1. Ausgangslage
Paragraf 23 Absatz 1 des Gesetzes über die Kantonspolizei vom 23. September 1990 (KapoG; BSG 511.11) ermächtigt die Einwohnergemeinden, eigene Polizeiorgane zu schaffen. Der Regierungsrat regelt die Zusammenarbeit, Kompetenzabgrenzung und eine angemessene Abgeltung in einer Vereinbarung (Paragraf 23 Abs. 2 KapoG).
Die drei Städte Grenchen, Olten und Solothurn verfügen je über eigene Polizeiorgane. Die Zusammenarbeit mit der Polizei Kanton Solothurn sowie die Kompetenzen der städtischen Korps sind in einer Vereinbarung geregelt, welche seit dem 14. August 2001 in Kraft ist (RRB vom 14. August 2001; BGS 511.155.1).
Die geltende Vereinbarung definiert für die einzelnen polizeilichen Aufgabenbereiche die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten: Für die Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung beispielsweise ist auf Stadtgebiet primär die Stadtpolizei zuständig und bezüglich kriminalpolizeilicher Aufgaben ist die Stadtpolizei grundsätzlich zur selbständigen Verfolgung von Übertretungen, nicht aber von Vergehen und Verbrechen befugt. Gemeinsame Patrouillen sind möglich. Der Aufgabenkatalog regelt und legitimiert die verkehrs-, sicherheits- und kriminalpolizeilichen Tätigkeitsfelder. Dieser Aufgabenkatalog kann von den Polizeikommandanten an veränderte Gegebenheiten angepasst werden.
Im Jahr 2006 wurden im Kantonsrat sowohl eine Interpellation als auch ein Auftrag mit dem Ziel eingereicht, eine Einheitspolizei zu schaffen. Die politische und operative Führung des Kantons haben die Schaffung einer Einheitspolizei grundsätzlich unterstützt. Allerdings haben sie sich jeweils klar für den Verhandlungsweg ausgesprochen, da es ihnen nicht opportun erschien, eine Vereinheitlichung der vier Polizeikorps einseitig, ohne Einbezug der betroffenen Städte, durch eine entsprechende Gesetzesänderung gleichsam zu verordnen. Die Verantwortlichen der Städte waren jederzeit der Meinung, dass sie ihre eigenen Stadtpolizeien behalten und teilweise sogar ausbauen wollen.
Der Regierungsrat hat mit Regierungsratsbeschluss vom 6. Juli 2010 Nr. 2010/1291 der bereinigten Fassung der Vereinbarung zugestimmt. Die Verordnung tritt rückwirkend auf den 1. Januar 2010 in Kraft.
2. Erwägungen
Angeregt durch die erwähnten Vorstösse haben die politischen Verantwortlichen der Städte und des Kantons Solothurn Verhandlungen aufgenommen. Ausserdem wurde 2007 ein externer Experte (TC Team Consulting) mit der Analyse der Sicherheitsstruktur im Kanton Solothurn beauftragt. Im Laufe der geführten Verhandlungen mit dem Kanton hat sich gezeigt, dass die Schaffung einer Einheitspolizei derzeit einzig gegen den Willen der drei Städte durchzusetzen wäre. Eine Optimierung der geltenden Zusammenarbeit war demnach einzig mittels einer vernünftigen und sinnvollen Kompromisslösung zu erreichen. Aus diesem Grund wurde entschieden, unter Moderation des bereits erwähnten Experten, ein neues Zusammenarbeitsmodell zwischen der Polizei Kanton Solothurn und den Stadtpolizeikorps zu-
erarbeiten. Insbesondere die Abläufe derjenigen polizeilichen Tätigkeiten, welche direkte Auswirkungen auf die kontaktsuchende Bevölkerung haben, sollten durch eine engere und effizienter ausgestaltete Zusammenarbeit zwischen den Korps verbessert werden. Im Laufe der Verhandlungen konzentrierten sich die Gesprächspartner deshalb auf zwei polizeiliche Abläufe des neu zu schaffenden Zusammenarbeitsmodells: Die Lokale Sicherheit (LS) und die Notfallintervention (NI). In diesen Bereichen wurde das grösste Verbesserungspotential ausgemacht.
