Sehr geehrter Herr Präsident
Sehr geehrte Damen und Herren
Der Stadtrat unterbreitet Ihnen folgenden Bericht und Antrag:
1. Ausgangslage
Am 4. März 2010 wurde die Initiative «Verkehrsfreie Innenstadt Olten» amtlich publiziert. Sie lautet wie folgt:
«Die unterzeichnenden Stimmberechtigten verlangen im Sinne einer Anregung gemäss Art. 11 der Gemeindeordnung der Einwohnergemeinde der Stadt Olten vom 28. Septem-ber 2000, dass der Stadtrat von Olten bis am 31. Dezember 2011 die Innenstadt von Olten vom motorisierten Individualverkehr befreit und gleichzeitig ein Parkleitsystem in Betrieb nimmt. Öffentlicher Verkehr, Fussgänger- und Veloverkehr sind weiterhin vollumfänglich gestattet.
Unter Innenstadt werden die folgenden Strassen zusammengefasst: Konradstrasse, Kirchgasse, Baslerstrasse (Kaufhaus Krone bis Einmündung Römerstrasse), Mühlegasse, Dornacherstrasse (Teilstück südlich Ziegelfeldstrasse), Hübelistrasse (Teilstück bis Ausfahrt Hübelistrasse/Ringstrasse Parking), Klosterplatz (inkl. Amthausquai bis Einmündung Römerstrasse).
Begründung:
Die Junge SP Region Olten möchte, dass durch eine vom motorisierten Indivudualverkehr befreite Innenstadt die Möglichkeit für ein lebendiges Olten entsteht. Eine verkehrsfreie Innenstadt bedeutet für die Kunden eine einkaufsfreundliche, zukunftsgerichtete Stadt, welche zum Flanieren und Verweilen einlädt. Hinzu kommt, dass die SchülerInnen vom Schulhaus „Hübeli“ durch den Ausschluss vom Verkehr ihren Pausenplatz endlich gefahrlos geniessen können. Insgesamt bietet eine verkehrsfreie Innenstadt der Stadt Olten eine Chance, sich lebendiger zu gestalten, es gäbe mehr Platz für kulturelle Angebote und mehr Platz für Aktivitäten der Einwohnerinnen und Einwohner. Die Stadt Olten kommt somit dem Ziel einer l(i)ebenswerten Stadt einen grossen Schritt näher»
Die 60-tägige Sammelfrist endete am 3. Mai 2010. Fristgerecht wurden der Stadtkanzlei 111 Unterschriftenbogen eingereicht.
In sinngemässer Anwendung von § 137 Gesetz über die politischen Rechte hat die Stadtkanzlei die Unterschriftenlisten formell zu überprüfen und die Gesamtzahl der gültigen Unterschriften zu ermitteln. Die Überprüfung hat ergeben, dass 602 Unterschriften gültig sind und demnach die Initiative zustande gekommen ist. Nach Art. 11 der Gemeindeordnung sind für eine Initiative 500 Unterschriften notwendig.
An der Sitzung vom 20. Mai 2010 wurde das Gemeindeparlament davon in Kenntnis gesetzt. Die Frist für die Durchführung der Urnenabstimmung ergibt sich aus Art. 11 Gemeindeordnung und beträgt 9 Monate. Der Stadtrat als zuständige Behörde hat das Zustandekommen der Initiative am 17. Mai 2010 formell festgestellt und die Gemeindeabstimmung über die Initiative auf den 13. Februar 2011 festgesetzt.
2. Stellungnahme des Stadtrates
2.1 Grundsätzliches
Die Stimmberechtigten der Stadt Olten haben am 13. Juni 2010 die Vorlage Attraktivierung Innenstadt, ein dreiteiliges Massnahmenpaket aus Begegnungszone, Aufwertung der öffentlichen Strassen und Plätze sowie Parkhaus, mit 2655:2241 Stimmen bei einer Stimmbeteiligung von 46,8% abgelehnt. In der Folge lud der Stadtrat zu einem runden Tisch. In einer konstruktiven Atmosphäre besprachen Vertreterinnen und Vertreter der Oltner Parteien, des Gewerbes, der Komitees der Volksmotion «Kronenplatz Olten» und der Volksinitiative «Verkehrsfreie Innenstadt Olten» mit dem Stadtrat die neue Ausgangslage und das weitere Vorgehen. Nach einer kurzen Chropfleerete zur Vorgeschichte war man sich einig, dass der aktuelle Zustand der Oltner Innenstadt verändert werden müsse. Ebenfalls einhellig stellte man fest, dass es eine Gesamtschau in Form eines Masterplans brauche, welche die Nutzung der Innenstadt wie auch der andern Stadtteile definiere – wenn auch heute schon feststehe, dass man eine belebte, aktive Innenstadt mit einem starken Gewerbe anstrebe. Während der abgelehnte politische Kompromiss im Nachhinein als wohl überladen bezeichnet wurde, setzten die Teilnehmenden nun auf ein schrittweises Vorgehen: Dazu gehöre ein Parkleitsystem, dann aber auch die Festlegung von Rahmenbedingungen für flexible, rasch sicht- und spürbare Nutzungen des öffentlichen Raums, die im Sinne eines «Ausprobierens» verschiedene Varianten offen liessen.
