Am 24. Mai 2018 hat die Fraktion Grüne folgenden Vorstoss eingereicht:
«Im Zug der Abstimmungskampagne gegen das Energiegesetz tritt der Oltner Stadtpräsident Martin Wey prominent als Co-Präsident auf – dies u.a. in einem Brief an die gesamte Bevölkerung am 16. Mai 2018.
Auf kantonaler Ebene gilt klar:
Ein Engagement der Kantonsregierungen in einem eidgenössischen Abstimmungskampf hat sich gemäss den von der Konferenz der Kantonsregierungen (KDK) angewandten Grundsätzen an den generellen Regeln für die Behördeninformation zu orientieren. Insbesondere gilt ein Missbrauchs- und Propagandaverbot, «auf Werbung ist zu verzichten» und «Zwischen Behörden-Information und der eigentlichen Führung des Abstimmungskampfs durch die privaten Komitees muss eine klar erkennbare Trennlinie bestehen» (Quelle: Konzept Behördeninformation zur Weiterführung des Personenfreizügigkeitsabkommen und dessen Ausdehnung auf Rumänien und Bulgarien vom 26. September 2008,
http://www.kdk.ch/fileadmin/files/Aktuell/Medienmitteilungen/2008/MM_Konzept-Behoerdeninformation_Weiterfuehrung_Ausdehnung-FZA_20080926.pdf). Ausserdem hat das Bundesgericht mit Urteil vom 14. Dezember 2016 betreffend NDG-Abstimmung festgehalten, dass behördliche Interventionen von Kantonsregierungen in eidgenössischen Abstimmungskämpfen nur zulässig sind, wenn eine besondere Betroffenheit des entsprechenden Kantons besteht.
Die Grüne Fraktion hat darum folgende Fragen:
1) Welche Richtlinien und Grundsätze wendet der Stadtrat im Hinblick auf Interventionen in Abstimmungskämpfen an?
2) Wer bezahlt die Inserate und Briefe gegen das Energiegesetz mit den Abbildungen oder Unterschrift von Stadtpräsident Martin Wey und wie hoch sind die entsprechenden Kosten?
3) War der Stadtrat der Energiestadt Olten im Vorfeld informiert über die vorgesehenen Propaganda-Aktivitäten von Stadtpräsident Martin Wey als Co-Präsident?
4) Wie beurteilt der Stadtrat die beschriebenen Abstimmungsinterventionen insbesondere unter dem Gesichtspunkt der klaren Trennung von Behördeninformation und privaten Komitees?
5) Wie beurteilt der Stadtrat der Energiestadt Olten die klaren Falsch-Aussagen des Komitees, dass der Klimaschutz durch den mit dem Gesetz angestrebten Weg zu erneuerbaren Energiequellen sinnlos sei?
6) Wie beurteilt der Stadtrat von Olten als Wirtschaftsstandort die Tatsache, dass bei einer Ablehnung weiter Millionen für fossile Energien ins Ausland abfliessen und KMUs im Bereich von nachhaltigen Energien schlechter dastehen als in anderen Kantonen, welche die MuKEn bereits umgesetzt haben?»
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Im Namen des Stadtrates beantwortet Stadtpräsident Martin Wey den Vorstoss wie folgt:
Grundsätzliches:
Die Argumentation der Interpellantinnen und Interpellanten geht von der irrtümlichen Annahme aus, bei dem von Stadtpräsident Martin Wey unterzeichneten Flyer des «Solothurner Komitees Menschen für Klimaschutz gegen Energiebürokratie und Kostenwahn» handle es sich um die Verlautbarung einer Behörde, bei der die «klar erkennbare Trennlinie» zwischen Behördeninformation und Führung eines Abstimmungskampfes zu ziehen sei, welche unter der im Vorstoss genannten Referenz gefordert wird. An dieser Stelle gilt es festzuhalten, dass der Stadtrat grundsätzlich als Gremium keine Abstimmungspropaganda macht und sich nur in absoluten Ausnahmen im Interesse der Stadt für oder gegen eine Vorlage auf kantonaler oder eidgenössischer Ebene einsetzt, was er dann auch mit entsprechenden Massnahmen explizit kommuniziert. Schon aus diesem Grund kann man davon ausgehen, dass das Engagement eines Stadtratsmitglieds jeweils als Einzelperson erfolgt.
