Der Bahnhofbereich Ost ist für den Langsamverkehr in Olten und insbesondere für die rechte Aareseite von grosser Bedeutung. So sind die Treppenanlagen zur Martin-Disteli-Personenunterführung gleichzeitig Eingang zum SBB-Bahnhof und Ausgang zur rechten Aareseite der Stadt wie auch Teil der städtischen Fussgängerverbindungsachsen. Weder die Ausgestaltung noch die Nutzungsmöglichkeiten dieses Bereiches entsprechen heute jedoch seiner Bedeutung bzw. den Bedürfnissen des Langsamverkehrs.
Nachdem das Gemeindeparlament mit Beschluss vom 28. Januar 2010 der Umgestaltung des Bahnhofbereiches Ost grundsätzlich zugestimmt hat, sollen nun als eine von verschiedenen, von einander unabhängig realisierbaren Massnahmen neue Erschliessungsanlagen realisiert werden. Damit wird die heute bestehende Zugangssituation auf der Ostseite des Bahnhofes in funktionaler und räumlicher Hinsicht wesentlich verbessert. Den stetig wachsenden Fussgängerströmen wird eine gegenüber der heutigen Situation verdoppelte Treppenkapazität angeboten.
Das Projekt beinhaltet einerseits den Ersatz der bestehenden Lift- und Treppenanlage für die Personenunterführung Süd (Martin Disteli-Unterführung) durch grosszügigere Anlagen sowie eine neue unterirdische Halle. Zudem wird die heute zugangslose Personenunterführung Nord (Hardegg-Unterführung) durch zwei Treppenanlagen neu von Osten her erschlossen.
Der Stadtrat beantragt für den Bau der neuen Erschliessungsanlagen einen Kredit von 3.88 Mio. Franken (inkl. bereits bewilligter Kredite).
Sehr geehrter Herr Präsident
Sehr geehrte Damen und Herren
Der Stadtrat unterbreitet Ihnen folgenden Bericht und Antrag:
- Allgemeine Ausgangslage
Der öffentliche Raum rund um das Bahnhofgebiet Ost ist zum heutigen Zeitpunkt stark verkehrsorientiert und unattraktiv ausgestaltet. Insbesondere die Tannwaldstrasse – eingeklemmt zwischen Häuserzeilen und den SBB-Gleisanlagen – bietet den Verkehrsteilnehmenden von Langsamverkehr (LV) und motorisiertem Individualverkehr (MIV) wenig Platz, da die räumlichen Verhältnisse sehr eng sind. Das bestehende Flächenangebot für Fussgänger/innen und Veloparkierung wie aber auch die Erschliessungskapazität der Bahnhof-Personenunterführung Süd sind knapp und in absehbarer Zeit sogar schlicht ungenügend. Zudem besteht auf dem Strassennetz ein relativ hoher motorisierter Fremdverkehrsanteil, welcher zwecks Umfahrung des Post- bzw. Bahnhofplatzes die Route über den Geissfluhweg bzw. die Tannwaldstrasse wählt.
Das Gemeindeparlament hat mit Beschluss vom 28. Januar 2010 der Umgestaltung des Bahnhofbereiches Ost grundsätzlich zugestimmt und für die Projektentwicklung einen Kredit von Fr. 175‘000.- bewilligt. Ziel ist es, eine attraktive Erschliessung, Nutzung und Gestaltung des öffentlichen Raumes im Bahnhofgebiet Ost und dessen nachhaltige Entwicklung zu sichern. Dabei sind insbesondere die zunehmenden Bedürfnisse des LV zu berücksichtigen.
Mit dieser Zielsetzung sollen folgende Massnahmen umgesetzt werden:
- Neues Verkehrsregime mit Zufahrtsbeschränkung von und zum Industriegebiet Nord, Begegnungszone und neuen Einbahnregelungen. Diese Massnahme erhöht die Verkehrsqualität und damit auch die Sicherheit für die Verkehrsteilnehmenden. Zudem werden durch die Einbahnregelung und die Verlagerung von Autoabstellplätzen neue Platzverhältnisse im Strassenraum zu Gunsten des LV geschaffen. Die entsprechenden Signalisationsmassnahmen sind von der Stadtpolizei im Dezember 2010 öffentlich ausgeschrieben worden. Die Einführung der Verkehrsmassnahmen ist zwingende Voraussetzung für die Realisierung der nachfolgenden Massnahmen.