Der erarbeitete Bericht wurde den politischen Verantwortlichen (von Seiten der Städte: Boris Banga, Kurt Flury und Iris Schelbert-Widmer, von Seiten der Gemeinden: Kuno Tschumi und kantonsseitig Peter Gomm) im Oktober 2009 unterbreitet. Gleichzeitig wurde ihnen die von den Polizeikommandanten gemeinsam erarbeiteten konkreten Verbesserungsvorschläge, mithin das neue Zusammenarbeitsmodell, erläutert. Dies wurde beschlossen und im November 2009 anlässlich einer Medienkonferenz der Öffentlichkeit vorgestellt.
Ziel des neuen Modells ist es, die Zusammenarbeit zwischen den Korps enger und effizienter zu gestalten. Aufgaben- und Kompetenzregelung sind verbindlich und einfach geregelt, so dass die objektive und subjektive Sicherheit der Bevölkerung optimiert wird. Zentrale Elemente des neuen Zusammenarbeitsmodells bilden die Konzentration auf eine einheitliche Notfallnummer 117, die Schaffung gemeinsamer, bürgerfreundlicher Schalter, der Zugriff der Stadtpolizeikorps auf die polizeilichen Informationssysteme der Polizei Kanton Solothurn sowie insbesondere Regelungen über die Verantwortlichkeiten für die LS und NI. Das neue Modell wird 2012 einer Evaluation unterzogen.
Die Lokale Sicherheit:
Für die LS, welche spürbar werden soll, sind auf Stadtgebiet grundsätzlich die Stadtpolizeien zuständig. Zur LS gehört die präventive und proaktive bürgernahe Polizeiarbeit. Ebenfalls zur LS gehört die Bekämpfung der sogenannten niederschwelligen Kriminalität. Die Stadtpolizeien erhalten zusätzliche gerichtspolizeiliche Aufgaben, sofern es sich um Delikte handelt, welche ausschliesslich einen lokalen Bezug aufweisen. Nicht mehr die abstrakte Zuteilung als Übertretung oder Vergehen soll darüber entscheiden, ob die Stadtpolizei für die Strafverfolgung zuständig ist, sondern die näheren Umstände der Tatbegehung. Da die geltende Vereinbarung die Stadtpolizeien generell nicht zur Ahndung von Vergehen ermächtigt, ist sie entsprechend zu ändern. Der Aufgabenkatalog konkretisiert die Voraussetzungen, welche vorliegen müssen, damit die Strafverfolgung durch die Stadtpolizeien ausgeführt werden kann.
Die Erweiterung der Kompetenzen ist nicht nur im Interesse der betroffenen städtischen Bevölkerung, sondern auch der Polizeibeamten und Polizeibeamtinnen, welche damit ein anspruchsvolleres und interessanteres Aufgabengebiet erhalten. Zudem dient diese Erweiterung auch der Glaubwürdigkeit und Legitimation der Stadtpolizei.
Die Notfallintervention:
Die Notfallintervention umfasst die rasche professionelle und rund um die Uhr zu gewährleistende Intervention durch eine Polizeipatrouille bei unmittelbarer Bedrohung von Leib und Leben, Eigentum und anderen wichtigen Rechtsgütern. Sie hat im ganzen Kanton nach einheitlichen Weisungen der Polizei Kanton Solothurn zu erfolgen. Die gemischten Patrouillen bleiben erhalten, sind jedoch unter der Führung der Polizei Kanton Solothurn im Einsatz. Primär und schwergewichtig ist das Stadtgebiet ihr Einsatzraum. In Ausnahmesituationen sind sie bei Bedarf auch überregional einzusetzen. Einsatz- und Führungsverantwortung liegen bei der Polizei Kanton Solothurn.
