Dass der Stadtplaner höchstpersönlich eingesteht, die Vision über das Quartier „Olten Süd-West“ müsse angepasst werden, man sei zu optimistisch an die Sache herangegangen, lässt aufhorchen!
Nach einem Jahr Buslinie 504 ist darum eine Standortbestimmung zwingend angebracht. Nur dies ermöglicht dem Parlament eine realitätsnahe zukünftige Einschätzung der Entwicklung des Quartiers Olten Süd-West und der damit generierenden nötigen Massnahmen.
Bitte für Schöngrund und Olten Süd-West jeweils immer getrennt ausweisen.
1. Frage
Mit welcher Auslastung der Linie 504 wurden damals prognostiziert?
2. Frage
Wie präsentiert sich die Linie 504 heute in absoluten Zahlen?
3. Frage
Wie präsentiert sich der Vergleich zu Budget und tatsächlichen Kosten heute? Weiss man, wo der Break-Even-Point der Linie 504 liegt?
4. Frage
Wie sehen die detaillierten Statistiken aus, welche Ziele die Fahrgäste wann bevorzugt anfahren?
5. Frage
Sollte die 2. Bauetappe realisiert werden, mit welchen Mehraufwendungen sind für die Linien 504 zu rechnen? Gibt es mehr Haltestellen in Olten Süd-West?
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Im Namen des Stadtrates beantwortet Stadtpräsident Martin Wey den Vorstoss wie folgt:
1. Grundsätzliches
Das Gemeindeparlament hat am 25. Juni 2015 einen zweijährigen Versuchsbetrieb für eine Buserschliessung Olten SüdWest mit jährlichen Kosten von rund 300‘000 Franken mit 36:1 Stimmen bei 5 Enthaltungen genehmigt. Die Buserschliessung ist Teil des Mobilitätskonzeptes, mit dem die in den Sonderbauvorschriften gesetzten Mobilitätsziele erreicht werden sollen. Im Mobilitätskonzept wird die Massnahme wie folgt beschrieben: „Eine neue Busachse durch das Quartier mit – im Endausbau – drei neuen Haltestellen (in der 1. Etappe nur bis zur Haltestelle am Baufeld 4) erschliesst Olten SüdWest optimal mit dem ÖV und bindet es an das Stadtzentrum an. Es soll mindestens ein 30-Minuten-Takt angeboten und ein Viertelstundentakt als langfristiges Ziel angestrebt werden. Attraktive Angebote im öffentlichen Verkehr fördern dessen Nutzung und tragen dazu bei, Autofahrten zu verlagern.“ Für die Umsetzung wurde festgelegt, dass zum Zeitpunkt des Bezuges im
Baufeld 4 eine Stadtbuslinie im 30-Minuten-Takt eingerichtet werde, so dass bereits den Bewohnern des Baufelds 4 eine Buserschliessung angeboten werde.
Die neue Stadtbus-Linie führt seit Dezember 2015 während der Hauptverkehrszeit (HVZ) im 20-Minuten-Takt vom Bahnhof via Innenstadt über die Mühlegasse und Schützenmatte ins Südwest-Quartier. In der Nebenverkehrszeit (NVZ) fährt der Bus alternierend einmal pro Stunde die Schlaufe Bahnhof Olten – Innenstadt – Schöngrund – Innenstadt – Bahnhof und zweimal auf der Hauptlinie ins Südwest-Quartier.
