Am 22. November 2015 haben Rudolf Moor (SP/Junge SP) und Mitunterzeichnende folgenden Vorstoss zuhanden des Gemeindeparlaments eingereicht:
„1. Ausgangslage
Der Kredit für das Projekt Andaare wird vor über 3 Jahren von der Oltner Bevölkerung angenommen. Dabei wurde die teurere der beiden Varianten bevorzugt. Kurze Zeit nach der Annahme zeiget sich ab, dass sich die finanzielle Situation der Stadt massiv verschlechtern würde. In der Folge hat der Stadtrat nachvollziehbar die Planung des Projektes zurückgestellt. Anschliessend war von einer stark redimensionierten Variante die Rede, die eventuell dem Volk erneut vorgelegt werden sollte. Im aktuellen Finanz- und Investitionsplan ist ersichtlich, dass Elemente im Projekt 6150.5010.001, neuer Bahnhofplatz, enthalten sind. Die Realisierung ist allerdings erst nach 2020 geplant.
Der Stadtrat hat wohl zurecht wiederholt argumentiert, dass ein bewilligter Kredit keinen Zwang zur Umsetzung des Projektes enthalte. Die politische Sicht, dass die Bevölkerung erwarten darf, dass Entscheide einer Volksabstimmung nicht einfach umgeworfen werden dürfen, wird damit aber ausgeblendet. Diese Problematik wurde kürzlich auch im Oltner Tagblatt aufgegriffen.
Um die Glaubwürdigkeit der städtischen Politik nicht zu gefährden, muss transparent aufgezeigt werden, wie der Volkswille möglichst gut respektiert wird und wie veränderte Randbedingungen berücksichtigt werden. Problematisch scheint, wenn die Behörden glauben zu wissen, wie das Stimmvolk unter veränderten Randbedingungen abstimmen würde.
Am Parlamentariertreffen der Aareland-Städte wurden von den Partnerstädten Zweifel an der rechtzeitigen Bereitschaft der Stadt Olten für das 2. Agglomerationsprogramm angemeldet. Ein Verspätung der Stadt Olten könnte auch negative Auswirkungen auf die Aareland-Partnergemeinden und die Stadt Olten selbst haben.
2. Fragen an den Stadtrat
2.1. Welche Zusammenhänge bestehen zwischen einzelnen Elementen von Andaare und dem über die 2. Generation der Agglomerationsprojekte mitfinanzierten Teil der Neugestaltung des Bahnhofplatzes?
2.2. Welche Elemente von Andaare sollen in das Projekt „Neugestaltung Bahnhofplatz“ integriert werden?
2.3. Es gibt unterschiedliche Aussagen zur Möglichkeit dem Stimmvolk einen Entscheid vorzulegen, der eine – mehr oder weniger verbindliche – Verknüpfung zwischen der Umsetzung von Elementen von Andaare und einer höheren Steuerbelastung enthält.
2.4. Wie beurteilt der Stadtrat eine solche Volksbefragung, um die Vorhaben unter veränderten Rahmenbedingungen effektiv im Sinne des Stimmvolkes umzusetzen?
2.5. Wie gross beurteilt der Stadtrat das Risiko, dass die Planung und die Finanzierung des Bahnhofplatzes zu spät kommen, um die Bundesgelder nutzen zu können?
2.6. Wie robust ist die im Finanz- und Investitionsplan aufgeführte Terminplanung, um die rechtzeitige Bereitschaft für das 2. Agglomerationsprogramm sicherzustellen?
2.7. Welche Chancen und Risiken hätte eine vorzeitige Umsetzung von Teilen von Andaare auf die Bundesgelder des 2. Agglomerationsprogrammes für den Bahnhofplatz?
2.8. Welche Auswirkungen hätte eine vorzeitige Umsetzung von Teilen von Andaare auif die gesamte für den Bahnhofplatz von der Stadt Olten zu erwartende Investitionssumme.
2.9. Wie und wann gedenkt der Stadtrat die Bevölkerung über die Planung und die Zusammenhänge zu informieren?“
*****
Stadtpräsident Martin Wey beantwortet den Vorstoss im Namen des Stadtrates wie folgt:
Schon bald nach der Volksabstimmung über das Projekt Andaare zeigte sich, dass angesichts der stark verschlechterten Finanzlage eine Umsetzung des Projektes telquel nicht verantwortbar war. Nachdem ein Kreditbeschluss generell eine Ermächtigung, nicht aber eine Verpflichtung für die ausführende Behörde darstellt, beschloss der Stadtrat, seine Verantwortung wahrzunehmen, und erwog in einer ersten Phase eine Redimensionierung, entschied dann aber aufgrund der immer enger werdenden finanziellen Möglichkeiten, das Projekt zu sistieren, bzw. suchte Möglichkeiten, Teile des Projektes im Rahmen anderer Vorhaben, insbesondere des Projektes Neuer Bahnhofplatz, zu realisieren.
