Am 18. November 2009 haben Andreas Schibli (FDP-Fraktion) und Mitunterzeichnende folgenden Vorstoss eingereicht:
„Der Stadtrat wird aufgefordert, Massnahmen aufzuzeigen, wie die Ladenstruktur in der Stadt verbessert werden kann.
Begründung:
Die Ladenstruktur in der Stadt Olten (z.B. Altstadt, Bifangquartier) ist zum Teil monoton und eintönig. Sie führt teilweise auch zu Immissionsproblemen. Weiter macht eine schlechte Ladenstruktur ein Quartier unattraktiv. Das Angebot und die Struktur ist positiv zu verändern. Das schweizerische Raumplanungsgesetz sieht vor (Art. 1 und 3), dass die Behörden (und dazu gehören namentlich auch die Gemeinden) die Siedlungen nach den Bedürfnissen der Bevölkerung zu gestalten haben, dass sie Wohngebiete vor schädlichen und lästigen Einwirkungen möglichst zu verschonen haben und dass die Bedürfnisse von Bevölkerung und Wirtschaft beachtet werden. § 24 des kant. Planungs- und Baugesetzes sagt, dass der Zonenplan Art und Ausmass der zulässigen Nutzung des Bodens festlegt. Die geforderten Massnahmen bzw. Bestimmungen könnten auch als Ergänzung im Zonenplan untergebracht werden.“
* * *
Im Namen des Stadtrates beantwortet Stadtpräsident Ernst Zingg den Vorstoss wie folgt:
Das Bundesgesetz über die Raumplanung (RPG) definiert in seinen Planungszielen für die geordnete Besiedlung eine Gesamtbetrachtung, welche sowohl den sozialen wie auch den ökonomischen Bedürfnissen Rechnung trägt. Zu beachten sind demgemäss nicht nur Wohn-, Erholungs- und Schutzbedürfnisse der Bevölkerung, sondern auch die Interessen der Wirtschaft (Waldmann/Hänni, Kommentar zum Raumplanungsgesetz, Bern 2006, S. 11). Wohn- und Arbeitsgebiete sollen einander zweckmässig zugeordnet werden, Wohngebiete sollen vor schädlichen Einwirkungen wie Luftverschmutzung, Lärm und Erschütterungen möglichst verschont werden (Art. 3 Abs. 3 lit. a und b RPG).
Diesen Grundsätzen lebt das kantonale Planungsrecht (Planungs- und Baugesetz, RPG) nach indem die Einwohnergemeinde gehalten sind, im Zonenplan Art und Ausmass der zulässigen Nutzung des Bodens festzulegen. § 29 RPG umschreibt - nicht abschliessend - die Unterteilung der Bauzone, namentlich in die Wohn-, die Kern-, Dienstleistung-, Gewerbe- und Industriezone. Die einzelnen Zonen können weiter unterteilt werden, insbesondere nach Art der Nutzung, der zulässigen Immissionen, des zulässigen Verkehrsaufkommens oder nach baupolizeilichen Kriterien. Es können neben maximalen auch minimale Ausnützungsziffern, Geschosszahlen oder Gebäudehöhen festgelegt werden (§ 29 Abs. 2 PBG).
