In der ganzen Schweiz wurden im Zuge der Umsetzung der Schulischen Integration (im Kanton Solothurn Spezielle Förderung genannt) verschiedene, problematische Erfahrungen gemacht. Zum einen ist der Markt für Heilpädagogen und Heilpädagoginnen nach wie vor total ausgetrocknet und zum andern scheinen etliche Kantone viel zu wenig finanzielle Ressourcen bereitzustellen. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass einige Städte und Kantone die ganze Umsetzung noch einmal überdenken. Der solothurnische Lehrverband (LSO) hat vor dem Hintergrund der im Bildungsdepartement beschlossenen Rahmenbedingungen sogar den Projektausstieg vollzogen. Ein massiver Qualitätsabbau wird befürchtet, denn für eine gelingende Umsetzung der Speziellen Förderung/Schulischen Integration braucht es sowohl optimale Rahmenbedingungen als auch fachgerecht ausgebildete Lehrpersonen.
In der Parlamentssitzung vom 25. März 2010 hat Stadtrat Mario Clematide im Zusammenhang mit der Sek 1-Reform und der Schulischen Integration ein städtisches Gesamtkonzept betreffs Spezielle Förderung (Schulische Integration) für nach den Frühlingsferien in Aussicht gestellt.
In diesem Zusammenhang stellen sich folgende Fragen:
1) Wie sieht das stadtspezifische Konzept der Speziellen Förderung/Schulischen Integration der Geleiteten Schulen Stadt Olten aus?
2) An welcher Referenzgemeinde orientiert sich die Stadt Olten in Sachen Spezielle Förderung/Schulische Integration?
3) Ab wann oder aufgrund welcher Kriterien qualifiziert sich ein Kind in der Stadt Olten für das Gefäss der Speziellen Förderung/Schulischen Integration?
4) Wie wird in Olten sichergestellt, dass lernstarke Kinder oder Kinder mit kleineren Defiziten in einer ähnlichen Intensität gefördert werden?
5) Wie sieht das Zahlenverhältnis (relativ und absolut) in den Geleiteten Schulen Olten aus zwischen adäquat ausgebildeten und nicht fachgerecht ausgebildeten Heilpädagoginnen und Heilpädagogen?
6) Wie stellt die Stadt sicher, dass in den nächsten 5 Jahren nur noch adäquat ausgebildetes Personal oder zumindest ein sehr hoher Prozentsatz davon die Spezielle Förderung/Schulische Integration gestaltet?
7) Wie gedenkt der Stadtrat künftig die Bevölkerung im Allgemeinen und die Eltern im Speziellen über solche strategische Entwicklungen wie der Speziellen Förderung/Schulischen Integration in den Geleiteten Schulen Olten zu informieren?
Stadtrat Mario Clematide beantwortet im Namen des Stadtrates die Interpellation wie folgt:
a) Grundsätzliches
Die Spezielle Förderung ist eine Erfolg versprechende Antwort auf die unbestrittenermassen ausgeprägte Vielfalt an allen Schulen im Volksschulbereich. Bis zu 3 Jahrgänge und Kinder aus bis zu 8 Herkunftsländern werden innerhalb der selben Klasse unterrichtet. Dies sind Gegebenheiten, die allgemein anerkannt sind und entsprechende pädagogische Antworten erfordern. Nicht jedes Kind wird zur gleichen Zeit die gleichen Lernimpulse brauchen, um gemäss seinen Anlagen und Fähigkeiten Lernfortschritte erzielen zu können. Offene und verantwortungsbewusste Schulen stellen sich der Frage: Wie sollen wir in den gegebenen sozialen und gesellschaftlichen Verhältnissen wirkungsvoll unterrichten? Lediglich traditionelle Unterrichtskonzepte müssen erweitert werden und dies geschieht in weiten Teilen der Schweiz, im Kanton Solothurn und in Olten gemäss den Grundsätzen der Speziellen Förderung:
- Individualisierung: Das Lernen des Kindes. Schüler/-innen haben individuelle Lernvoraussetzungen (auch besonders gute!). Dies soll im Unterrichtsgeschehen berücksichtigt werden.
- Differenzierung: Aufgabenstellung und Steuerung durch die Lehrpersonen. Die L ehrpersonen stellen Lerngegenstände (Unterrichtsthemen) bezüglich Bearbeitungstiefe differenziert dar und bereiten sie methodisch-didaktisch entsprechend auf.
- Zusätzliche Unterstützung durch Heilpädagogik: Die Klassen- und Fach-Lehrpersonen erhalten professionelle Unterstützung durch ausgebildete Lehrpersonen mit Spezialwissen (schulische Heilpädagogen).
- Förderplanung: Lehrpersonen und Schulische Heilpädagogen stellen Lernstörungen, Verhaltensdefizite und besondere Begabungen fest und stellen eine darauf bezogene Förderplanung auf.