Die neue Linie ist Montag bis Samstag seit gut einem Jahr in Betrieb. Ein abschliessendes Urteil ist somit noch verfrüht; die Zahlen des ersten Jahres liegen indessen deutlich unter den Erwartungen: Transportiert wurden 58‘745 Fahrgäste (HVZ: 34‘542, NVZ: 24‘209); erwartet wurden rund 100‘000 Fahrgäste. Erfüllt werden die Erwartungen in der HVZ am Morgen und am Abend, wo wie erwartet ein grosser Teil der Pendlerinnen und Pendler das Busangebot nutzt und sich der Einsatz von Normalbussen bewährt. In der NVZ ist die ÖV-Nutzung jedoch – zurückzuführen vermutlich auf den spezifischen Bevölkerungsmix mit nur sehr wenigen Familien und darauf, dass sich eine Mehrzahl der Bewohnerinnen und Bewohner tagsüber auswärts aufhalten – deutlich unter den Erwartungen geblieben. Die eingesetzten Kleinbusse weisen entsprechend eine geringe Belegung auf. Nicht unerwartet ist auch die Nutzung der „Schöngrundschlaufe“ ungenügend. Aus zeitlichen Gründen kann auf einer 20-Minuten-Fahrt mit der Linie 504 aber kein grösseres Gebiet im Schöngrund erschlossen werden.
Die BOGG AG hat im vergangenen Jahr mit Marketingaktionen, einmal entlang der Linie 504 und zweimal in Olten SüdWest, auf das Busangebot aufmerksam gemacht, um Fahrgäste zu gewinnen. Sie hat angekündigt, auch im zweiten Betriebsjahr Anstrengungen zu unternehmen, um die Fahrgastzahlen zu verbessern. Die anvisierten 100‘000 Fahrgäste dürften aber mit dem aktuellen Wohnungs- und Arbeitsplatzmix nicht erreicht werden.
Um einen genügenden Kostendeckungsgrad zu erreichen, müsste das Angebot reduziert werden, etwa durch ein Angebot nur noch in der HVZ oder durch eine Taktverkürzung und damit Kostenreduktion. Im Rahmen des neuen Buskonzepts OGG, das derzeit bei den Gemeinden in Vernehmlassung ist, visiert der Stadtrat zusammen mit den kantonalen Behörden indessen eine neue Lösung ab, welche eine vorübergehende Erschliessung von Olten Südwest ohne Mehrkosten und ohne Kosten für die Stadt Olten ermöglicht: Die Linienführung der aus dem Gäu kommenden Linie 511 soll ab Fahrplanwechsel 2018 so geändert werden, dass der Bus über Kleinwangen – ERO – Olten SüdWest – Bahnhof Olten geführt wird und so auch für Olten SüdWest Fernverkehrsanschlüsse am Bahnhof sicherstellt. Diese Möglichkeit wird durch Änderungen der Buserschliessung im Gäu erreicht und stand im Jahr 2015, als das Angebot der Linie 504 diskutiert wurde, noch nicht zu Verfügung. Wermutstropfen bei der neuen Lösung: Die Verbindung nach Olten SüdWest würde vom 20-Minuten-Takt auf einen Halbstundentakt reduziert. Und für die ÖV-Erschliessung des Schöngrundquartiers würde kein Angebot mehr bestehen.
Spätestens wenn die nächste Etappe von Olten Südwest gebaut ist, muss die Buserschliessung jedoch neu überprüft werden. Die Lösung mit der Linie 511 dürfte dann von den Transportkapazitäten nicht mehr genügen und stellt deshalb lediglich eine (kostengünstige) Zwischenlösung dar.
2. Zu den einzelnen Fragen
1. Mit welcher Auslastung der Linie 504 wurden damals prognostiziert?
Das begleitende Planungsbüro 3B hatte auf Grund vergleichbarer Projekte die durchschnittlichen Fahrgastzahlen für Olten SüdWest pro Fahrt geschätzt. Es wurde angenommen, dass
o 750 Personen die Wohnungen der ersten Etappe bewohnen;
o davon 550 Personen erwerbstätig sind;
o 65% der Erwerbstätigen und 50% der nicht Erwerbstätigen für ihre Fahrten den PW benutzen.