Beim vorliegenden Flyer handelt es sich um die Verlautbarung eines Komitees; der Absender des Schreibens wurde dabei klar definiert. Die an der Parlamentssitzung geäusserte Meinung, die Berufsbezeichnung «Stadtpräsident» könne dazu führen, dass die Leserin oder der Leser meine, die offizielle Stadt Olten sei gegen das Energiegesetz, wirkt konstruiert.
Während ein nebenamtliches Stadtratsmitglied als Berufsbezeichnung den «andern» Teil seiner beruflichen Tätigkeit auswählen kann, bekleidet der vollamtliche Stadtpräsident dieses Amt als Beruf. Entsprechend hat er darauf zu achten, dass er allfällige unterschiedliche Rollen sauber trennt, wie dies im vorliegenden Fall erfolgt ist. Anderseits kann ihn diese Herausforderung nicht zum «politischen Eunuchen» machen, ist er doch weiterhin neben seiner Funktion als Stadtpräsident auch Privatmann, Parteimitglied, allenfalls Vereinsmitglied etc.
Zu den einzelnen Fragen:
1. Welche Richtlinien und Grundsätze wendet der Stadtrat im Hinblick auf Interventionen in Abstimmungskämpfen an?
Der Stadtrat entscheidet im Bedarfsfall, ob er sich als Gremium für oder gegen eine Vorlage einsetzen will. Entscheidet er sich – wie erwähnt im absoluten Ausnahmefall – für ein solches Engagement als Gremium, hält er sich ebenfalls an die erwähnten generellen Regeln. Daneben steht es den einzelnen Stadtratsmitgliedern frei, sich wie im vorliegenden Fall in Komitees oder als Einzelpersonen in Abstimmungskämpfen zu engagieren; sie informieren jedoch ihre Kolleginnen und Kollegen über solche Engagements, so dass diesbezüglich auch eine Diskussion stattfinden kann.
2. Wer bezahlt die Inserate und Briefe gegen das Energiegesetz mit den Abbildungen oder Unterschrift von Stadtpräsident Martin Wey und wie hoch sind die entsprechenden Kosten?
Es wurden keine städtischen Gelder für die Kampagne verwendet.
3. War der Stadtrat der Energiestadt Olten im Vorfeld informiert über die vorgesehenen Propaganda-Aktivitäten von Stadtpräsident Martin Wey als Co-Präsident?
Der Stadtrat wurde an einer seiner Sitzungen vom Stadtpräsidenten über sein Engagement informiert.
4. Wie beurteilt der Stadtrat die beschriebenen Abstimmungsinterventionen insbesondere unter dem Gesichtspunkt der klaren Trennung von Behördeninformation und privaten Komitees?
Wie unter Grundsätzlichem erwähnt, geht es unter der erwähnten Referenz hauptsächlich um die Trennung zwischen Behördeninformation und «Behörden-Propaganda»; beides trifft im vorliegenden Fall nicht zu. Der Absender des erwähnten Flyers wurde klar erkennbar definiert, womit auch die geforderte Trennlinie zwischen Behörden und privatem Komitee für alle nachvollziehbar ist.
5. Wie beurteilt der Stadtrat der Energiestadt Olten die klaren Falsch-Aussagen des Komitees, dass der Klimaschutz durch den mit dem Gesetz angestrebten Weg zu erneuerbaren Energiequellen sinnlos sei?
Der Stadtrat beurteilt die Aussagen des Komitees inhaltlich nicht.
6. Wie beurteilt der Stadtrat von Olten als Wirtschaftsstandort die Tatsache, dass bei einer Ablehnung weiter Millionen für fossile Energien ins Ausland abfliessen und KMUs im Bereich von nachhaltigen Energien schlechter dastehen als in anderen Kantonen, welche die MuKEn bereits umgesetzt haben?»
Der Stadtrat beurteilt die Aussagen des Komitees inhaltlich nicht.