeindeordnung der Einwohnergemeinde Hägendorf verweigert, da dieser gegen das passive Wahlrecht (§7 Gesetz über die politischen Rechte vom 22.9.1996 in Verbindung mit §32 Abs. 2 Gemeindegesetz) verstosse. Die Gemeinde Hägendorf wollte in ihrer neuen Gemeindeordnung, genehmigt durch die Gemeindever-sammlung am 9. Dezember 2010, folgende Amtszeitbeschränkung festlegen: „Die Amtszeit des Gemeindepräsidenten ist auf drei ganze Amtsperioden in Folge begrenzt. Eine zuvor bereits angebrochene Amtsperiode wird angerechnet. Bei einer Amtszeitunterbrechung von mindestens vier Jahren bleibt die vorhergehende Amtszeit unberücksichtigt.“ Die Hägendörfer Gemeindeordnung wurde auf Grund der Verfügung des Amtes für Gemeinden in diesem Punkt von Amtes wegen korrigiert.
Das Amt für Gemeinden folgt mit dieser Verfügung der bisherigen Praxis, das aktive (Recht zu wählen) und das passive (Recht gewählt zu werden) Wahlrecht bei politischen Mandaten nicht auseinanderfallen zu lassen. Bereits 1979 (GER 1979 Nr. 1) hatte der Regierungsrat in einem Beschwerdeentscheid festgehalten, dass die Gemeinden nicht befugt seien, Amts-zeitbeschränkungen für ihre Gemeinderatsmitglieder einzuführen: Es sei davon auszugehen, so die damalige Begründung, dass der kantonale Gemeindegesetzgeber grundsätzlich das ihm verfassungsmässig zugesicherte Recht beanspruche, die Gemeindeorganisation ge-samthaft zu regeln, und nur dort eine Ausnahme von diesem Grundsatz zulasse, wo er dies ausdrücklich wünsche. Das bedeute für die Rechtsanwendung, dass dem Fehlen einer be-stimmten Organisationsnorm im Gemeindegesetz nicht die Bedeutung beigemessen werden dürfe, der kantonale Gemeindegesetzgeber habe die Regelung der Angelegenheit den Ge-meinden überlassen wollen. Nur dort, wo ein entsprechender Verweis im Gemeindegesetz ausdrücklich vorgesehen sei, treffe dies zu.
In Analogie zu diesem Entscheid und zur jüngsten Verfügung des Amtes für Gemeinden muss davon ausgegangen werden, dass auch das Anliegen der Volkinitiative „Frischer Wind für Oltner Stadtrat“ nicht mit der übergeordneten Gesetzgebung vereinbartist und eine ent-sprechende Änderung der Gemeindeordnung – sollte sie von den zuständigen Instanzen genehmigt werden – von den übergeordneten kantonalen Instanzen nicht genehmigt würde. Der Stadtrat beantragt daher dem Gemeindeparlament, die Volksinitiative ungültig zu erklären.
2.2 Zum Inhalt der Volksinitiative
Ungeachtet der rechtlichen Überlegungen erachtet der Stadtrat die Volksinitiative auch aus inhaltlichen Gründen als nicht unterstützungswürdig:
- Die Erfahrung zeigt, dass Amtsdauern über 12 Jahre in der Zusammensetzung des Oltner Stadtrates seit der Einführung der ausserordentlichen Gemeindeorganisation im Jahre 1973 nicht die Regel sind: Von bisher 19 Amtsinhabenden waren sechs länger als zwölf Jahre im Amt, darunter drei Stadtpräsidenten und zwei damalige Stadtratsmitglieder im Hauptamt.
- Mit dem Nominierungsverfahren durch die Parteien und der Volkswahl im Vierjahres-rhythmus bestehen – bei ehrlicher und konsequenter Anwendung – ausreichende Möglichkeiten, Amtsinhaber/innen, die sich aus der Sicht von Mehrheiten nicht bewährt haben und für die nach deren Meinung geeignetere Alternativen bestehen, durch das Korrektiv der Nichtwiederwahl an einer weiteren Ausübung ihres Amtes zu hindern.
- Die Volksinitiative berücksichtigt nicht, dass auch Direktionswechsel erstens für „fri-schen Wind“ sorgen können und zweitens eine neuerliche Einarbeitungszeit erfor-dern.
- Eine generelle Regelung, wie sie vom Stadtrat aus den genannten Gründen als nicht notwendig erachtet wird, würde im Gegenzug verunmöglichen, dass bewährte, enga-gierte Amtsinhaber/innen über zwölf Jahre hinaus ihre Aufgabe weiterführen können. Dies ist nach Ansicht des Stadtrates insbesondere dann von Nachteil, wenn ein Mit-glied des Stadtrates nach vier oder acht Jahren in Teilzeit mit entsprechender Erfah-rung ins Stadtpräsidium wechseln möchte und ihm dann nur noch vier bzw. acht Jahre im Amt des Stadtpräsidenten oder der Stadtpräsidentin verbleiben.
Beschlussesantrag:
I.
1. Die Initiative „Frischer Wind für Oltner Stadtrat“ wird wegen Rechtswidrigkeit als ungültig erklärt.
2. Der Stadtrat wird mit dem Vollzug beauftragt.