Im Bericht und Antrag des Stadtrates zum Vorschlag („Volksmotion“) „ANDAARE JETZT!“, vom Gemeindeparlament am 4. Dezember 2014 mit 45:1 Stimmen bei 2 Enthaltungen überwiesen und abgeschrieben, und aktuell wieder an seiner Jahresmedienkonferenz vom 11. Januar 2016 zeigte der Stadtrat auf, dass im Rahmen des Projekts Neuer Bahnhofplatzwesentliche Elemente der Attraktivierung des Aareraums aufgenommen werden. Integriert wurde beispielsweise der neue Aaresteg mit den nötigen Anschlüssen an die Bahnhofterasse, Martin-Disteli-Unterführung und neue Velostation. Die geplante Brücke wird dem entsprechend mit 5,5 anstelle 4,0 m Breite auch für den Veloverkehr ausgelegt (Regime analog Alte Brücke). Im Projekt Bahnhofplatz sind neue Zugänge und Bezüge zur Aare enthalten, namentlich die Verlängerung der Hardegg-Unterführung und Uferaufwertung nördlich der Bahnhofbrücke mit Aufenthaltsqualität am Wasser. Die erste Etappe der urbanen Uferentwicklung wird aus aktuellem Anlass und aus triftigen Gründen quasi in den Perimeter Neuer Bahnhofplatz gelegt. Das Projekt wird aufwärtskompatibel ausgelegt. Die spätere Weiterführung im Bereich Ländiweg und die Durchbindung der Uferbereiche für den langsamen Veloverkehr soll zwingend sichergestellt werden. Das Betriebs- und Gestaltungskonzept für das Projekt Neuer Bahnhofplatz ist aber noch in Arbeit. Das Gesamtprojekt ist für die Umsetzung ab 2022 vorgesehen. Sämtliche Projektelemente (mit Ausnahme der Parkierungsanlage) sind im Agglomerationsprogramm 2. Generation als A-Massnahme mit enthalten. Es besteht eine enge Partnerschaft mit SBB und Kanton. Die Anlageteile können schon aus Kostengründen nicht einzeln realisiert werden. Denkbar ist, dass der neue Aaresteg und die Velostation in einer ersten Bauphase realisiert werden (als entlastende Elemente für die folgenden Hauptbauphasen unter Betrieb). Die Bauabläufe sind allerdings Gegenstand der später folgenden Ausführungsplanung.
In engem Zusammenhang mit der Umgestaltung Aarburgerstrasse/Bahnhofquai (Projektbestandteil der flankierenden Massnahmen ERO, Realisation ab 2017) und dem Projekt Neuer Bahnhofplatz soll weiter die seit langem anstehende Sanierung der Stützkonstruktion zwischen dem Ländiweg und dem Bahnhofquai realisiert werden. Dabei handelt es sich um den Ersatz oder die Verstärkung der oberen Winkelstützmauer; weitergehende Massnahmen aus dem Projekt Andaare können in diesem Zusammenhang von Seiten der Stadt auf ihre Machbarkeit und ihre Finanzierbarkeit hin geprüft werden.
Zu den einzelnen Fragen:
1. Welche Zusammenhänge bestehen zwischen einzelnen Elementen von Andaare und dem über die 2. Generation der Agglomerationsprojekte mitfinanzierten Teil der Neugestaltung des Bahnhofplatzes?
Im Projekt Neuer Bahnhofplatz im Agglomerationsprogramm der 2. Generation waren die Andaare-Bausteine Aaresteg, Bahnhofterrasse, Anschluss Martin-Disteli-Unterführung und Verlängerung Hardegg-Unterführung aus funktionalen Gründen von Anfang her integriert. Die jeweiligen Bundesbeiträge sind dementsprechend gesichert. Im Zuge der Projektentwicklung gewährt der Bund beschränkte Spielräume für Projektanpassungen (bspw. breiterer Aaresteg). Wichtig ist die Gewährleistung der geplanten und vom Bund bewilligten Funktionalitäten und Zielerreichungen. Das Total der bewilligten Beiträge kann aber nicht erhöht werden.
2. Welche Elemente von Andaare sollen in das Projekt „Neugestaltung Bahnhofplatz“ integriert werden?
Wie der Beantwortung zum Vorschlag („Volksmotion“) „ANDAARE JETZT!“ und der aktuellen Medienmitteilung zu entnehmen war, geht es im Wesentlichen um die Elemente neue Aarequerung, Neugestaltung Bahnhofterrasse und Anschluss Martin-Disteli-Unterführung. Die Verlängerung der PU Hardegg zur Aare war ebenfalls im Ursprungsprojekt Andaare enthalten, allerdings nicht im Kreditbeschluss.