o 15% der Erwerbs- und nicht Erwerbstätigen den ÖV benutzen;
o die restlichen Personen das Velo benutzen oder zu Fuss unterwegs sind;
o pro Kurs ab Olten SüdWest im Durchschnitt 4.1 Personen den ÖV benutzen, Da viele der 550 Erwerbstätigen pendeln, wurden Morgen- und Abend-Spitzen erwartet, welche die Kapazität eines Kleinbusses mit 14 Plätzen sprengen: In Spitzenzeiten wurden 20 bis 30 Personen ab Olten SüdWest erwartet; auch für diesen Fall galt es vorbereitet zu sein.
o Die BOGG AG erwartete aus dem Gebiet Schöngrund und zwischen Olten Bahnhof – Baslerstrasse und Schützenmatte insgesamt über alle Kurse eine zusätzliche Belegung von 3.4 Personen.
o Insgesamt über alle Kurse ging die BOGG AG von einer durchschnittlichen Belegung von 7.5 Personen aus.
Damit der Kanton sich nach einem Versuchsbetrieb an den Kosten beteiligt, ist ein minimaler Kostendeckungsgrad von 20% erforderlich. Mit der neuen Linie erreicht werden sollte aber ein Kostendeckungsgrad von 30%. Die BOGG AG ging davon aus, dass bis zum Ende des Versuchsbetriebs ein Kostendeckungsgrad von 30% knapp erreicht würde.
2. Wie präsentiert sich die Linie 504 heute in absoluten Zahlen?
In Richtung Bahnhof benutzten im ersten Betriebsjahr in den Hauptverkehrszeiten im Durchschnitt 4.6 Personen pro Fahrt die OSW-Linie, in Richtung OSW durchschnittlich 2.7 Personen. Pro Tag stiegen durchschnittlich 72 Personen in OSW ein und 81 Personen am Bahnhof aus, in umgekehrter Richtung 42 Personen am Bahnhof ein und 40 Personen in OSW aus.
In den Nebenverkehrszeiten lagen die Zahlen markant tiefer: In Richtung Bahnhof benutzten im ersten Betriebsjahr im Durchschnitt 2.1 Personen pro Fahrt die OSW-Linie, in Richtung OSW durchschnittlich 1.2 Personen. Pro Tag stiegen durchschnittlich 25 Personen in OSW ein und 26 Personen am Bahnhof aus, in umgekehrter Richtung 14 Personen am Bahnhof ein und 13 Personen in OSW aus.
Wie die Detailzahlen in der Beilage zeigen, wird die Linie nicht nur für die Verbindung OSW-Bahnhof genutzt, sondern auch für Fahrten in der Innenstadt, wo sie sich mit andern Linien überlagert.
3. Wie präsentiert sich der Vergleich zu Budget und tatsächlichen Kosten heute? Weiss man, wo der Break-Even-Point der Linie 504 liegt?
Ein Break-Even-Point, das heisst eine Kostendeckung von 100% ohne staatliche Subvention, ist in diesem Zusammenhang kein Thema. Massgebend ist wie erwähnt ein minimaler Kostendeckungsgrad von 20%, damit der Kanton sich nach einem Versuchsbetrieb an den Kosten beteiligt. Budgetiert wurden 30%. Aktuell liegt der Kostendeckungsgrad bei rund 15%.
4. Wie sehen die detaillierten Statistiken aus, welche Ziele die Fahrgäste wann bevorzugt anfahren?
Die detaillierten Zahlen können den Beilagen entnommen werden.
5. Sollte die 2. Bauetappe realisiert werden, mit welchen Mehraufwendungen sind für die Linien 504 zu rechnen? Gibt es mehr Haltestellen in Olten Süd-West?
Da eine 2. Bauetappe weder umfangmässig noch zeitlich konkretisiert ist, können zu dieser Frage noch keine Antworten gegeben werden. Wie aufgezeigt, wird derzeit eine kostenneutrale Lösung mit der Linie 511 ins Auge gefasst. Je nach Weiterentwicklung muss diese in einer späteren Phase wieder ersetzt werden, dürfte sich aber auch die Ausgangslage punkto potenzielle Busnutzerinnen und Busnutzer und damit auch punkto erreichbare Kostendeckung verändern.