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Umfassendes Veränderungsprojekt bei der Stadtpolizei Olten
Die Stadtpolizei Olten, ein Korps mit rund 40 Angehörigen, hat Tradition und ist mit der Stadt eng verbunden – einer Stadt, die heute fast alles zu bieten hat: einen Bahnhof mit enormem Reiseverkehr, eine grosse Kilbi, Fasnacht und 1. August-Feierlichkeiten, Messe- und Sportanlässe wie der Beach Volleyball Event – aber auch einen Strassenstrich, ab und zu eskalierende Eishockeyspiele, Demonstrationen und generell eine wachsende Zahl von „Brennpunkten“, also Orte in der Stadt, welche von der Polizei besonders überwacht werden müssen.
Mit dem Veränderungsprojekt ‚Stapo 2011‘ wollte die Stadt Olten zeitgemässe Rahmenbedingungen schaffen:
- Neuorganisation: Das Gros der Einsatzkräfte soll im Einsatz verfügbar sein: auf der Strasse, in den Quartieren, an heiklen Orten, wo Sicherheit besonders gefragt ist.
- Kompetenz: Spürbare Nähe zu den Menschen, die in Olten leben, in den Bereichen Sicherheit, Verkehr und Gewerbe.
- Klare Führung - und damit die Unterscheidung von Personal-, Fach- oder Einsatzführung und -verantwortung.
- Vertrauenskultur: Teamwork statt Missgunst und „Gärtchendenken“, Transparenz statt Gerüchteküche, Zukunfts- statt Vergangenheitsorientierung.
- Modernisierung: Die Erarbeitung von zeitgemässen Führungsinstrumenten.
Unsicherheiten aushalten
Auch in kleinen Veränderungsprojekten nehmen nicht die sachlichen, sondern die emotionalen Themen viel Raum ein: Gerade zu Beginn herrschte grosse Unsicherheit bei den Mitarbeitenden über den noch unklaren Ausgang des Projekts: Polizistinnen und Polizisten sind eher der Stabilität als der Veränderung zugetan und Gerüchte machen schnell die Runde. Der Kommandant musste vielen kritischen Stimmen begegnen, die an der Fairness und Lösungsorientierung des Projekts zweifelten und vieles für eine abgekartete Sache hielten. Schliesslich lastete auf dem Vorhaben einiges an politischem Druck. Entscheidend war, dass der Stadtrat durchwegs hinter dem Projekt und seinen Konsequenzen stand.
Solides Projektmanagement
Der Führung der Stadtpolizei war klar, dass eine Summe von losen Einzelaktivitäten nicht zur notwendigen Erneuerung der Stadtpolizei führen würde. Entsprechend wurde ein Projekt aufgesetzt und im Detail geplant. Der Kommandant formte ein Projektteam und zog eine externe Begleitung hinzu. Der Stadtrat initiierte einen Ausschuss und besetzte diesen unter anderem mit zwei Mitgliedern aus seiner Runde. Parallel zum Projektplan wurde auch ein Kommunikationsplan entworfen – wobei die Leitung sich darauf einigte, nur verbindliche Informationen und keine unklaren Vorankündigungen weiterzugeben.
Die geäusserte Kritik, das Projekt habe einen zu ehrgeizigen Zeitplan, hat sich im Nachhinein als unberechtigt herausgestellt: Das bewusst gewählte hohe Tempo hat eindeutig geholfen, Unsicherheiten klein(er) zu halten und Themen auch bei Widerständen vorwärts zu bringen.
Das Projekt wurde durch den Kommandanten geführt, wobei alle relevanten Zwischenergebnisse vom Projektausschuss genehmigt wurden. Gleichzeitig waren die Mitarbeitenden durch das Projektteam und weitere Teilprojekte einbezogen. Eine erste Vertrauenskultur entstand durch die gemeinsame Projektarbeit: durch die Auseinandersetzung, den Austausch von Ideen und das sich Zusammenraufen. Auf der Suche nach dem gemeinsamen Nenner wurde z.B. ein Ampelsystem verwendet: „Rote“ Vorschläge wurden von Einzelnen klar abgelehnt und somit verworfen, „grüne“ wurden als Wunschlösungen vertreten, „gelbe“ als immerhin denkbare Varianten zugelassen.
Grundlagen erarbeiten und verbindlich verabschieden
Die Mitglieder der Stadtpolizei Olten haben vor dem Projekt mehrheitlich informell funktioniert: Leistungsauftrag, Führungsstrukturen oder Prozesse waren nur rudimentär beschrieben. Entsprechend gross war der Interpretationsspielraum bei Projektbeginn – begleitet von vielen Missverständnissen wie auch von Vorstellungen, dass „etwas nur so und nicht anders“ funktionieren könne.
Im Rahmen des Projekts war hilfreich, Zielsetzungen, Regelungen und Resultate zu klären und auf Papier zu bringen. Erstellte Dokumente waren z.B. die präzisierten Tätigkeitsschwerpunkte der Polizei in Olten, die Kriterien für eine effiziente Polizeiarbeit, die einsatzorientierte Organisationsstruktur, die Beschreibungen aller Funktionen (Aufgaben und Anforderungen), die genauen Spielregeln rund um die Neubesetzung aller Kaderfunktionen sowie sämtliche überarbeiteten Prozesse und Richtlinien.
