«Meines Wissens existieren nur noch zwei Exemplare dieses », erklärt Peter Kaiser, Konservator des Historischen Museums Olten (HMO). «Einer gehört den SBB, der andere befand sich in Besitz des Eisenbahnsammlers Roman Fischer. Nun konnten wir von ihm dieses zweite Exemplar für die Eisenbahnerstadt Olten erwerben.»
Die kleine rote Rangierlokomotive integriert sich hervorragend in die Sammlung von wertvollen Objekten zur Eisenbahngeschichte, über die das HMO bereits verfügt. Den «Tintenfisch» muss man in der nächsten Zeit schonend konservieren und gegen Witterungseinflüsse schützen. «Wenn machbar, möchten wir ihn natürlich anschliessend an einem für die Allgemeinheit zugänglichen Ort platzieren», sagte Kaiser.
Der Kauf wurde getätigt aus dem normalen Anschaffungskredit, über den das Museum verfügt. Ermöglicht wurde die Neuerwerbung durch das Entgegenkommen des früheren Besitzers Roman Fischer. Es brauchte einen Schwertransport nach Olten mit der Hilfe der Transportfirma Dörfliger AG. Dank der tatkräftigen Mithilfe von SBB-Historic, Team 10439, SBB-Immobilien und Lokomotivführern des Industriewerks Olten konnte das Fahrzeug in Olten vorläufig sicher abgestellt werden.
Das Historische Museum Olten setzt sich für die Erhaltung wertvoller Kulturgüter aus der Region ein. Sonderausstellungen, wie jene zur Eisenbahngeschichte oder die soeben abgeschlossene zur Usego, ergeben immer gute Gelegenheiten, die Sammlung des Museums auszubauen und seltene Zeugen zur Vergangenheit Oltens oder gar des ganzen Kantons zu erhalten.
Zum Verschieben von Bahnwagen
Ursprünglich waren die «Tintenfische» konstruiert worden, um in der Hauptwerkstätte Olten die zu revidierenden Eisenbahnwagen zu verschieben. Damit sie auf den Drehscheiben eingesetzt werden konnten, durften diese Rangierloks nur 3,3 Meter kurz sein. Nicht in Frage kamen für die Verwendung in den Hallen die damals üblichen Dampfloks - vor dem 1. Weltkrieg waren noch nicht einmal 10 Prozent der Eisenbahnlinien elektrifiziert. Deshalb wurden nach 1909 Akkumulatoren-Lokomotiven gebaut. Eine Spezialität und Rarität zugleich ist die vom Oltner Elektrotechniker Hermann Kull entwickelte elektromagnetische Kupplung. Hier dienen die Puffer als überdimensionierte Magnete, mit denen die Wagen in den Werkhallen verschoben werden können, ohne dass sie ein Arbeiter mühevoll an die Lok ankuppeln muss. Diese elektromagnetischen Puffer sahen aus wie grosse Krakenaugen und sorgten dafür, dass dieses Spezialfahrzeug im Volksmund den Namen «Tintenfisch» erhielt. Traktoren von einem Nachfolgemodell leisten noch heute wertvolle Dienste im Betrieb des Industriewerks.
Gut möglich, dass Olten mit dieser Rarität bald über ein neues Wahrzeichen verfügt, vielleicht im Areal der ehemaligen Hauptwerkstätte beim Bahnhof, das einer neuen Nutzung zugeführt wird.