- Neue Erschliessungsanlagen zu den beiden Bahnhof-Personenunterführungen zur Verbesserung der Erschliessungs- und Raumqualität.
- Eine unterirdische Veloparkierungsanlage
- Neugestaltung der Strassenräume und Erstellung von Kurzzeitparkplätzen für Bahnhofkunden (Kiss and Ride-Parkplätze) .
Es handelt sich um separate Massnahmen, die wie erwähnt Antworten auf unterschiedliche Fragestellungen geben:
- Ungenügende Kapazitäten auf den Erschliessungsanlagen
- Fehlende Sicherheit für den Langsamverkehr auf den Zufahrtswegen zum Bahnhof
- Zu geringe Kapazitäten bei der Veloparkierung
Unterschiedlich sind auch die Nutzerinnen und Nutzer der Massnahmen: Während der Kapazitätsausbau bei der Veloparkierung der Quartierbevölkerung zugute kommt, profitieren von der Strassenraumgestaltung insbesondere auch die wachsende Zahl von Studierenden in den Oltner Bildungszentren. Die neuen Treppenanlagen bringen nicht nur für die Bahnkundinnen und -kunden grosse Vorteile, sondern auch für die stadtquerende Bevölkerung.
Die Massnahmen können – mit Ausnahme des neuen Verkehrsregimes, das wie oben ausgeführt eine zwingende Voraussetzung bildet – unabhängig von einander realisiert werden. Fallen einzelne von ihnen weg, sind lediglich marginale Anpassungen nötig. So würde beispielsweise bei einer Nichtrealisierung der unterirdischen Velohalle der Strassenraum der Tannwaldstrasse dennoch wie vorgesehen umgestaltet und im Sinne des Raumgewinns von den Autoparkplätzen befreit; da in diesem Falle die bisherigen Veloparkierungen beibehalten würden, müssten jedoch die Autoparkfelder ersatzlos gestrichen werden.
Werden die beantragten Massnahmen hingegen vollumfänglich realisiert, führt dies zu einem gesteigerten Gewinn in Form einer maximalen – und längst fälligen – Attraktivitätssteigerung im Rahmen der vorhandenen Möglichkeiten im Gebiet Bahnhof Ost.
Mit der Umsetzung dieser Massnahmen werden die im Rahmen des Projektes Chance Olten Ost formulierten Ziele und Forderungen zur Aufwertung der rechten Aareseite respektive des Bahnhofbereiches Ost gestützt bzw. erfüllt. Zudem wird damit auch die Tatsache berücksichtigt, dass mit der Inbetriebnahme des Neubaues der Fachhochschule Nordwestschweiz im Herbst 2013 die Fussgängerströme nochmals zunehmen werden. Aus diesem Grund müssen dannzumal die wesentlichen Bauarbeiten wenn immer möglich abgeschlossen sein.
2. Projekterläuterungen zu den Erschliessungsanlagen
Wie bereits erwähnt sind die Platzverhältnisse insbesondere entlang der Tannwaldstrasse sehr eng und es bestehen dadurch etliche Konfliktsituationen zwischen dem Langsamverkehr (LV) und dem motorisierten Individualverkehr (MIV). Die Einführung der erwähnten Verkehrsmassnahmen bzw. des neuen Verkehrsregimes schafft die notwendigen Voraussetzungen, um dem LV mehr Flächenanteile im öffentlichen Raum zuzuweisen und diesen neu gestalten zu können. So auch für eine neue und bessere Erschliessung der beiden Bahnhof-Personenunterführungen, welche ihrerseits die SBB-Perronanlagen erschliessen und gleichzeitig ein besonderer Teil städtischer Verbindungsachsen sind. Die Erschliessungsbauwerke zu den Unterführungen stellen damit für den LV gleichermassen den Ein- und Ausgang in den Bahnhof wie auch den Zugang zur rechten Aareseite der Stadt dar und sollen ihre Bedeutung denn auch zeichenhaft zum Ausdruck bringen.