Durch die Vereinheitlichung der polizeilichen Informationssysteme (RAPOSO, Journal, Macs) wurden auch die Arbeitsabläufe harmonisiert und optimiert. Die administrativen Prozesse wurden einfacher und der Informationsaustausch vereinfacht. Dadurch konnten unschöne und störende Schnittstellen eliminiert werden.
Insbesondere die Umsetzung der neuen Aufgabenzuweisung im Bereich der LS bedingt eine entsprechende Änderung der geltenden Vereinbarung. Mit vorliegendem RRB beschliesst der Stadtrat rückwirkend auf den 1. Januar 2010 die für die Umsetzung des neuen Modells erforderlichen Änderungen. Von der Ausarbeitung einer neu konzipierten Vereinbarung hat die Polizei Kanton Solothurn bewusst abgesehen, da sich das neue Modell zunächst bewähren muss. Demzufolge wurden lediglich minimale Änderungen und Ergänzungen der geltenden Vereinbarung vorgenommen, um die für das beschlossene neue Modell erforderliche Rechtsgrundlage zu schaffen.
3. Umsetzung
Folgende Punkte wurden bis Ende Juni 2010 umgesetzt:
- Schulung der Angehörigen der Stadtpolizei durch die Polizei Kanton Solothurn
- Anpassung des Aufgabenkatalogs / Arbeiten mit dem neuen Aufgabenkatalog
- Erfüllung der zusätzlichen gerichtspolizeilichen Aufgaben durch die Angehörigen der Stadtpolizei gemäss erweitertem Aufgabenkatalog
- Durchführung gemischter Notfallinterventions-Patrouillen (wie früher)
- Zugriff der Stadtpolizei auf die polizeilichen Informationssysteme der Polizei Kanton Solothurn
- Einheitliche Erreichbarkeit unter der Notfallnummer 117
Folgende Punkte sollten 2011 umgesetzt werden:
- Umschaltung der Zentrale der Stadtpolizei nachts und an Wochenenden auf die Alarmzentrale Polizei Kanton Solothurn
- Zusätzliche lokale Sicherheitspatrouillen
- Bürgerfreundlicher gemeinsamer Schalter
- 2. NI-Patrouille / Tag
- Zur Regelung der Modalitäten über die zur Verfügung gestellten polizeilichen Informa-tionssysteme sind noch entsprechende Service Level Agreements zu erstellen
Die ab Mitte 2012 durchzuführende Evaluation wird aufzeigen, ob sich das neue Zusammenarbeitsmodell bewährt.
4. Finanzierung / Kosten
Die zur Verfügung gestellten polizeilichen Informationssysteme der Polizei Kanton Solothurn werden jährlich wiederkehrende Kosten von ca. CHF 50‘000.-- generieren. Dieser Betrag steht zurzeit noch als Verhandlungsgrundlage im Raum. Ebenfalls hängt dieser Betrag vom angebotenen Service Level Agreement ab, welches zurzeit noch in Bearbeitung ist.
Die gemäss KapoG Paragraf 23 Abs. 2 genannten finanziellen Abgeltungen waren nicht Bestandteil dieser Vereinbarung. Die Stadtpolizei Olten erhält jedes Jahr CHF 945‘000.-- für die erbrachten Verkehrsdienstleistungen.
5. Stellungnahme der Querschnittsdienstleistenden
Die Querschnittsdienstleistenden wurden miteinbezogen.
Beschluss:
1. Die Vereinbarung über die Zusammenarbeit und Kompetenzabgrenzung zwischen der Polizei Kanton Solothurn und den Stadtpolizeien Grenchen, Olten und Solothurn wird rückwirkend auf den 1. Januar 2010 genehmigt.
2. Der Aufgabenkatalog zur Vereinbarung über die Zusammenarbeit und die Kompetenzabgrenzung zwischen der Polizei Kanton Solothurn und den Stadtpolizeien wird rückwirkend auf den 1. Januar 2010 genehmigt.
3. Die Direktion Öffentliche Sicherheit wird mit dem Vollzug beauftragt.