Am 21. März 2018 haben Urs Knapp (FDP) und Mintunterzeichnende folgende Interpellation eingereicht:
«Das Magazin KOLT thematisiert in zwei Artikeln im Februar und im März 2018 die engen und persönlichen Beziehungen zwischen der Stadt Olten und dem privaten Planungsbüro Kontextplan. Der Stadtrat veröffentlichte am 15. Januar 2018 die Medienmitteilung «Stadtentwicklung pur: Grosse Brocken kommen voran». Bezugnehmend auf diese Mitteilung schreibt KOLT: «Die Zahl der grossen Brocken, an der die Firma Kontextplan im Auftrag der Stadt Olten wesentlich beteiligt ist, ist ebenfalls sehr gross. Rund vier dieser sieben Brocken wurden von besagter Firma erarbeitet. … Die Aufträge wurden übrigens immer direkt vergeben.»
In diesem Kontext wird der Stadtrat eingeladen, folgende Fragen zu beantworten:
1. Warum vergibt der Stadtrat Studien und Planungsaufträge zu ganz unterschiedlichen Themen (Mobilitätsplan, Schulraumplanung, Quartierentwicklung usw.) seit Jahren meistens an das gleiche Büro?
2. Wie viel bezahlte die Stadt Olten in den letzten zehn Jahren (2008 bis 2018) insgesamt für Planungs- und Studienaufträge an externe Dienstleister? Und wie hoch war der Anteil von Kontextplan an dieser Gesamtsumme?
3. Stimmt die Behauptung von KOLT, dass die Aufträge an Kontextplan immer direkt vergeben wurden und werden, ohne öffentliche Ausschreibung?
4. In der Stadtplanung und in der Verkehrsplanung bestehen zwischen bürgerlichen und linken Parteien besonders grosse sachliche Differenzen. Wichtige Führungskräfte von Kontextplan waren politisch aktiv. Wie stark beeinflusst die politische Haltung der Planerinnen und Planer die Ergebnisse ihrer Studien und Einschätzungen?»
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Im Namen des Stadtrates beantwortet Martin Wey den Vorstoss wie folgt:
1. Ausgangslage
Im Entlastungspaket 2014ff. vom September 2013 hat der Stadtrat beschlossen, die Kapazitäten in den Bereichen Stadtentwicklung und Stadtplanung zu verändern. Unter anderem sollte die Leitung Stadtentwicklung von 80% auf 40% reduziert, die Assistenz Stadtentwicklung aufgehoben und die Stadtplanung von 300% auf 200% (aktuell 190% inkl. Nutzungsplanung) reduziert werden. Dies hatte folgende Konsequenzen:
- Bei der Stadtplanung, die seit März 2014 der Direktion Präsidium unterstellt ist und vorher Teil der Baudirektion war, sind als Folge des Wegfalls von 110
- Stellenprozenten, von denen ein gewichtiger Teil mit dem Thema Verkehrsplanung befasst war, verstärkt Drittaufträge erforderlich. Mehrere von diesen Aufträgen gingen an die in der anonymen KOLT-Kolumne erwähnte, im Jahr 2009 gegründete Firma Kontextplan – dies aber nicht etwa in der Form eines Gesamtmandates Verkehrsplanung, sondern als Einzelaufträge.
- In der Folge der Stellenreduktion bei der Stadtentwicklung kündigte die damalige Leiterin Stadtentwicklung ihre Stelle per Ende März 2014. Zur Wahrung des aufgebauten Knowhows und zur Abdeckung der vorübergehenden personellen Lücke beauftragte der Stadtrat sie daraufhin im Rahmen eines Mandats mit der externen Begleitung des Projet urbain bis zu dessen Abschluss Ende 2015. Die entsprechenden Kosten wurden durch die wegfallenden Lohnkosten kompensiert; die Stellen im Bereich Stadtentwicklung (Leitung, Assistenz) wurden vollumfänglich aufgehoben. Das Ad-personam-Mandat – die Leiterin Stadtentwicklung hatte in der Zwischenzeit zur Firma Kontextplan gewechselt – endete mit dem Projektende.
2. Zu den einzelnen Fragen
1. Warum vergibt der Stadtrat Studien und Planungsaufträge zu ganz unterschiedlichen Themen (Mobilitätsplan, Schulraumplanung, Quartierentwicklung usw.) seit Jahren meistens an das gleiche Büro?
Grundsätzlich ist festzuhalten, dass der Stadtrat und die Stadtverwaltung zahlreiche verschiedene spezialisierte Dienstleister mit Studien und Planungsaufträgen beauftragen. Im Bereich Verkehrsplanung gingen wie erwähnt mehrere Einzelaufträge an die Firma Kontextplan: u.a. betr. Parkleitsystem, Verkehrskonzept Innenstadt, Einführung Tempo 30 und Begegnungszone, Stadteilverbindung Hammer. Dabei wurde auch vom vorhandenen Knowhow der Firma über den Platz Olten profitiert, indem nicht jedesmal bei Null angefangen und Wissen mit entsprechender Kostenfolge neu erarbeitet werden musste.