Komplett neu gestaltet wird der Bereich der bestehenden Erschliessungsanlagen zur Martin-Disteli-Personenunterführung. Dieser städtebaulich wichtige Ort wird durch die Neukonzeption von Treppe und Lift sowie die entsprechenden Gestaltungsmassnahmen wieder als Platz erkenn- und erlebbar. In den neu zu gestaltenden Strassenräumen des Gebietes Olten Ost werden die Fahrbahnen und die reinen Fussgängerbereiche durch einen kleinen Versatz respektive Randstein von einander unterschieden. Nicht so beim neuen Platz: Die gesamte Platzfläche bzw. -ebene liegt inklusive Fahrbereich auf dem Niveau der reinen Gehbereiche. Zudem wird hier dem LV wesentlich mehr Gehfläche zur Verfügung gestellt als heute, was sich insbesondere auch im Bereich der Gartenwirtschaften positiv auswirkt.
Mit der Realisierung der neuen, überdachten und transparent ausgestalteten Erschliessungsanlagen wird die heutige Fussgängerkapazität verdoppelt. Die bestehenden Lift- und Treppenanlagen zur Martin-Disteli-Personenunterführung werden durch grosszügigere Anlagen ersetzt und die Hardegg-Personenunterführung erhält den heute fehlenden Anschluss an die Tannwaldstrasse. Die Treppe und der Lift zur Martin-Disteli-Unterführung sind hintereinander angeordnet, trennen den Fussgänger- vom Fahrbereich ab und sind die einzigen Hochbauten in der einheitlich gestalteten Platzebene. Der Überblick ist für Besucher und Passanten gut gewährleistet, was einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit darstellt. Unterirdisch wird für den Anschluss an die Unterführung eine neue Personenhalle erstellt. Damit öffnet sich das Ostende der Unterführung in eine attraktive, rund 180 m2 grosse Personenhalle, welche nebst den erwähnten Erschliessungsanlagen auch Ticketautomaten für die SBB aufnimmt.
Die Hardegg-Personenunterführung wird mit einer neuen Treppenanlage ab Tannwaldstrasse erschlossen. Da die räumlichen Verhältnisse auch hier sehr knapp sind, wird die Anlage direkt neben der Überdachung des SBB-Perrons 12 erstellt und in zwei Treppenläufe aufgeteilt. Die Laufrichtungen sind einerseits in Richtung Kantonsschule und anderseits Richtung Fachhochschule orientiert.
Die Beleuchtung erfolgt in Kombination von Tageslicht (Treppen- und Liftbereich) und Kunstlicht, mit dem Ziel, die neuen Räume und Raumfolgen mit einer guten Ausleuchtung zu präzisieren und sinnlich erlebbar und so überschaubar zu halten. Bei der Materialisierung und Farbgebung der inneren Oberflächen muss im Bereich der Unterführungen auch die Fortsetzung der vor Jahren getätigten Eingriffe an den Oberflächen und Belägen beachtet werden.
Das Vorprojekt (siehe Anhang) zeigt den Platzbedarf auf und gibt eine Vorstellung über die räumliche Auswirkung bzw. die Gestaltung. Das definitive Projekt wird im Rahmen des Baubewilligungsverfahrens von der Baukommission bewilligt.
3. Finanzielle Auswirkungen
3.1 Einmalige Kosten: Kostenvoranschlag (nach Baukostenplan)
Die Kostenermittlung erfolgte mehrheitlich auf Grund von Elementkostengliederungen, Erfahrungswerten und Unternehmer-Richtofferten.
Der nachfolgenden Kostenvoranschlag enthält sämtliche bereits bewilligten Kredite im Gesamtbetrag von Fr. 100'000.00. Er enthält auch die Kosten für die Verlegung der Kanalisation. Diese befindet sich in einem guten Zustand und in der Hälfte der theoretischen Lebenserwartung. Aufgrund des neuen Treppenzugangs zur Hardegg-Personenunterführung muss sie tiefer gelegt werden. Da die Kanalisation nicht sanierungsbedürftig ist, werden die entsprechenden Kosten nicht gebührenfinanziert. Der Kostenvoranschlag enthält keine Bauzinsen.