- Gemeinschaftsförderung im Klassenverband: Neben individualisierenden Unterrichtssequenzen soll der Gemeinschaftsförderung innerhalb des Klassenverbandes Beachtung geschenkt werden. Verbindlich durchgeführter Klassenrat, Zusammenarbeitsformen und gemeinsame Anlässe tragen zur Gemeinschaftsförderung bei.
b) Beantwortung der Fragen
1. Wie sieht das stadtspezifische Konzept der Speziellen Förderung/Schulischen Integration der Geleiteten Schulen Stadt Olten aus?
Das provisorische Konzept für die Spezielle Förderung in Olten wurde im Mai 2010 den Teilnehmern der Startveranstaltung vom Oktober 2009 zugestellt und an einem Echogruppen-Workshop diskutiert. Hier wurden Rückmeldungen entgegengenommen, die nun in die weitere Projektarbeit einfliessen. Das Konzept beschreibt die Grundzüge und enthält die ersten Entscheidungen betreffend Umsetzung der Speziellen Förderung in Olten. Es basiert auf dem Übergangskonzept, das aktuell in Kraft ist und bezieht die kantonalen Vorgaben sowie die Entscheide der Oltner Steuergruppe (Stadtrat BISPO, Direktionsleiter BISPO, Projektleitung) mit ein. Die Oltner Konzepterarbeitung ist weiter fortgeschritten als diejenige des Kantons. Dies führt dazu, dass die weiteren Schritte im Abgleich mit dem kantonalen Projektfortschritt erfolgen müssen.
Das definitive Konzept wird abgestimmt auf das kantonale Konzept bis Ende des 1. Semesters 2010/2011 vorliegen.
Die Schule Olten hat sich sehr frühzeitig mit der aufkommenden Thematik der Speziellen Förderung befasst, zumal seit mehreren Jahren ISM-Schüler/-innen (ISM = Integrative Sonderpädagogische Massnahmen) des HPSZ an Oltner Regelklassen unterrichtet werden. Die erfolgreiche Praxis, die sorgfältige Konzeptarbeit und die engen Bezüge zur kantonalen Konzeptarbeit versetzen die Schule Olten in eine günstige Ausgangslage. Bei der Umstellung zur Speziellen Förderung ab Schuljahr 2011/2012 starten wir nicht bei Null und wichtige (Vor-) Entscheide der städtischen Strategie werden auch bei Vorliegen der kantonalen Grundlagen Bestand haben.
2. An welcher Referenzgemeinde orientiert sich die Stadt Olten in Sachen Spezielle Förderung/Schulische Integration?
Die Projektgruppe hat ihre Arbeit inhaltlich breit abgestützt. Die folgenden Konzept-Grundlagen wurden beigezogen und studiert: Stadt Zug, Sarnen, Seengen, Schule Beispielwil (Supportangebot des AVK), Übergangskonzept Stadt Olten und weitere. Durch die Ergebnisse aus der Evaluation „Erfahrungsstandort Bifang/ Säli“ (Auswertung der Erfahrungen mit Spezieller Förderung aus dem Schuljahr 2009/2010) ergab sich auch ein sehr konkreter Praxisbezug, der mit einbezogen werden konnte. Auf den genannten Grundlagen hat die Projektgruppe einen auf die spezifischen Oltner Verhältnisse bezogenen Konzeptentwurf erarbeitet.
3. Ab wann oder aufgrund welcher Kriterien qualifiziert sich ein Kind in der Stadt Olten für das Gefäss der Speziellen Förderung/Schulischen Integration?
Ab Schuljahr 2011/2012 gibt es keinen eigentlichen Status „Spezielle Förderung“ mehr, der bisher einzelnen Schüler/-innen auf der Basis einer schulpsychologischen Abklärung zusätzliche Unterstützung zugeteilt hat. Künftig erhält die Schule Olten einen Pensenpool, aus dem die Ressourcen an die einzelnen Klassen durch die Schulleitung zugewiesen werden. Die Zuweisung der Ressourcen ergibt sich aus der Klassenzusammensetzung (soziale Durchmischung, Leistungssituation) und beruht auf Erfahrungen und Einschätzungen der Lehrpersonen und der schulischen Heilpädagogen. Die Zuweisung von Ressourcen durch die Schulleitung entspricht dem Führungsverständnis, wie es im Konzept Geleitete Schule dargestellt ist. Der konkrete Zuteilungsprozess der Ressourcen ist Teil der Projektarbeit und soll nun nach Vorliegen der kantonalen Vorgaben zügig angegangen werden.
4. Wie wird in Olten sichergestellt, dass lernstarke Kinder oder Kinder mit kleineren Defiziten in einer ähnlichen Intensität gefördert werden?
Der Übergang zur Speziellen Förderung ist ein wichtiges Entwicklungsziel der Schule Olten. Bereits im Schuljahr 2009/2010 war das Thema „Umgang mit Vielfalt“ gemeinsamer Nenner in der Unterrichtsentwicklung. Sowohl 2010 als auch 2011 ist die spezielle Förderung Schwerpunktthema.