Konsequente Neubesetzung des Kaders
Ein wesentliches Element der Neuorganisation war die Differenzierung der Führungsverantwortung in personelle Führung, Führung im Einsatz sowie fachliche Führung. Es wurde definiert, dass nie mehr als zwei ‚Rollen‘ in einer Kaderfunktion konzentriert sein dürfen, dass z.B. die personelle Führung nicht unter Fachführungsaufgaben leiden darf und es nicht angehen kann, dass der „Chef mehrheitlich im Büro sitzt“. Entsprechend wurden eine Einsatzpolizei mit zwei Einsatzteams (Fokus Personal- und Einsatzführung) und ein Stabsbereich (Fokus Fachführung) geschaffen.
Einen Schwerpunkt des Projekts bildeten die Ausschreibung und die Neubesetzung aller Kaderfunktionen. Zu diesem Schritt hat sich die Projektleitung entschieden:
- weil die neue Organisationsstruktur zu neuen Funktionen führte;
- weil man mit dem Anciennitätsprinzip brechen wollte und weil verhindert werden sollte, dass Funktionen unter der Hand vergeben werden;
- weil die Betonung der Führungskompetenz konsequenterweise einen mehrstufigen Auswahlprozess nötig machte;
- weil interne Kandidatinnen und Kandidaten zum Teil auch mit externen Bewerbenden gemessen werden sollten.
Dieses Auswahlverfahren führte dazu, dass im Kader nun auch jüngere Führungskräfte zu finden sind, dass bisherige Vorgesetzte sich entscheiden mussten, ob ihr Herz eher für die personelle oder die fachliche Führung schlägt, und dass einige Mitarbeitende ein für sie neues Aufgabengebiet übernommen haben.
Die Neubesetzung aller Kaderfunktionen war ein für alle Beteiligten belastender Prozess. Gerade die detaillierte Diskussion der Spielregeln, was mit jenen Kadermitarbeitenden zu geschehen hat, welche nicht mehr ausgewählt werden, kostete Kraft, war aber matchentscheidend: Hier verpflichtete sich die Stadt Olten von Beginn weg zu Transparenz und Fairness.
Menschen führen zu Erfolgen
Zu Beginn des Veränderungsprojekts waren eher die kritischen Stimmen in der Mehrzahl, welche Sinn, Erfolgschance oder Vorgehensweise des Projektes in Zweifel zogen. Ein wichtiger Schritt war die Einbindung von engagierten Mitarbeitenden in ein gemischtes Projektteam, welches natürlich stark unter dem Erwartungsdruck der Mannschaft stand. Die Projektteammitglieder erbrachten im Verlauf des Projekts einen substanziellen Beitrag: Sie beleuchteten Lösungsvarianten konstruktiv kritisch, erarbeiteten Teilresultate und traten immer mehr als Botschafter gegenüber ihren Kolleginnen und Kollegen in der Stadtpolizei auf. Dieses Vorgehen schaffte nicht nur Identifikation und Vertrauen, sondern auch Kompetenz für die Zukunft.
Zudem ist im Rahmen eines Veränderungsprojekts die Rolle des Chefs überaus wichtig: Seine Vision, seine Begeisterungsfähigkeit, sein Mut, heisse Eisen anzupacken. Das Projekt wurde an ihm gemessen. Diesem Druck kann ein Vorgesetzter nur standhalten, wenn er von oben Rückendeckung und Vertrauen erfährt. Die Rolle der Projektbegleitung kann hierbei eine unterstützende sein: Durch das Einbringen von Know-how, als Sparringpartner und durch eine gewisse Objektivität über die Grenzen der Organisation hinaus. Bemerkenswert ist, dass im Zentrum des Projekts selten polizeiliche Fragen, sondern vor allem führungs- und personalrelevante Themen standen.
Operative Umsetzung
Das Projekt wurde am 1. Februar 2011 in die operative Umsetzung überführt. Es geht nun in den nächsten Monaten darum, das höhere Kader zusammenzuschweissen, die neue Kommandostruktur zu leben, die Prozesse durchzuspielen und zu hinterfragen, die tägliche Arbeit zu analysieren und wenn nötig Korrekturmassnahmen einzuleiten. Es wird noch Unklarheiten, Friktionen und Schnittstellen geben, welche durch klare, abgestimmte und frontorientierte Entscheide vom höheren Kader getragen werden müssen. Zudem erscheint es zentral, dass offen und ehrlich intern und extern kommuniziert wird.
Der neue Dienstplan, welcher die Dienstlücken schliesst und damit auch eine 24-Stunden-Aussendienstabdeckung der Stadtpolizei Olten sicherstellt, wurde Ende Februar 2011 vom Stadtrat verabschiedet und damit ein Versprechen gegenüber der Bevölkerung von Olten eingelöst. Der Dienstplan wird ab 1. April 2011 umgesetzt.
Es geht nun in diesem Jahr weiterhin darum, die verbleibenden Teilprojekte wie zum Beispiel die bürgernahe Polizeiarbeit der Zukunft ausgerichtet auf die Bedürfnisse der Menschen in Olten anzugehen und umzusetzen. Im Weiteren werden alle personellen Ressourcen so eingesetzt, dass die Stadtpolizei eine möglichst grosse Frontdienstabdeckung zugunsten der objektiven, aber auch subjektiven Sicherheit erhält.
*Hauptmann Mark Haggenmüller ist Kommandant der Stadtpolizei Olten. Stefan Bommeli ist Consultant bei hr7 Human Resources Management (www.hr7.ch) und hat das Projekt extern begleitet.