Bei den Projekten Mobilitätsplan (2013 gestartet) und Neuer Bahnhofplatz Olten (2009 gestartet) handelt es sich insofern um besondere Fälle, indem neben der Stadt Olten im ersten Fall auch der Kanton, im zweiten Fall Kanton und SBB als Auftraggeber auftreten. Im ersten Fall ist die Zusammenarbeit mit Kontextplan abgeschlossen, im zweiten Fall steht es mit der Finalisierung des Betriebs- und Gestaltungskonzeptes in der abschliessenden Phase.
Der Grund für die Vergabe des Ende 2015 abgeschlossenen Mandats Olten Ost (Quartierentwicklung) wurde in der Ausgangslage beschrieben und hat mit der Person der Mandatsträgerin zu tun.
Die Schulraumplanung (Auftraggeberin: Direktion Bildung und Sport) wurde in den Jahren 2010/11 bereits von der Firma Kontextplan bearbeitet; es machte daher Sinn, die Wiederaufarbeitung im Jahr 2017 in die gleichen Hände zu legen.
Das 2010/11 von Kontextplan bearbeitete Thema Parkleitsystem liegt heute in neuen Händen, ebenso das Thema Olten SüdWest. Die Begleitung der Stadtteilverbindung Hammer durch Kontextplan ist ebenso abgeschlossen wie die Verkehrsplanung Innenstadt.
2. Wie viel bezahlte die Stadt Olten in den letzten zehn Jahren (2008 bis 2018) insgesamt für Planungs- und Studienaufträge an externe Dienstleister? Und wie hoch war der Anteil von Kontextplan an dieser Gesamtsumme?
In den Jahren 2010 bis 2017 bezahlte die Stadt Olten via laufende Rechnung insgesamt rund 671'000 Franken für Planungs- und Studienaufträge an externe Dienstleister. Davon ging mit rund 368'000 Franken gut die Hälfte an die Firma Kontextplan.
Sämtliche in den Investitionskrediten enthaltene Kosten in Planungs- und Studienaufträge abzuschätzen, ist schwierig, da deren Anteil an den jeweiligen Gesamtkosten stark von der Art des Projektes und dem jeweiligen Projektstand abhängig ist und daher zwischen geschätzt 10% und 100% schwanken kann. Deshalb geht auch die Honorarordnung SIA beim Anteil für strategische Planung und Vorstudien – im Gegensatz beispielsweise zu den Bereichen Projektierung, Ausschreibung, Realisierung – nicht von einem fixen Prozentsatz aus, sondern spricht von «besonders zu vereinbarenden Leistungen».
Die Summe der Bruttoinvestitionen der Stadt Olten betrug in den Jahren 2010 bis 2017 rund 154,1 Mio. Franken; darin enthalten sind jedoch nicht nur Planungs- und Bauprojekte, sondern auch beispielsweise Investitionen in Beschaffungen. Bei ausschliesslichen Bauprojekten würde die Honorarsumme durchschnittlich rund 15% betragen, was im konkreten Fall rund 23,1 Mio. Franken bedeuten würde. Die gesamte Honorarsumme für die Firma Kontextplan in den Jahren 2010 bis 2017 betrug rund 1,46 Mio. Franken, wovon (abzüglich der oben erwähnten Aufträge via laufende Rechnung) 1,09 Mio. Franken über die Investitionsrechnung verrechnet wurden.
3. Stimmt die Behauptung von KOLT, dass die Aufträge an Kontextplan immer direkt vergeben wurden und werden, ohne öffentliche Ausschreibung?
Die Vergaben entsprachen und entsprechen jeweils dem geltenden Submissionsrecht. Dieses sieht im Übrigen auch Ausnahmen vor, unter denen auch oberhalb der festgelegten Grenzwerte freihändige Verfahren möglich sind (§15 des kantonalen Gesetzes über öffentliche Beschaffungen).
4. In der Stadtplanung und in der Verkehrsplanung bestehen zwischen bürgerlichen und linken Parteien besonders grosse sachliche Differenzen. Wichtige Führungskräfte von Kontextplan waren politisch aktiv. Wie stark beeinflusst die politische Haltung der Planerinnen und Planer die Ergebnisse ihrer Studien und Einschätzungen?
Bei Beratungsmandaten ist nicht die politische Gesinnung der Mandatsnehmer gefragt, sondern ihre fachliche Kompetenz. Der Stadtrat geht davon aus, dass die von ihm beauftragten Firmen und deren Exponenten fähig sind, diese Unterscheidung zu machen.
Beilage:
Zusammenstellung Honorarsummen Kontextplan Aufträge Olten 2010 bis 2017