3. Es gibt unterschiedliche Aussagen zur Möglichkeit dem Stimmvolk einen Entscheid vorzulegen, der eine – mehr oder weniger verbindliche – Verknüpfung zwischen der Umsetzung von Elementen von Andaare und einer höheren Steuerbelastung enthält. Wie beurteilt der Stadtrat eine solche Volksbefragung, um die Vorhaben unter veränderten Rahmenbedingungen effektiv im Sinne des Stimmvolkes umzusetzen?
§ 144 des Gemeindesgesetzes legt fest, dass der Steuerfuss jährlich im Budget festzulegen und so zu bemessen ist, dass der voraussichtliche Steuerertrag mit dem übrigen Ertrag mittelfristig den Aufwand der laufenden Rechnung einschliesslich der notwendigen Abschreibungen finanziert. Eine zweckgebundene Abgabe im Sinne einer Sondersteuer ist somit nicht vorgesehen. Wie erwähnt haben sich zudem im Zuge der Weiterbearbeitung des Projektes Neuer Bahnhofplatz neue Erkenntnisse ergeben, die heute sowohl gegen eine Umsetzung des Andaare-Projektes telquel wie auch gegen das Vorziehen einzelner Teile, die sich im Nachhinein als nicht genügend koordiniert mit dem noch in Planung befindlichen Bahnhofplatzprojekt erweisen könnten, sprechen.
4. Wie gross beurteilt der Stadtrat das Risiko, dass die Planung und die Finanzierung des Bahnhofplatzes zu spät kommen, um die Bundesgelder nutzen zu können?
Die aktuelle Planung des Neuen Bahnhofplatzes ist mit den Vorgaben des 2. Agglomerationsprogramms abgestimmt. Das Agglomerationsprogramm läuft bis im Jahr 2027. Wichtiger als die Fristen ist aus Bundessicht die Zielerreichung durch Umsetzung des Gesamtprojekts mit durchgängigen Funktionalitäten für die Siedlungsentwicklung und den Agglomerationsverkehr. Grosse Chancen und mithin zeitliche Abhängigkeiten liegen in der Bauherrengemeinschaft und gemeinsamen Projektentwicklung mit Kanton und SBB.
5. Wie robust ist die im Finanz- und Investitionsplan aufgeführte Terminplanung, um die rechtzeitige Bereitschaft für das 2. Agglomerationsprogramm sicherzustellen?
Siehe Antwort auf Frage 4.
6. Welche Chancen und Risiken hätte eine vorzeitige Umsetzung von Teilen von Andaare auf die Bundesgelder des 2. Agglomerationsprogrammes für den Bahnhofplatz?
Die Andaare-Teile werden vom Bund und möglicherweise vom Kanton mitfinanziert. Die nötigen Planungsabläufe erlauben keine wesentliche Vorwegnahme einzelner Teile. Vorgesehen ist zudem die partnerschaftliche Umsetzung des Gesamtprojekts (inkl. separate Anlageteile der SBB ausserhalb Agglomerationsprogramm). Die Herausnahme einzelner Teile würde zu Mehrkosten führen und wäre obendrein mit finanziellen Risiken belastet, zumindest in Form einer Vorfinanzierung, eventuell sogar als Eigenleistungen der Stadt. Es macht darum aus Sicht des Stadtrates keinen Sinn, Teile von Andaare vorzuziehen.
7. Welche Auswirkungen hätte eine vorzeitige Umsetzung von Teilen von Andaare auif die gesamte für den Bahnhofplatz von der Stadt Olten zu erwartende Investitionssumme.
Siehe Antwort auf Frage 6. Zudem sieht die Investitionsplanung des Stadtrates derzeit keine vorzeitigen Umsetzungen von Andaare vor.
8. Wie und wann gedenkt der Stadtrat die Bevölkerung über die Planung und die Zusammenhänge zu informieren?
Der Stadtrat hat wiederholt im Rahmen seiner Sparbemühungen und entsprechender Überarbeitung der Investitionspläne über sein Umdisponieren betreffend Andaare informiert, so auch im Rahmen des Finanz- und Investitionsplans 2016-2022 im vergangenen Herbst. Konkretere Informationen konnte er nun – wie seit längerer Zeit geplant – an seiner Jahresmedienkonferenz vom 11. Januar 2016 erteilen. Über den Stand des Projekts Bahnhofplatz wird der Stadtrat nach Vorliegen des Betriebs- und Gestaltungskonzeptes voraussichtlich noch im laufenden Jahr informieren.