An einem Workshop vom 20. August 2010 interpretierte der Stadtrat die neue Ausgangslage wie folgt: Seiner Ansicht nach sagte das Volk an der Abstimmung vom Juni 2010 nein zum Parkhaus unter dem Munzingerplatz und zum vorgesehenen, aufwändigen Umgestaltungskonzept der Innenstadt sowie zur Kombination dieser beiden Elemente. Nicht bestritten waren in den Augen des Stadtrates eine Neuorganisation der Verkehrsflüsse im Zusammenhang mit der Eröffnung der Entlastung Region Olten (ERO) und die Einführung einer Temporeduktion, Tempo 20 (Begegnungszone) oder allenfalls Tempo 30.
Eine Schliessung der Kirchgasse vor der Eröffnung der ERO kommt für den Stadtrat hingegen nicht in Frage, weil in diesem Falle die angrenzenden Strassen das neue Verkehrsaufkommen nicht verkraften könnten. Einerseits sind die übrigen Gemeindestrassen innerhalb der Bau- und Nutzungsstruktur der Innenstadt dafür nicht geeignet und würden – wie zum Beispiel die Konradstrasse mit angrenzendem Primarschulhaus – über das erträgliche Mass hinaus belastet. Anderseits ist die Kantonsstrasse bekanntlich mehr als genug belastet und verträgt keinen wesentlichen Mehrverkehr mehr. Die Kirchgasse soll hingegen als erster Schritt eines Konzeptes auf der Basis der oben genannten Annahmen auf den Eröffnungstermin hin umgestaltet werden; die weiteren Strassen sollen anschliessend schrittweise nach Massgabe der anfallenden Strassen- und Kanalisationssanierungen umgestaltet werden.
Nachdem die Volksinitiative «Verkehrsfreie Innenstadt Olten» und auch andere Vorstösse andere Ansichten vertreten, legt der Stadtrat die verschiedenen Begehren gleichzeitig dem Parlament vor. Bevor ein definitiver Entscheid über die Volksinitiative durch das Volk gefällt sein wird, ist zudem seiner Ansicht nach nicht an eine Umsetzung der verschiedenen Anliegen zu denken. Auch die Ausgestaltung eines Parkleitsystems ist von diesem Entscheid abhängig.
2.2 Zur Volksinitiative
Wie erwähnt entspricht die Volksinitiative «Verkehrsfreie Innenstadt Olten» in diesem Sinne nicht den Zielsetzungen des Stadtrates:
- Ein Verbot für den motorisierten Individualverkehr im beantragten Ausmass entspricht nach Ansicht des Stadtrates nicht einer Notwendigkeit in der Stadt Olten. Ein Verweilen und Flanieren ist auf eine Kernzone im Umfeld der Kirchgasse zu beschränken, die in dieser Grösse auch mit kulturellen und anderen Angeboten «bewirtschaftet» werden kann; in den übrigen Strassen im genannten Perimeter genügt die Einführung der Begegnungszone mit Tempo 20 oder allenfalls von Tempo 30. Sollte sich in späteren Jahren ein grösserer Bedarf an vom motorisierten Individualverkehr befreiter Fläche herausstellen, könnte einem solchen Bedarf im Falle eines politischen Konsenses jederzeit entsprochen werden.
- Die geforderte Verkehrsbefreiung würde auch ein Wegfallen der oberirdischen Parkplätze – praktisch im Umfang der vom Volk abgelehnten Vorlage (rund 230 Parkplätze) – in den erwähnten Strassenzügen bedeuten, da diese Parkplätze faktisch gar nicht mehr erreicht werden könnten.
- Das Fahrverbot in der Innenstadt und der Wegfall von Parkplätzen ohne Ersatz würde die Existenz des lokalen Gewerbes bedrohen, das auch einen wesentlichen Beitrag zum lebendigen Olten leistet und entsprechende Unterstützung verdient.
- Der Zeitpunkt der geforderten Verkehrsbefreiung ist unrealistisch: Eine Verkehrsbefreiung von Strassenzügen der Innenstadt, die sich nach Ansicht des Stadtrates auf den Endzustand des im Juni vorgelegten Verkehrskonzeptes beschränken muss, ist wie erwähnt erst nach der Eröffnung der Entlastungsstrasse möglich, wenn man nicht einen Verkehrszusammenbruch und damit ein Lahmlegen unserer Innenstadt riskieren will.
Aus den obgenannten Gründen beantragt der Stadtrat, die Volksinitiative den Stimmberechtigten der Stadt Olten zur Ablehnung zu empfehlen.
Beschluss:
1. Die Initiative «Verkehrsfreie Innenstadt Olten» wird den Stimmberechtigten der Stadt Olten zur Ablehnung empfohlen.
2. Der Stadtrat wird mit dem Vollzug beauftragt.