Kostenvoranschlag
(inkl. MwSt / Preisstand 01.04.2010 Zürcher Baukostenindex 112.2 Punkte / Basis 01.04.2005).
BKP Bezeichnung Betrag
0 Grundbuch, Servitute, Landerwerb, Inkonvenienzentschädigung 70‘000.00
10 Bestandesaufnahmen, Baugrunduntersuchungen 25‘000.00
11 Räumungen, Terrainvorbereitungen 65‘000.00
12 Sicherungen, Provisorien 165‘000.00
13 Gemeinsame Baustelleneinrichtung 65‘000.00
14 Anpassung an best. Bauten 45‘000.00
15 Anpassung an bestehende Erschliessungsleitungen 240‘000.00
20 Baugrubenaushub und -sicherung 275'000.00
21 Rohbau 1 765'000.00
22 Rohbau 2 165'000.00
23 Elektroanlagen 170'000.00
26 Aufzüge 110'000.00
27 Ausbau 1 65'000.00
28 Ausbau 2 120'000.00
29 Honorare 450'000.00
4 Umgebung, Strassen- und Platzgestaltung, Beleuchtung 690‘000.00
5 Baunebenkosten 45'000.00
8 Unvorhergesehenes 10% 350'000.00
Total Franken inkl. Mwst. 3'880'000.00
3.2 Folgekosten
a) Kapitalfolgekosten
Die Kapitalfolgekosten für Abschreibungen und Verzinsungen betragen nach der Annuitäts-methode für eine Investition von Fr. 3.88 Mio. und einer Nutzungsdauer von 25 Jahren rund Fr. 235‘000.00 p.a. (mit 3.5%).
b) Bauliche und betriebliche Folgekosten
Für die Instandhaltung und Instandsetzung müssen über längere Frist jährlich ca. 1.5 % des Gebäudeversicherungswertes von ca. Fr. 2'800'000.00 gerechnet werden, was somit einen Aufwand von Fr. 42'000.00 ausmacht. Während der ersten 20 Jahre müssen auf Grund der Erfahrungen lediglich ca. 0.3 % bis 1 % des Gebäudeversicherungswertes für Unterhaltsarbeiten, für Serviceabonnements, usw. aufgewendet werden, was somit jährlich ca. Fr. 21'000.00 ausmachen dürfte.
4. Organisation / Zuständigkeiten / Termine
Die Baudirektion ist als Baufachorgan für die Ausführung der Neubauten zuständig und vertritt in dieser Eigenschaft die Einwohnergemeinde Olten.
Die Vergabe von Aufträgen erfolgt durch die Baudirektion. Vorbehalten bleibt die Kompetenz des Stadtrates gemäss Art. 17 Geschäftsordnung des Stadtrats (Aufträge mit einer Kostenfolge von mehr als Fr. 200'000.00).
Die Realisierung des Bauvorhabens ist ab Februar 2012 geplant.
5. Stellungnahme
Anlässlich ihrer Sitzung vom 13. Dezember 2010 hat die Baukommission das vorliegende Bauprojekt mehrheitlich zur Weiterbearbeitung freigegeben.
Beschlussesanträge
I.
- Das Projekt für den Neubau der Erschliessungsanlagen für die beiden Bahnhof-Personenunterführungen wird genehmigt.
- Der Baukredit im Betrage von Fr. 3'880'000.00 (inkl. bereits genehmigte Kredite von
Fr. 100‘000.00) wird zu Gunsten der Investitionsrechnung Konto-Nr. 620.501.80 bewilligt.
3. Eine allfällige Bauteuerung nach dem Zürcher Baukostenindex vom 1. April 2010, Stand 112.2 Punkte / Basis 1. April 2005, gilt als mitbewilligt.
4. Der Stadtrat wird mit dem Vollzug beauftragt.
II.
Ziffer I.2 dieses Beschlusses unterliegt dem fakultativen Referendum.