Das Zonenreglement der Stadt Olten legt etwa für die Altstadt fest, dass dort sämtliche Nutzungsarten zulässig sind, soweit diese höchstens mässig störend sind und die geschützte Bausubstanz nicht beeinträchtigen. Eine weitere Unterteilung, etwa in einzelne Dienstleistungs- und Gewerbearten, sieht das Zonenreglement nicht vor. Fraglich ist vorlie-
gend, ob eine solche Feingliederung möglich wäre. Wie aufgezeigt, ist nach dem kantonalen Recht eine zusätzliche Aufteilung der einzelnen Teilzonen der Bauzone nicht von vornherein ausgeschlossen. Denkbar wäre so, je nach bestehender Ladenstruktur planerische Anreize für ergänzende oder andersartige Geschäftsbetriebe zu schaffen oder dichte Strukturen einer bestimmten Betriebsart inskünftig von der jeweiligen Zone auszuschliessen. Damit aber würden andere Planungsziele des Raumplanungsrechts verletzt. Wie eingangs gesagt, berücksichtigt der Bundesgesetzgeber in der Raumordnung auch wirtschaftliche Interessen. Hier überschneiden sich die Grundlagen des Raumplanungsrechts mit denjenigen der Wirtschaftsordnung. Art. 94 der Bundesverfassung (BV) stellt eine Grundentscheidung für eine Wirtschaftsordnung des freien Wettbewerbs dar. Wirtschaftsfreiheit – im Gegensatz zur Planwirtschaft - bedeutet also dem Grundsatze nach das Recht des Einzelnen, jede privatrechtliche Erwerbstätigkeit frei auszuüben. Garantiert ist also insbesondere die freie Konkurrenz im Wirtschaftsleben (Häfeli/Haller, Schweizerisches Bundesstaatsrecht, Zürich 2008, S. 187). Jeder Eingriff in solche Freiheitsrechte bedarf kumulativ einer gesetzlichen Grundlage, eines öffentlichen Interesses, der Verhältnismässigkeit und der Respektierung des Kerngehalts des betreffenden Grundrechts (Art. 36 BV). Verhältnismässig ist der Eingriff, wenn er geeignet ist, den verfolgten Zweck zu erfüllen, nicht über das absolut Notwendige hinausgeht und einer Abwägung von öffentlichen und privaten Interessen standhält. Ob nun mit der zonenmässigen Bevorzugung oder dem Ausschluss bestimmter Branchen - welche im heutigen Zonenraster grundsätzlich möglich wären - tatsächlich die Ladenstruktur aufgelockert werden kann, muss stark bezweifelt werden. Ob ein Geschäftsbetrieb erfolgreich ist, hängt nicht einzig von planungsrechtlichen Gegebenheiten ab. Viel stärkere Rollen spielen hier der Markt bzw. andere betriebswirtschaftliche Voraussetzungen, wie etwa die Mietzinsstruktur oder das Käuferverhalten. Somit stünde einem erheblichen Eingriff in den freien Markt - und damit in die elementaren Rechte eines Gewerbe Treibenden - ein äussert ungewisses Ergebnis gegenüber. Letztlich ist ebenso zu beachten, dass sich der Markt meist schnell verändert. Aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Abläufe lassen sich Reglemente und Plangrundlagen oft nicht so rasch den neuen Gegebenheiten anpassen. Dies kann schlimmstenfalls zur Folge haben, dass durch ein zu dichtes Regelwerk neue und erstrebenswerte Lösungen in der Ladenstruktur verhindert würden.
Insgesamt bedeutet dies also, dass sich eine über den Zonenplan hinausgehende Einflussnahme von Seiten der Behörden auf Empfehlungen beschränken muss und lediglich dann wirksam wird, wenn die „Gegenseite“ auf freiwilliger Basis mitmacht. So hat beispielsweise die Wirtschaftsförderung Region Olten die Laden- und Dienstleistungsstruktur in den verschiedenen Stadtteilen der Stadt Olten untersucht und Empfehlungen herausgegeben, die sie selber, Gewerbe Olten und die städtischen Behörden weitervermitteln können und umzusetzen suchen. Wichtige Adressaten dieser Empfehlungen sind insbesondere auch die Besitzer der Liegenschaften, in denen sich Ladenlokale befinden. Im Stadtteilentwicklungsprojekt „Chance Olten Ost“ gibt es denn auch ein Teilprojekt Liegenschaften, in dem solche Fragen auf der rechten Aareseite bearbeitet werden. Daraus können sich auch „Rezepte“ für das Vorgehen in andern Stadtgebieten ergeben.
Das Wichtigste ist es jedoch, für das Gewerbe nach den Möglichkeiten der öffentlichen Hand die nötigen Voraussetzungen – insbesondere im Bereich Infrastruktur, wie dies das am 13. Juni dem Volk vorzulegende Konzept „Attraktivierung Innenstadt Olten“ anstrebt – zu schaffen, damit der Detailhandel blüht und der Markt spielt.
Aus diesen Gründen empfiehlt der Stadtrat dem Gemeindeparlament die Motion in ihrer ursprünglichen Form mangels Umsetzbarkeit abzulehnen oder aber im Sinne seiner Ausführungen in ein Postulat umzuwandeln, dieses zu überweisen und gleichzeitig als erfüllt abzuschreiben.