Weiterbildungsimpulse und die Arbeit in Unterrichtsteams sollen die Lehrpersonen zunehmend befähigen, eine erfolgreiche Berufspraxis im Bereich der Speziellen Förderung zu entwickeln.
Die erfolgreiche Berufspraxis schliesst mit ein, insbesondere auch den begabten Schülerinnen und Schülern erweiterte Angebote innerhalb des regulären Unterrichts zu machen. Zudem können in schülerzentrierten Arbeitsphasen auch externe Angebote berücksichtigt werden
Begabungsförderung findet in Zukunft integriert in der Speziellen Förderung statt. Seit fünf Jahren finanziert die Stadt 16 Lektionen Begabungsförderung in der Primarschule. Die Projektgruppe zieht einen Antrag in Betracht, diese Lektionen in den Pool nehmen können und dadurch mehr Ressourcen auch für diesen Bereich zur Verfügung haben.
5. Wie sieht das Zahlenverhältnis (relativ und absolut) in den Geleiteten Schulen Olten aus zwischen adäquat ausgebildeten und nicht fachgerecht ausgebildeten Heilpädagoginnen und Heilpädagogen?
Die Situation bezüglich Heilpädagogischem Unterricht im Schuljahr 2010/2011 in Olten sieht folgendermassen aus:
Insgesamt werden 69 Lektionen Heilpädagogik erteilt:
- 55 Lektionen durch fertig ausgebildete Lehrpersonen Heilpädagogik,
- 5 Lektionen durch 1 Lehrperson in heilpädagogischer Ausbildung,
- 5 Lektionen durch eine Lehrperson mit dem Ausbildungsschwerpunkt Schulische Heilpädagogik in der Lehrpersonen-Ausbildung,
- 4 Lektionen durch eine Primar-Lehrperson, die durch eine ausgebildete Lehrperson Heilpädagogik unterstützt wird.
Im Schuljahr 2011/2012 werden eine Kleinklasse und voraussichtlich zwei Einführungsklassen aufgelöst. Alle drei Klassen werden jetzt von ausgebildeten oder in Ausbildung stehenden Heilpädagoginnen geführt. Alle sind bereit, nachher integrativ zu arbeiten.
Aus dieser Aufstellung folgt, dass die heilpädagogische Unterstützung in Olten auf gesicherten professionellen Grundlagen erfolgt.
6. Wie stellt die Stadt sicher, dass in den nächsten 5 Jahren nur noch adäquat ausgebildetes Personal oder zumindest ein sehr hoher Prozentsatz davon die Spezielle Förderung/Schulische Integration gestaltet?
Die Direktion BISPO hat die Marktsituation für schulische Heilpädagogik sorgfältig analysiert und setzt dabei auf die Weiterausbildung von geeigneten Lehrpersonen, die bereits in Olten arbeiten. Acht Lehrpersonen stehen aktuell in spezifischen Ausbildungsgängen und werden im Sinn einer proaktiven Massnahme mit Stundenentlastungen und/oder Übernahme der Studiengelder wirksam unterstützt. Die Unterstützung geschieht auf der Grundlage einer Ausbildungsvereinbarung mit einer Verpflichtungszeit.
Mit den dargestellten Massnahmen kann auch der mittelfristige Bedarf an schulischer Heilpädagogik weitgehend durch eigene Lehrpersonen abgedeckt werden. Zudem bestehen in der engen Zusammenarbeit mit dem hpsz, einem heilpädagogischen Kompetenzzentrum, Synergiemöglichkeiten für die Schule Olten.
7. Wie gedenkt der Stadtrat künftig die Bevölkerung im Allgemeinen und die Eltern im Speziellen über solche strategische Entwicklungen wie der Speziellen Förderung/Schulischen Integration in den Geleiteten Schulen Olten zu informieren?
Die Lehrpersonen sind in der Projektgruppe sehr gut vertreten und werden laufend über die Projektfortschritte orientiert. Elternvertretungen haben am Echogruppen-Workshop vom Mai 2010 teilgenommen. Für die an der Umstellung zur Speziellen Förderung beteiligten Klassen an den Schulstandorten Säli, Bifang und Bannfeld wurden spezielle Elternabende durchgeführt.
Die Bevölkerung im Allgemeinen soll dann informiert werden, wenn das Konzept zur Speziellen Förderung vorliegt. Zwischenresultate, die dann auf Grund des Abgleiches mit dem kantonalen Projekt wieder korrigiert oder angepasst werden müssen, schaffen nur zusätzliche Verwirrung in einem anspruchsvollen Thema. Die Direktion BISPO hat die Wichtigkeit der Information erkannt und wird unmittelbar nach Abschluss der Projektarbeit umfassend informieren.
Erste Informationen zur Einführung der Speziellen Förderung sind für das nächste Schulblatt geplant (erscheint im Dezember 2010). Elternabende werden im Mai / Juni 2011 stattfinden.